Paypal straft Händler ab: Ab dem 30.04.2021 droht bei Käuferschutzfällen eine Konfliktgebühr
Der Zahlungsanbieter Paypal erfreut sich bei Käufern einer sehr hohen Beliebtheit. Daher ist dessen Nutzung auch für die Onlinehändler quasi unvermeidbar. Eine angekündigte AGB-Änderung seitens Paypal schafft zum 30.04.2021 jedoch eine gravierende nachteilige Folge für die Händler. Lesen Sie mehr in unserem Beitrag.
Worum geht es?
Nahezu jeder Händler im Ecommerce setzt Paypal als Paymentanbieter ein. Bei Onlineshoppern erfreut sich Paypal nicht zuletzt aufgrund des beinhalteten Käuferschutzes einer sehr hohen Beliebtheit.
Liefert der Händler die Ware nicht oder zu spät bzw. ist die Ware mangelhaft, hat der Käufer die Möglichkeit, bei Paypal einen Konfliktfall zu eröffnen. Paypal gibt sich dann als „neutraler“ Mittler und fordert den Verkäufer zu Stellungnahme auf. Käufer und Verkäufer können über das System von Paypal miteinander kommunizieren, um eine einvernehmliche Lösung herbeizuführen.
Gelingt dies nicht, entscheidet Paypal, ob der Fall zugunsten des Käufers oder zugunsten des Händlers ausgeht. Dabei bedient Paypal sich der von beiden Seiten zur Verfügung gestellten Informationen.
Verliert der Händler den Fall, verliert er auch sein Geld. Paypal erstattet an den Käufer und bedient sich beim Händler.
In der Praxis teilen Händler häufig mit, dass solche Fälle gerne zugunsten der Käufer entschieden werden. Gewinnt der Kunde, erstattet Paypal diesem den via Paypal bezahlten Kaufpreis zzgl. Angefallener Versandkosten. Paypal hält sich dann beim Händer schadlos und zapft vorhandenes Guthaben an bzw. behält dieses ein.
Wenngleich die Entscheidung Paypals rechtlich nicht bindend für den Verkäufer ist, er sich bei unberechtigtem Vorgehen des Käufer den Kaufpreis also ggf. gerichtlich wieder erstreiten könnte:
Aufgrund der Abhängigkeit der Händler von Paypal gehen viele eigentlich unberechtigte Käuferschutzfälle zugunsten der Käufer aus, ohne dass Händler sich wehren.
Dies ist ärgerlich für die Händlerschaft. Künftig wird die Sache aber noch wesentlich teurer für Händler.
Angekündigte Anpassung der AGB durch Paypal – Konfliktgebühr kommt!
Ende Februar 2021 kündigte Paypal per Email eine Anpassung der Paypal-AGB mit Wirkung zum 30.04.2021 an.
Soweit nichts Ungewöhnliches, da dies regelmäßig der Fall ist.
Doch bei genauer Betrachtung der angekündigten Änderungen fällt ein Punkt auf, mit dem Händler künftig regelmäßig konfrontiert werden dürften: Paypal führt eine sogenannte „Konfliktgebühr“ ein.
Diese Gebühr soll immer dann fällig werden, wenn ein Käufer einen Käuferschutzfalle eröffnet, in dessen Verlauf sich Käufer und Verkäufer nicht einigen können und der dann zugunsten des Käufers entschieden wird. Also vermutlich in sehr vielen Fällen.
Zu zahlen ist diese Gebühr dann vom Verkäufer. Und zwar immer und immer wieder, eben wenn ein solcher Käuferschutzfall zu seinen Ungunsten von Paypal entschieden wird.
Um welchen Betrag geht es denn?
Eine Unternehmenssprecherin von Paypal äußerte sich dahingehend, dass die künftige Konfliktgebühr 14 Euro betragen werde.
Allem Anschein nach handelt es sich um eine fixe Gebühr und nicht etwa um eine nach dem „Streitwert“ berechnete Gebühr.
