Neue Kennzeichnungspflichten beim Online-Verkauf von Wein
Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Leitfaden zum rechtssicheren Verkauf von Wein über das Internet" veröffentlicht.
Mit Wirkung ab dem 14.01.2019 hat die Europäische Kommission durch die Verordnung Nr. 2019/33 die geltenden Kennzeichnungsvorschriften für Weinerzeugnisse abgeändert. Zwar regeln die neuen Vorschriften grundsätzlich nur die physische Verpackungskennzeichnung von Weinerzeugnissen und richten sich so primär an Hersteller und Abfüller. Durch die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) werden sie allerdings auch in den Fernabsatz projiziert und verpflichten Online-Händler so dazu, auf ihren Produktdetailseiten für Weinerzeugnisse die Pflichtangaben einzufügen. Der nachstehende Beitrag zeigt, wie Weine im Online-Handel ab sofort zu kennzeichnen sind.
Inhaltsverzeichnis
- I. Neue Kennzeichnungsvorschriften und Umsetzungspflicht im Online-Handel
- II. Geänderte Pflichtangaben für die Weinkennzeichnung im Online-Handel
- 1. Angabe des Alkoholgehalts
- 2. Hinweis auf Allergene (Sulfite)
- 3. Angabe der Herkunft
- 4. Angabe des Abfüllers bei Abfüllung in der EU
- 5. Angabe des Importeurs bei Abfüllung im außereuropäischen Ausland
- 6. Angabe des Zuckergehalts bei Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein und aromatischem Qualitätsschaumwein
- III. Fazit
I. Neue Kennzeichnungsvorschriften und Umsetzungspflicht im Online-Handel
Ergab sich die verpflichtende Kennzeichnung für Weinerzeugnisse bislang ausschließlich aus der EU-Verordnung Nr. 1308/2013, ist ab dem 14.01.2019 nun ergänzend auch die EU-Verordnung Nr. 2019/33 zu beachten. Diese erweitert, meist in sprachlicher Hinsicht, die Pflichtinformationen und definiert nunmehr spitzfindig, mit welchen Bezeichnungen die verschiedenen Eigenschaften von Weinerzeugnissen ausgewiesen werden müssen.
Zwar treffen die Änderungen in der Kennzeichnung primär nur Hersteller bzw. Abfüller von Weinerzeugnissen. Allerdings sorgt die Europäische Lebensmittelinformationsverordnung dafür, dass der Online-Handel den neuen Kennzeichnungsrahmen in derselben Weise beachten und umsetzen muss. Anknüpfungspunkt für diese Pflichtenübertragung ist der Art- 14 Buchstabe a LMIV, nach dem „verpflichtende Informationen über Lebensmittel“ vor dem Abschluss des Kaufvertrags auf dem Trägermaterial des Fernabsatzgeschäfts (im Online-Handel also auf der Produktdetailseite) anzugeben sind.
„Verpflichtende Informationen über Lebensmittel“ sind hierbei aber nicht nur die Pflichtangaben der LMIV selbst, sondern nach Art. 2 Abs. 2 Buchstabe c LMIV auch all diejenigen Angaben, die dem Endverbraucher aufgrund von Unionsvorschriften bereitgestellt werden müssen.
Eine solche Unionsvorschrift stellt für Weinerzeugnisse nun aber gerade die neue EU-Verordnung Nr. 2019/33 dar und zwingt Online-Händler nach der LMIV dazu, die Pflichtkennzeichnung von Wein unverzüglich an die neuen Vorgaben anzupassen.
Wie Wein ab sofort online zu kennzeichnen ist, soll im Folgenden dargestellt werden.
Tipp: einen umfangreichen Leitfaden zum Verkauf von Wein hält die IT-Recht Kanzlei hier bereit.
