Online-Seiten für Escort-Services benötigen einen Jugendschutzbeauftragten
Escort-Agenturen bieten ihren Kunden die Vermittlung von Prostituierten und Begleitpersonen. Was viele Services im Rahmen der Internetseiten nicht beachten: Sie sind gesetzlich zur Bestellung einer Jugendschutzbeauftragten verpflichtet. Kommen sie dieser Pflicht nicht nach, drohen (teure) wettbewerbsrechtliche Abmahnung.
Inhaltsverzeichnis
- A. Grundsätzliche Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten
- I. Absolut unzulässige Inhalte
- II. Relativ unzulässige Inhalte
- III. Entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte
- B. Escort-Leistungen und Jugendschutz
- I. Leistungen von Escort-Agenturen
- II. Escort-Angebote als entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte?
- C. Fazit
A. Grundsätzliche Pflicht zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten
Ob Betreiber von Escort-Agenturen zur Bestellung eines Jugendschutzbeauftragten verpflichtet sind, richtet sich nach dem Jugendmedienschutz-Staatsvertrag (JMStV). Dieser regelt in § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV, dass alle geschäftsmäßigen „Anbieter“ von „allgemein zugänglichen Telemedien, die entwicklungsbeeinträchtigende oder jugendgefährdende Inhalte enthalten“ einen Jugendschutzbeauftragten bestellen müssen. „Allgemein zugänglich“ sind Telemedien grundsätzlich dann, wenn sie von einem unbestimmten Personenkreis abgerufen werden können.
Welche Inhalte konkret entwicklungsbeeinträchtigend oder jugendgefährdend sind, richtet sich nach § 4 und § 5 JMStV. Dabei differenziert das Gesetz zwischen
- absolut unzulässigen Angeboten (vgl. § 4 Abs. 1 JMStV),
- relativ unzulässigen Angeboten (vgl. § 4 Abs. 2 JMStV) und
- entwicklungsbeeinträchtigenden Angeboten (vgl. § 5 JMStV).
I. Absolut unzulässige Inhalte
Absolut unzulässig im Sinne des § 4 Abs. 1 JMStV sind Inhalte, die generell nicht verbreitet werden dürfen – und zwar auch dann nicht, wenn sie lediglich Erwachsenen zugänglich gemacht werden. Als absolut unzulässige Angebote nennt § 4 Abs. 1 JMStV etwa kinder- oder jugendpornografische Inhalte im Sinne der §§ 184b Abs. 1, 184c Abs. 1 des Strafgesetzbuchs (StGB).
II. Relativ unzulässige Inhalte
Relativ unzulässig sind gemäß § 4 Abs. 2 JMStV Inhalte, die nicht grundsätzlich im Internet verboten sind. Sie dürfen unter der Voraussetzung angeboten werden, dass der jeweilige Webseitenbetreiber sicherstellt, dass die Angebote nur über eine geschlossene Benutzergruppe zur Verfügung stehen. Das bedeutet: Die Inhalte dürfen nur Erwachsenen ab 18 Jahren zugänglich gemacht werden.
Kinder und Jugendliche dürfen keinen Zugang zu diesen Angeboten haben. Als relativ unzulässiges Angebot stuft das Gesetz etwa pornografische Inhalte ein, die nicht unter § 4 Abs. 1 JMStV fallen, oder solche Inhalte, die offensichtlich geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen schwer zu gefährden.
III. Entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte
§ 5 Abs. 1 JMStV verbietet schließlich sog. entwicklungsbeeinträchtigende Angebote. Konkret müssen Anbieter von Inhalten, die geeignet sind, die Entwicklung von Kindern oder Jugendlichen zu einer eigenverantwortlichen oder gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit zu beeinträchtigen, dafür Sorge tragen, dass Kinder und Jugendliche der betroffenen Altersstufe sie üblicherweise nicht wahrnehmen.
B. Escort-Leistungen und Jugendschutz
Escort-Agenturen benötigen dementsprechend nur dann einen Jugendschutzbeauftragten, wenn sie auf ihren Webseiten
- relativ unzulässige oder
- entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte anbieten.
I. Leistungen von Escort-Agenturen
Escort-Services vermitteln ihren Kunden Prostituierte und Begleitpersonen. Die Agenturen arrangieren dabei das Treffen des Kunden mit der Begleitperson an einem Wunschort, der von beiden festgelegt werden kann. Einige Escort-Services bieten auch Begleitpersonen für längere Reisen, wie etwa für Urlaubs- oder Geschäftsreisen, an.
Die Erbringung sexueller Dienstleistungen ist dabei – je nach Absprache zwischen dem Kunden und der Begleitperson – nicht ausgeschlossen und wird häufig bereits auf der Agentur-Seite beworben und teilweise auch näher erläutert. Zudem werden die buchbaren Begleitpersonen in aller Regel durch freizügige Fotos beworben, die auf den Seiten der Escort-Services frei eingesehen werden können.
