Was, wenn Käufer nach Monaten behauptet, Ware sei nicht angekommen?
Es ist hinreichend bekannt, dass im E-Commerce der Unternehmer das alleinige Transportrisiko trägt, verkauft und versendet er eine bewegliche Ware an einen Verbraucher. Um dieses Risiko zu minimieren, bedienen sich viele Händler eines Versandes mit Zustellnachweis. Doch was ist eigentlich, wenn der Käufer erst nach langer Zeit eine fehlende Ware reklamiert?
Worum geht es?
Online-Händler kennen das Problem: Geht die von einem Verbraucher gekaufte Ware auf dem Versandweg verloren oder wird diese beschädigt, ist das allein Sache des Händlers.
Das Gesetz regelt eindeutig und zwingend, dass es der Händler ist, der das alleinige Transportrisiko zu tragen hat. Geht die Ware also auf dem Transportweg zum Verbraucher verloren, so verliert der Händler seinen Anspruch auf Kaufpreiszahlung. Wird die Ware dabei beschädigt, liegt zumindest eine Schlechtleistung vor und dem Verbraucher stehen Mängelrechte offen, was etwa zur Nachlieferung einer mangelfreien Ware oder Minderung des Kaufpreises führen kann.
Während die Verluste bei etablierten Frachtführern überschaubar sind und Beschädigungen meist durch ausreichende Verpackungen vorgebeugt werden kann, sorgt in der Praxis ein anderes Phänomen für Ärger:
Es soll nicht wenige Kunden geben, die wahrheitswidrig behaupten, sie hätten die gekaufte Ware nie erhalten. Mehrere Händler berichteten uns bereits, dass sie immer wieder große Probleme mit entsprechenden „Kunden“ haben, die einen Nichterhalt der Ware behaupten, wohl um „für lau“ an die Ware zu gelangen.
Schon alleine deswegen setzen die meisten Händler – zumindest ab bestimmten Wertschwellen – auf einen Versand mit Einlieferungs- und Zustellnachweis.
Damit kann im Streitfall in aller Regel nachgewiesen werden, dass die Ware auf den Weg gebracht und zugestellt worden ist. In der Regel ist dies bereits alleine durch Kenntnis der Sendungsnummer und des genutzten Frachtführers möglich, indem die von den Frachtführern betriebenen Online-Sendungsauskunftsdienste benutzt werden.
Kann der Verkäufer im Streitfall dagegen nicht nachweisen, dass die gekaufte Ware an den Verbraucher übergeben worden ist, läuft er Gefahr, nachträglich den bereits geleisteten Kaufpreis zu verlieren.
Was ist, wenn der Käufer erst nach vielen Monaten fehlende Ware reklamiert?
Zunächst ist festzustellen, dass im B2C-Bereich keinerlei Pflicht des Käufers besteht, eine nicht erhaltene oder beschädigt geliefert Ware (zeitnah) beim Händler zu reklamieren.
Geht es um die kaufvertraglich geschuldete Übergabe und Übereignung der gekauften Ware als solche, greift die regelmäßige Verjährungsfrist von 3 Jahren, gerechnet ab dem Schluss des Jahres, in welchem der Anspruch des Käufers entstanden ist.
Geht es um die Pflicht zur mangelfreien Übereignung einer (unbeschädigten) Ware, beträgt die Verjährungsfrist regelmäßig 2 Jahre ab Übergabe der Ware.
Mit anderen Worten: Der Verbraucher kann sich bei Nichtlieferung also mindestens drei, bei Lieferung beschädigter Ware zwei Jahre Zeit lassen, seine Ansprüche gegenüber dem Verkäufer durchzusetzen.
Ein großes Problem in der Praxis ist dabei, dass die normalen Nachverfolgungsmethoden in aller Regel nur zeitlich begrenzt verfügbar sind. Die Abfrage des Sendungsstatus ist oftmals nur in einem Zeitraum von maximal 3 bis 6 Monaten nach Aufgabe der Sendung möglich. So werden etwa bei DHL zumindest zum Teil die Sendungsnummern „recycelt“, d.h. nach einer gewissen Zeitspanne erneut, für andere Sendungen vergeben.