II. Geänderte Pflichtangaben für die Weinkennzeichnung im Online-Handel
Die neue Verordnung Nr. 2019/33 sieht – im Zusammenspiel mit der LMIV – für Weine im Online-Handel folgende Pflichtinformationen vor:
1. Angabe des Alkoholgehalts
Beim Verkauf von Wein im Fernabsatz ist der vorhandene Alkoholgehalt gemäß Artikel 44 II EU-Verordnung 2019/33 in Volumenprozent in ganzen oder halben Einheiten anzugeben. Die Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts muss durch eine Ziffer mit nicht mehr als einer Nachkommastelle erfolgen, der das Symbol „% vol“ anzufügen ist (etwa: „14,5 % vol“). Der Ziffer können die Begriffe „vorhandener Alkoholgehalt“, „vorhandener Alkohol“ oder die Abkürzungen „alc.“ oder „Alk.“ vorangestellt werden.
Bei teilweise gegorenem Traubenmost oder Jungwein kann die Angabe des vorhandenen Alkoholgehalts durch die Angabe des Gesamtalkoholgehalts, gefolgt von dem Symbol „% vol“ unter Voranstellung des Wortes „Gesamtalkoholgehalt“ oder „Gesamtalkohol“ ersetzt oder ergänzt werden (Artikel 44 II S. 2 EU-Verordnung 2019/33).
Vorsicht Falle: Art. 44 I EU-Verordnung 2019/33 regelt, dass der Alkoholgehalt bei Wein in ganzen oder halben Einheiten anzugeben ist. Daher wäre in Bezug auf Wein die Angabe 15,0 % vol für den Alkoholgehalt zutreffend und die Angabe 15,2 % vol falsch.
2. Hinweis auf Allergene (Sulfite)
Sulfite kommen – abgesehen von seltenen Ausnahmefällen – grundsätzlich in sämtlichen Weinerzeugnissen vor, weil sie zum einen als Konservierungsstoffe eingesetzt werden, um nach Abfüllung die Nachgärung zu verhindern und den Wein mithin länger lager- und haltbar zu machen. Zum anderen aber weisen bereits gegorene, aus Trauben gewonnene Flüssigkeiten stets auch einen natürlichen Sulfitgehalt auf.
Ein entsprechender Hinweis auf Sulfite ist für Händler, die Weine per Fernabsatz vertreiben, gemäß Art. 9 Abs. 1 Buchstabe c verpflichtend.
Gemäß Art. 21 Abs. 1 Unterabsatz 1 LMIV muss die Kennzeichnung zwingend mit dem Wort „Enthält“ beginnen.
Eine ordnungsgemäße Angabe wäre also der Hinweis: "Enthält Sulfite"
Die neue EU-Verordnung Nr. 2019/33 lässt nunmehr für die Allergenkennzeichnung anstelle des Wortes „Sulfite“ auch das Synonym „Schwefeloxide“ zu. Händler können also wählen, ob sie die Pflichtkennzeichnung durch die Angabe „Enthält Sulfite“ oder „Enthält Schwefeloxide“ erfüllen wollen.
3. Angabe der Herkunft
Mit der EU-Verordnung Nr. 2019/33 werden erstmals feste Formulierungen für die verpflichtende Kennzeichnung der Herkunft des Weinerzeugnisses festgelegt. Im Online-Handel muss je nach Produkt und Zusammensetzung von Wein, Likörwein, Schaum- und Perlwein nun wie folgt die Herkunft ausgewiesen werden:
Grundsätzlich müssen die Formulierungen „Wein aus (…)“, „erzeugt in (…)“, „Erzeugnis aus (…)“ oder „Sekt aus (…)“ oder entsprechende Begriffe verwendet werden, ergänzt durch den Namen des Mitgliedstaats oder des außereuropäischen Drittlands, in dem die Trauben geerntet und zu Wein verarbeitet werden.
Im Falle von Wein, der sich aus der Mischung von Weinen mit Ursprung in verschiedenen Mitgliedstaaten ergibt, muss mit „Wein aus der Europäischen Union“ oder „Verschnitt von Weinen aus verschiedenen Ländern der Europäischen Union“ gekennzeichnet werden.