So wäre es wirtschaftlich betrachtet natürlich Wahnsinn, wenn der Kunde mit dem Händler über eine Ware mit einem deutlich geringeren Wert streitet. Kostet die Ware z.B. 4,99 Euro und der Händler vermutet ein betrügerisches Vorgehen des Kunden (z.B. weil der behauptet, die Ware nicht erhalten zu haben), liegt der Schaden des Händlers bei negativer Entscheidung durch Paypal alleine durch die neue Gebühr fast dreimal höher.
Gerade auf größere Unternehmen dürften hier erhebliche Mehrkosten zukommen, erfolgt dann für jeden verlorenen Käuferschutzfall eine zusätzliche Belastung von 14 Euro.
Warum führt Paypal die Konfliktgebühr ein?
Auf seinem Presse-Blog führt Paypal dazu aus:
„PayPal ändert seine Nutzungsbedingungen für Händler, um Anreize für ein verantwortungsvolles Händlerverhalten zu schaffen, Reklamationen zu reduzieren und schlechte Erfahrungen von Käufern zu vermeiden. Leider verlassen sich einige Händler bei der Lösung von Konflikten auf PayPal, statt direkt mit ihren Kunden zu kommunizieren, um eine gemeinsame und schnelle Lösung zu finden. Für eine höhere Kundenzufriedenheit und effizientere Lösungen von Konfliktfällen führt PayPal daher die Konfliktgebühr ein. (…)
PayPal bietet seinen Kunden mit dem PayPal-Käuferschutz und -Verkäuferschutz eine neutrale Instanz, die bei Konflikten zwischen Käufer und Verkäufer vermittelt. Erhält ein Kunde die bestellte Ware nicht oder weicht diese erheblich von der Beschreibung ab, so ist üblicherweise der Verkäufer sein erster Ansprechpartner. In den meisten Fällen gelangen Käufer und Verkäufer auf diesem Weg gemeinsam zu einer Lösung.
Kommen Käufer und Verkäufer hingegen nicht überein, dann hat der Käufer die Möglichkeit, PayPal das Problem zu melden. Die Konfliktgebühr kann erst fällig werden, wenn der Käufer einen Käuferschutzantrag direkt bei PayPal stellt. Meldet ein Käufer innerhalb der vorgeschriebenen 180 Tage einen Konflikt bei PayPal, ist dies noch kein Antrag auf Käuferschutz. Zunächst haben beide Parteien, also Käufer und Verkäufer, 20 Tage Zeit, um gemeinsam zu einer Lösung zu gelangen. Kann keine einvernehmliche Lösung herbeigeführt werden, haben beide Parteien die Möglichkeit, den Fall zu einem Antrag auf Käufer- bzw. Verkäuferschutz zu eskalieren. Erst mit dieser aktiven Eskalation an PayPal kann die Konfliktgebühr fällig werden. Einigen sich beide Seiten vor der Eskalation zu einem Käuferschutzantrag auf eine Lösung, wird keine Gebühr berechnet.Wird der Fall an PayPal eskaliert, fordert PayPal den Verkäufer auf, nochmals zu den Aussagen des Käufers Stellung zu nehmen, beziehungsweise eine nachvollziehbare Sendungsnummer zur Verfügung zu stellen. Dies hängt davon ab, ob ein Käuferschutzantrag wegen erheblich von der Beschreibung abweichender Ware oder wegen nicht erhaltener Ware gestellt wurde. Der Verkäufer hat dann 10 Tage Zeit, die geforderten Informationen zur Verfügung zu stellen. Reicht der Verkäufer die angefragten Informationen fristgerecht ein, prüft PayPal den Fall und die verfügbaren Unterlagen. Gegebenenfalls werden daraufhin weitere Dokumente beziehungsweise Informationen angefordert und erneut geprüft. Erst wenn alle erforderlichen Details vorhanden sind, kann eine Entscheidung getroffen werden. Wird diese zugunsten des Händlers getroffen, so wird keine Konfliktgebühr fällig.“
Wenngleich Paypal hier an ein „verantwortungsvolles Händlerverhalten“ appelliert, wirkt die Einführung der neue Konfliktgebühr eher als Instrumentarium, um für Paypal lästige Streitereien zwischen Käufer und Verkäufer künftig vermehrt auf dem Rücken des Händlers austragen zu lassen.