Die Folge ist eine gewisse Zwickmühle für die Händler.
Der Kunde ist völlig im Recht, meldet er sich etwa 15 Monate nach Abschluss des Kaufvertrags und teilt mit, keine Ware erhalten zu haben. Kommt es darüber zum Streit, muss der Händler nachweisen, dass die Ware den Käufer erreicht hat. In der der Praxis kann er dies dann oft nicht (mehr), da die üblichen Sendungsverfolgungstools in vielen Fällen nach so langer Zeit keine Verfolgung der Sendung mehr zulassen.
Dieser ungünstige praktische Umstand ist aber leider keine rechtliche Entlastung für den Händler. Verlangt der Käufer in einem solchen Fall die Erfüllung des Vertrags und tritt er bei Weigerung des Händlers vom Kaufvertrag zurück, wird er in der Konsequenz den Kaufpreis und die Versandkosten zurückverlangen. Erfolgt die Rückzahlung nicht freiwillig, wird der Käufer voraussichtlich gerichtliche Hilfe in Anspruch nehmen.
Kann der Händler in einem gerichtlichen Verfahren nicht nachweisen, dass die Ware den Käufer erreicht hat, wird das Gericht den Händler zur Rückzahlung verurteilen.
Was also tun?
In manchen Fällen hilft es, den Frachtführer mit einer individuellen Anfrage zu kontaktieren, was den Sendungsstatus betrifft. Die Mitarbeiter des Frachtführers haben bessere Einsichtsmöglichkeiten und können in internen Systemen oft auch für Dritte nicht mehr trackbare Sendungen nachverfolgen.
Präventiv können Händler natürlich den Status jeder einzelnen Sendung binnen ein bis zwei Wochen nach Aufgabe „protokollieren“ und archivieren. Dies bedeutet jedoch erheblichen Mehraufwand.
Wenn sich tatsächlich keine Möglichkeit einer Dokumentation der erfolgten Zustellung ergeben sollte, könnte es helfen, vom Käufer eine schriftliche Erklärung über den Nichterhalt der Warensendung zu verlangen. In Verbindung mit einem Hinweis, dass die Erklärung ggf. auch zur Einleitung von Maßnahmen gegenüber dem Frachtführer benötigt wird, daher unbedingt wahrheitsgemäß auszufüllen ist, könnte dies betrügerisch agierende Kunden abschrecken.
Ein entsprechendes Muster für die Anforderung einer solchen „Nichterhaltserklärung“ steht unseren Mandanten hier zur Verfügung.
Das Muster beinhaltet zudem den Hinweis an den Erklärenden, dass die Abgabe der Erklärung der Wahrheit zuwider unter dem Gesichtspunkt des Betruges im Sinne des § 263 StGB strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Fazit:
Der Kunde kann sich lange Zeit lassen, was die „Rüge“ von nicht erhaltenen bzw. beschädigt gelieferten Sendungen betrifft.
Durch die zeitlich meist nur eingeschränkt zur Verfügung stehenden Nachverfolgungsretouren kann es für manchen Händler dann aber eng werden.
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4 Kommentare
Würde ein solcher Screenshot der Sednunsgverfolgung als gespeichertes PDF vor Gericht standhalten?
VG
Der Gesetzgeber sotte doch um diese Situatuin wissen, warum werden dem Verbraucher da nicht kürzere Fristen, z.b. die besagten 6 Monate gesetzt?
Wenn ich etwas bestelle und nach wenigen Tagen nicht bekomme, dann forsche ich nach oder kontaktiere den Verkäufer.
Ich denke das ist für alle seriösen Käufer zutreffend - da wartet keiner erst 3 Jahre, weil es im ureigenen Interesse des Käufers ist, die Ware innerhalb eines kurzen angemessenen Zeitraums zu erhalten.
Alles andere kann nur bedeuten, dass sich da jmd auf dünnes Eis begibt und die gesetzlichen Regelungen zu betrügerischen Machenschaften nutzt.
Das sollte doch wohl auch den Richtern klar sein.....