Wird der Wein in einem Mitgliedstaat aus in einem anderen Mitgliedstaat geernteten Trauben erzeugt, muss die Kennzeichnung „Wein aus der Europäischen Union“ oder „Wein gewonnen in (…) aus in (…) geernteten Trauben“ lauten.
Ergibt sich der Wein aus der Mischung von Weinen mit Ursprung in verschiedenen Drittländern aus dem außereuropäischen Ausland, muss mit „Verschnitt aus (…)“ unter Angabe aller Drittländer gekennzeichnet werden.
Wird der Wein in einem außereuropäischen Drittland aus in einem anderen Drittland geernteten Trauben erzeugt, muss die Kennzeichnung schließlich „Wein gewonnen in (…) aus in (…) geernteten Trauben“ lauten.
4. Angabe des Abfüllers bei Abfüllung in der EU
Art. 46 der Verordnung Nr. 2019/33 enthält klare Vorgaben zur verpflichtenden Kennzeichnung des Abfüllers für alle Fälle, in denen das Erzeugnis innerhalb der europäischen Union abgefüllt wurde.
Vor diesem Hintergrund ist für in der EU abgefüllte Weine die Abfüllerkennzeichnung als Konkretisierung der nach der LMIV vorgeschrieben Lebensmittelunternehmerkennzeichnung dahingehend zu verstehen, dass verantwortlicher Lebensmittelunternehmer nach Art. 8 LMIV bei in der EU abgefüllten Weinerzeugnissen grundsätzlich stets der Abfüller ist. Mit der Abfüllerkennzeichnung wird also grundsätzlich auch die LMIV-konforme Verantwortlichenkennzeichnung umgesetzt. Etwas anderes gilt nur bei der Lohnabfüllung, bei der im Auftrag eines anderen Unternehmens abgefüllt wird. Hier ist das auftraggebende Unternehmen Lebensmittelverantwortlicher. Dessen LMIV-konformer Ausweisung wird aber durch die Sonderregel der Lohnabfüllungskennzeichnung (s. dazu unten) Rechnung getragen.
Unter Verwendung der Formulierung „Abfüller: (…)“ oder „abgefüllt von (…)“ muss so grundsätzlich der Herstellerbetrieb ausgewiesen werden.
Hierbei reicht es nicht aus, nur Name oder Firmenbezeichnung des Abfüllers anzugeben. Vielmehr muss auch dessen vollständige Anschrift genannt werden. Hat der Abfüller seinen Sitz in einem anderen EU-Mitgliedsstaat, ist auch das Land bei der Anschrift anzugeben.
Eine ordnungsgemäße Kennzeichnung des Abfüllers wäre insofern:
„Abfüller:
Mustermann GmbH
Musterstraße 1
12345 Musterstadt“
Achtung: bei in der EU produzierten Schaumweinen, Schaumweinen mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumweinen oder aromatischem Qualitätsschaumweinen ist als Pflichtangabe nicht der Abfüller, sondern der Hersteller bzw. Verkäufer zu nennen. Für diese Produkte wechselt die Lebensmittelverantwortlichkeit im Sinne der LMIV insofern auf den Hersteller/Verkäufer. Zu kennzeichnen ist dann mit der Formulierung: „Hersteller“ oder „hergestellt von“ bzw. „Verkäufer“ oder „verkauft von“
Bezüglich der Abfüllerkennzeichnung sind noch folgende weitere Besonderheiten zu beachten:
Bei Lohnabfüllung wird die Angabe des Abfüllers ergänzt durch die Wörter „abgefüllt für (Name + Anschrift)“ oder, wenn auch Name und Anschrift des Lohnabfüllers angegeben werden, durch die Wörter „abgefüllt für (Name und Anschrift) von (Name und Anschrift)“.
Erfolgt die Abfüllung an einem anderen Ort als dem Sitz des Abfüllers, so müssen die Angaben auch einen Hinweis auf den genauen Ort enthalten, an dem die Abfüllung erfolgte.