Denn erfahrene Paypal-Käufer wissen, dass Paypal im Streitfall in aller Regel ihnen zur Seite springt. Auch den Händlern ist diese Tendenz bekannt, so dass diese es sich künftig zweimal überlegen werden, einen Streitfall durch Paypal entscheiden zu lassen, wenn hinterher noch 14 Euro Konfliktgebühr „on top“ kommen.
Dies gilt umso mehr, wenn es sich um kleinpreisige Artikel handelt. Es wäre wirtschaftlich betrachtet Wahnsinn, sich als Händler bei einem beispielsweise für 5 Euro verkauften Artikel letztlich auf eine Ausgabe von (zusätzlich) 14 Euro einzulassen.
Fazit
Paypal wird sich mit dieser neuen Praxis bei vielen Händlern unbeliebt machen.
Die Begründung scheint vorgeschoben. Anscheinend wächst Paypal der Aufwand für die Käuferschutzfälle über den Kopf. Bereits bislang ist Paypal bekannt dafür, recht käuferfreundlich zu entscheiden, geht es um Streitigkeiten zwischen Käufer und Verkäufer.
Die Konfliktgebühr erscheint in diesem Zusammenhang wie eine Warnung an die Händler: Wenn künftig zugunsten des Käufers entschieden wird, verliert der Händler nicht nur das bisher geflossene Geld, sondern zahlt auch oben drauf auch noch 14 Euro Strafe.
Auch erscheint die pauschal mit 14 Euro bemessene Gebühr nicht in allen Fällen sachgerecht. Etwa wenn der Kaufpreis, um den gestritten wird, (deutlich) unter diesem Betrag liegen sollte, bildet sich ein großes Fragezeichen.
Nach derzeitigem Stand muss der Verkäufer auch 14 Euro berappen, wenn der Wert der Ware, über die Streit besteht, weit darunter liegt. Dies dürfte über kurz oder lange bei diesem Sortiment zu einem rechtsfreien Raum führen, erfolgt die Zahlung via Paypal und will der Käufer den Händler abzocken. Kein Händler wird sich bei der Gefahr, zusätzlich 14 Euro zu verlieren noch auf eine Entscheidung des Streits durch Paypal einlassen.
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12 Kommentare
wir haben leider regelmäßig Kunden, die unberechtigt Fälle eröffnen, z.B. durch eine Kreditkartenrückbuchung, weil der Kunde sich nicht mehr an den Kauf erinnert oder aus Ungeduld bei der Retourenabwicklung.
Könnte man die Konfliktgebühr an den Kunden weiterberechnen? Was müsste dazu in den AGB ergänzt werden?
Vielen Dank für Ihre Rückmeldung.
Ware im August bestellt, kurze Mail vom Händler über Lieferdatum KW 51/52 erhalten. Preis 1229€. Im November bei Händler nachgehört, doch nie eine Rückantwort erhalten. Daraufhin Fall bei Paypal eröffnet, 22Tage keine Reaktion des Händlers, dann Geldrückgabe. Im Dezember kommt Händler mit Ware, fordert Geld ein und droht mit rechtlichen Schritten. Käufer hat sich seit November längst um andere Ware gekümmert. Wer behält denn in diesem Falle Recht? Muss Käufer Ware trotz Geldrückzahlung nehmen? Freundliche Grüße Natalie
https://www.paypal.com/at/smarthelp/article/wie-kann-der-verk%C3%A4ufer-im-falle-der-standard-konfliktgeb%C3%BChr-vermeiden,-dass-ihm-die-geb%C3%BChr-f%C3%BCr-einen-konflikt-in-rechnung-gestellt-wird-faq4382
Zitat:
Verkäufern wird keine Standard-Konfliktgebühr für Konflikte berechnet, die:
(Punkt 6): Käuferschutzanträge mit einem Transaktionswert sind, der weniger als doppelt so hoch ist wie die Standard-Konfliktgebühr
Weniger als < dopppelt so hoch - wie 14 Euro...