II. Escort-Angebote als entwicklungsbeeinträchtigende Inhalte?
Die von den Escort-Agenturen angebotenen Inhalte dürften in der Regel nicht pornografisch und damit relativ unzulässig im Sinne des § 4 Abs. 2 Nr. 1 JMStV sein. Denn: Nach den Kriterien der KJM ist unter Pornografie eine Darstellung zu verstehen,
"die unter Ausklammerung sonstiger menschlicher Bezüge sexuelle Vorgänge in grob aufdringlicher Weise in den Vordergrund rückt und die in ihrer Gesamttendenz ausschließlich oder überwiegend auf sexuelle Stimulation angelegt ist, sowie dabei die im Einklang mit allgemeinen gesellschaftlichen Wertevorstellungen gezogenen Grenzen eindeutig überschreitet."
Die Auflistung und/oder Beschreibung des angebotenen Leistungsspektrums sowie die Darstellung freizügiger Fotos der buchbaren Begleitpersonen allein lassen sich nicht unter die Definition von Pornografie subsumieren.
Auch eine relative Unzulässigkeit nach § 4 Abs. 2 Nr. 3 JMStV wegen einer schweren offensichtlichen Entwicklungsgefährdung dürfte in der Regel nicht in Betracht kommen. Dafür müssten die Agentur-Inhalte offensichtlich geeignet sein, die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen oder ihre Erziehung zu einer eigenverantwortlichen und gemeinschaftsfähigen Persönlichkeit unter Berücksichtigung der besonderen Wirkungsformen des Internets schwer zu gefährden.
Eine Gefährdung von Kindern und Jugendlichen aufgrund der Agentur-Inhalte lässt sich zwar nicht eindeutig ausschließen, doch dürfte diese – insbesondere seit Inkrafttreten des Prostitutionsgesetzes – in der Regel weder „offensichtlich“ noch „schwer“ sein.
In aller Regel sind die Agentur-Dienste jedoch entwicklungsbeeinträchtigend im Sinne von § 5 Abs. 1 JMStV.
Die KJM hat dazu Kriterien aufgestellt, nach denen sich beurteilen lässt, in welchen Fällen Sexualdarstellungen konkret entwicklungsbeeinträchtigend sind:
- Sexualdarstellungen, die nicht dem Entwicklungsstand von Kindern und Jugendlichen entsprechenden, wie außergewöhnliche Sexualpraktiken
- stereotype Geschlechterrollen mit diskriminierenden Verhaltensmustern
- Verknüpfung von Sexualität und Gewalt, insbesondere wenn Kinder oder Jugendliche betroffen sind
- Verharmlosung oder Idealisierung von Prostitution oder promiskuitivem Verhalten
Als problematisch sind dementsprechend insbesondere Sexualdarstellungen anzusehen, in denen stereotype Geschlechterrollen vermittelt werden, die für Kinder und Jugendliche Vorbildcharakter haben könnten. Solche Geschlechterrollen liegen insbesondere vor, wenn Frauen oder Männer als willige Sexualpartner ohne eigenen Charakter gezeigt werden.
Das bedeutet für Escort-Services: Die auf Escort-Seiten in der Regel aufzufindende Beschreibung des Leistungsspektrums der angebotenen sexuellen Dienstleistungen in Verbindung mit einer frei zugänglichen Bildergalerie dürften grundsätzlich geeignet sein, Kinder und Jugendliche sozial zu desorientieren. Dies beruht insbesondere (auch) darauf, dass die Begleitpersonen auf solchen Agentur-Seiten als willige Sexualpartner dargestellt werden, indem Geschlechtsverkehr als käufliche Ware präsentiert wird.
Bei Kindern und Jugendlichen kann sich dadurch der Eindruck festsetzen, dass Geschlechtsverkehr stets gegen Geld erhältlich ist und über eine geschäftliche Transaktion nicht hinausgeht. Damit sind derartige Inhalte geeignet, Kinder und Jugendliche in ihrem Sexualverhalten mitzuprägen und zwar auch dann, wenn das Angebot nicht unmittelbar dazu führt, dass diese Prostitutionsangebote wahrnehmen
Als Konsequenz hieraus sind Betreiber von Escort-Seiten regelmäßig verpflichtet einen Jugendschutzbeauftragten zu bestellen.
C. Fazit
Da Escort-Dienste in aller Regel „entwicklungsbeeinträchtigend“ sind, müssen Agenturen gemäß § 7 Abs. 1 Satz 2 JMStV einen Jugendschutzbeauftragten bestellen. Dieser berät den Escort-Service insbesondere dazu, wie das Internet-Angebot jugendschutzrechtlich konform dargestellt werden kann. Wird kein Jugenschutzbeauftragter bestellt, ist von einem spürbaren Wettbewerbsverstoß auszugehen, der kostenpflichtig abgemahnt werden kann.
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