Im Falle anderer Behältnisse als Flaschen müssen schließlich die Wörter „Abfüller: (…)“ und „abgefüllt von (…)“ durch die Wörter „Verpacker: (…)“ und „verpackt von (…)“ ersetzt werden.
5. Angabe des Importeurs bei Abfüllung im außereuropäischen Ausland
Wird das Weinerzeugnis im außereuropäischen Ausland abgefüllt, ist anstelle des Abfüllers nach Art. 46 der Verordnung 2019/33 der Importeur anzugeben.
Dieser nimmt in derlei Konstellationen gleichläufig auch die Stellung des Lebensmittelverantwortlichen gemäß Art. 8 LMIV ein.
Zur Kennzeichnung ist zwingend die Formulierung „Einführer: (…)“ oder „Importeur: (…)“ bzw. „eingeführt von (…)“ oder „importiert von (…)“ zu verwenden.
Auch hierbei reicht es nicht aus, nur Name oder Firmenbezeichnung des Importeurs anzugeben. Vielmehr müssen zusätzlich sowohl die vollständige Anschrift als auch das Land der Niederlassung genannt werden, sofern der Importeur nicht in Deutschland sitzt.
Eine ordnungsgemäße Importeurkennzeichnung wäre insofern:
„Importeur:
Vino S.A.
Calle Ejemplo 1
28001 Madrid
Spanien“
Achtung Rückausnahme:
Bei in loser Schüttung eingeführten und in der Union abgefüllten Weinbauerzeugnissen kann der Name des Einführers/Importeurs durch die Angabe des Abfüllers gemäß Absatz 2 ersetzt oder ergänzt werden.
6. Angabe des Zuckergehalts bei Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein und aromatischem Qualitätsschaumwein
Gemäß Art. 47 der Verordnung ist für Schaumwein, Schaumwein mit zugesetzter Kohlensäure, Qualitätsschaumwein und aromatischem Qualitätsschaumwein zusätzlich der Zuckergehalt anzugeben. Dies geschieht durch Verwendung eines dem Zuckergehalt entsprechenden Begriffs.
Es nach nachstehender Tabelle die jeweilige Bezeichnung zu wählen:
III. Fazit
Mit der Verordnung Nr. 2019/33 hat der europäische Gesetzgeber die Pflichtkennzeichnung von Weinerzeugnissen minuziös konkretisiert und sieht für die einzelnen Pflichtinformationen nunmehr auch verbindliche Formulierungen vor.
Zwar richten sich die neuen Kennzeichnungsvorschriften primär an Hersteller und Abfüller. Allerdings verpflichtet die europäische LMIV aufgrund einer weiten Bezugnahme auf sämtliche unionsrechtliche Kennzeichnungsvorgaben auch Online-Händler unmittelbar, die neue Pflichtkennzeichnung auf ihren Produktdetailseiten zu übernehmen.
Verstöße gegen oder die unzureichende Befolgung der Kennzeichnungspflichten kann nicht nur mit empfindlichen Geldbußen geahndet werden, sondern auch Unterlassungsansprüche von Wettbewerbern auslösen.
Online-Weinhändlern ist insofern dringend zu raten, die neuen Kennzeichnungsvorgaben unverzüglich umzusetzen.
Um den hierfür erforderlichen Aufwand der Gesetzeslektüre und – anwendung zu reduzieren, kann die 1-zu-1-Übertragung der Informationen des jeweiligen Flaschenetiketts empfohlen werden. Auf diesem muss der Hersteller bzw. Abfüller die neuen Pflichtangaben nämlich bereits ebenfalls getroffen haben.
Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.
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2 Kommentare
richtig. Sofern Schaum- oder Perlwein Kohlensäure zugesetzt wird, ist Art. 48 der VO 2019/33 ebenfalls zu beachten. Unser Beitrag befasst sich aber primär mit dem Verkauf von Wein in seiner klassischen Form, der keine Kohlensäure enthält.