Transaktionen unter 28 Euro haben keine Standard-Konfliktgebühr zu fürchten.
Oder verstehe ich es falsch?
Paypal wäre damit halbwegs fair, ich hatte einen Kreditkarten-Rückbuchungs-Fall und weiß daher, dass die Banken SOFORT dem Händler die Chargeback-Gebühr von 12-36 Euro verrechen, die sogar bie einem GEWONNENEN Fall(!) nicht erstattet wird. So sind Banken.
Wer es als Händler danach noch weiter eskalieren lässt ist meiner Meinung nach selber schuld! Viele Käufer gehen nicht mehr den direkten Weg (meine Erfahrung), sondern eröffnen direkt Fälle. Da fängt es schon an. Den direkten Kontakt sucht selten jemand.
"Druck" im Marktgeschehen lässt sich sehr viel leichter mit der "großen Herde" gegenüber der Händlerschaft aufbauen als andersherum. Consumer lassen sich relativ leicht einfangen. Es reicht der kleinste Lolli und sie folgen erfahrungsgemäß gerne. Händler weniger leicht. Dass es scheinbar auffällig häufig zu pro-Käuferentscheidungen kommt, liegt entweder daran, das alle Händler Lumpen sind oder eben daran, dass PayPal der strategisch wichtigeren Zielgruppe der Käufer halt so gut es geht Zucken in die üblichen Körperöffnungen bläst - wie man so sagt. Ich tippe drauf, dass Letzteres zutrifft. Würde PayPal anders handeln, könnten Käufer den Spaß an PayPal verlieren, dann würde Paypal ein starkes Machtinstrument gegenüber den Händlern verlieren. Wenn allein sich "Gefühl" breit macht, dass PayPal eher zu Gunsten der Käufer entscheidet, ist allein das schon eine signifikante, weitere Steigerung des "Lolli-Effektes" in Richtung der Käöufer. Umgekehrt ist die "Gefahr-durch-Enttäuschung" geringer. Händler werden die PayPal-Praktiken bis zur höchsten Schmerzgrenze schlucken", weil PayPal käuferseitig halt sehr mächtig verankert ist. Ohne ernstzunehmende Konkurrenz ist und bleibt PayPal Chef im Ring. .
Als Händler ist man bei PayPal der Gearschte, jeder Händler weiss das wenn er ein PayPal-Konto eröffnet und das wird sich auch nicht mehr ändern. Höchstens ein Dachverband könnte PayPal in dieser Sache verklagen... für was auch immer.
Die einzige Lösung für Händler mir hoher Beschwerde-Quote scheint mir zu sein PayPal-Zahlungen nur ab einem bestimmten Betrag zu erlauben... und selbst das scheint mir nur schwer den Kunden vermittelbar. Und was die Alternative angeht... natürlich gibt es andere ähnliche Zahlungsanbieter... nur nutzt die kaum ein Kunde sondern fristen allesamt ein Nischendasein. PayPal komplett ohne Einbussen zu ersetzen ist schlicht nicht möglich.
Es ist wohl davon auszugehen, dass Paypal das Zugriffrecht auf das Konto des Händlers weiterhin schamlos ausnutzen und die Selbstbedienungsmentalität ausufern wird.
können sie denn eine gute Alternative zu dem Dienstleister Paypal empfehlen?