Rechtsprechung zum e-Learning: LG Bielefeld bestätigt Widerrufsrecht auch bei Onlinekursen
Bei Onlinekursen, die zwar über eine bestimmte, abgegrenzte Laufzeit verfügen, nicht aber über ein Teilnehmerlimit oder einen fixen Startzeitpunkt, haben Verbraucher nach aktueller Rechtsprechung des LG Bielefeld ein Widerrufsrecht. Die Ausnahme aus § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB greife insoweit nicht. In Konsequenz daraus ist Verbrauchern beim Angebot von Onlinekursen ein Widerrufsrecht einzuräumen und eine entsprechende Belehrung abzugeben (vgl. aktuell LG Bielefeld, Urt. v. 05.06.2012, Az. 15 O 49/12).
Groß im Kommen ist e-Learning: Der Kursteilnehmer sitz nicht zu gebundenen Zeiten in einem muffigen Kursraum, sondern zu beliebigen Zeiten im eigenen Wohnzimmer. Und auch der Veranstalter hat Vorteile: Er spart sich die Suche nach eben diesem Kursraum und die zeitliche Abstimmung. Genau das bringt aber auch einen gewissen Nachteil: Da die zeitliche Gestaltung für beide Parteien flexibel ist, entfällt die Ausnahmeregelung für das Widerrufsrecht des Verbrauchers.
Diese Ansicht vertritt zumindest das LG Bielefeld in einem aktuellen Urteil. Dort war über ein Widerrufsrecht bei Onlinekursen für den Erwerb des Sportbootführerscheins zu befinden, die für eine Dauer von 24 Stunden, einem Monat, drei Monaten oder sechs Monaten zu buchen waren. Nach der Buchung konnte der Verbraucher „sofort loslegen“ und innerhalb des gebuchten Zeitraums auf umfangreiches Unterrichtsmaterial (Texte, Videos etc.) zugreifen; eine Kontrolle oder sonstige Begleitung des Kurses erfolgte nicht. Ebenso erfolgte bei Buchung des Angebotes keine Widerrufsbelehrung.
Nach Ansicht des Anbieters bestand für diese Kurse auch gar kein Widerrufsrecht, da das Führen eines Sportbootes ja um „Freizeitgestaltung“ handelt und der Onlinekurs „innerhalb eines genau angegebenen Zeitraums zu erbringen“ sei, somit könne er sich auf die Ausnahmeregelung des § 312b Abs. 3 Nr. 6 BGB berufen.
Leider sah das LG Bielefeld die Sache etwas anders: Es sei unerheblich, ob die angebotenen Kurse tatsächlich zur Freizeitgestaltung zu zählen seien; in jedem Fall fehle es an der Verpflichtung zur Leistungserbringung zu einen bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines bestimmten Zeitraumes (vgl. LG Bielefeld, Urt. v. 05.06.2012, Az. 15 O 49/12; mit weiteren Nachweisen):
„Zwar enthält das Angebot […] eine zeitliche Komponente, nämlich verschiedene Möglichkeiten, was die Nutzungsdauer angeht. Das aber sind (lediglich) Regelungen zur Laufzeit des Vertrages, die mit der Verpflichtung der Leistungserbringung zu einem bestimmten Zeitpunkt oder innerhalb eines genau angegebenen Zeitraumes nicht gleichzusetzen sind. Letztlich umfasst die Ausnahme nach § 312b Ab. 3 Nr. 6 BGB […] Dienstleistungen, bei deren Bestellung man im allgemeinen Sprachgebrauch von „Buchung“ oder „Reservierung“ spricht, wobei kennzeichnendes Merkmal […] ist, dass der Unternehmer nur eine begrenzte Anzahl von Kunden zur gleichen Zeit bedienen kann und daher die Leistungszeit im Voraus genau festgelegt wird, damit der Vertrag auch sicher erfüllt werden kann.“
Argumente des Anbieters, die sich auf die dadurch entstehende Unsicherheit bei der Buchung von Serverkapazitäten bzw. auf die Schwierigkeiten beim Wertersatz im Falle des Widerrufs nach teilweise bezogenen Leistungen bezogen, blieben unbeachtet. Das Gericht wertete diese Probleme als Bestandteil des unternehmerischen Risikos.
Wieder etwas dazugelernt: Auch bei e-Learning ist dem Verbraucher ein Widerrufsrecht einzuräumen, und es muss eine entsprechende Belehrung erfolgen. Spannend bleibt in diesem Zusammenhang natürlich die Frage, wie im Falle des Widerrufs ein Wertersatz für bereits in Anspruch genommene Lektionen in Rechnung gestellt werden kann; hier sollten die Anbieter von Onlinekursen durchaus Vorkehrungen treffen. In jedem Fall aber ist das Angebot für e-Learning, das sich an Verbraucher richtet, mit einer Widerrufsbelehrung zu versehen.
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