Online-Handel mit Cannabis und CBD-Produkten: Was ist derzeit in Deutschland erlaubt?
Die Ampel-Koalition hat im November 2021 eine Vorentscheidung zugunsten einer kontrollierten Abgabe von Cannabis an Erwachsene zu Genusszwecken in lizenzierten Geschäften getroffen. Zwar ist hierin noch keine Gesetzesänderung zu sehen. Aber die Weichen könnten mittelfristig auf eine Legalisierung von Cannabis in Deutschland gestellt werden. Was ist nun im Hinblick auf den Online-Handel mit Cannabis und so genannten CBD-Produkten derzeit in Deutschland zulässig?
Inhaltsverzeichnis
1. Handel mit Cannabis
Cannabis oder Hanf ist eine Pflanzengattung innerhalb der Familie der Hanfgewächse. Aus den Blättern und Blüten der weiblichen Cannabispflanze kann der Wirkstoff THC gewonnen werden, der eine berauschende Wirkung erzeugt. Dagegen haben die Hanfsamen keinen nennenswerten THC-Gehalt und wirken daher nicht berauschend.
Marihuana wird aus den getrockneten Blüten und Blättern der weiblichen Cannabispflanze hergestellt. Haschisch wird aus dem Harz der Pflanze erzeugt und weist einen besonders hohen THC-Gehalt auf.
Derzeit sind Anbau, Herstellung, Handel, Einfuhr, Ausfuhr, Abgabe, Veräußerung, sonstiges Inverkehrbringen, Erwerb und Besitz von allen Pflanzenteilen der Cannabispflanze ohne Genehmigung des Bundesinstituts für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) nach §§ 29 ff. BtMG strafbar.
Nicht unter das Verbot fallen unter anderem die Samen der Pflanze, die in der Regel keine Cannabinoide enthalten, sofern sie nicht zum unerlaubten Anbau bestimmt sind. Ferner sind Pflanzen von dem Verbot ausgenommen, die aus dem Anbau in Ländern der Europäischen Union mit zertifiziertem Saatgut stammen oder deren Gehalt an THC 0,2 % nicht übersteigt, sofern der Verkehr mit ihnen ausschließlich gewerblichen oder wissenschaftlichen Zwecken dient.
Demnach dürfen Pflanzenteile wie Blätter, Blüten, Stängel auch bei einem minimalen THC-Gehalt grundsätzlich nicht vertrieben werden, da ein Missbrauch durch den Abnehmer nicht ausgeschlossen werden kann. Dagegen fallen Cannabis-Samen und hieraus hergestellte Produkte wie etwa Hanfsamen-Öl nicht unter das BtMG, sofern sie nicht zum illegalen Anbau bestimmt sind. Erlaubt ist ferner der Vertrieb von verarbeiteten Produkten, die nicht mehr zu Rauschzwecken missbraucht werden können (z. B. Papier oder Textilien).
2. Handel mit CBD-Produkten
Schon heute findet man im Netz diverse Online-Shops, die so genannte CBD-Produkte wie etwa CBD-Öle oder CBD-Kosmetika anbieten.
a) Definition
CBD (Cannabidiol) wird ebenfalls aus der weiblichen Hanfpflanze gewonnen und ist ein nicht psychoaktiver Wirkstoff. Im Gegensatz zu THC hat CBD grundsätzlich keine berauschende Wirkung.
CBD ist im BtMG nicht ausdrücklich genannt. Da CBD allerdings wie THC aus der Cannabispflanze gewonnen wird und CBD-Produkte oft einen THC-Gehalt aufweisen, sind die Bestimmungen dennoch zu beachten.
b) Verkauf als Lebensmittel
Häufig werden CBD-Produkte als Lebensmittel zum Verkauf angeboten. Das Bundesinstitut für Risikobewertung listet etwa folgende Lebensmittel auf:
- aus Hanfsamen gewonnenes Speiseöl
- Lebensmittel, die das Öl als Zutat enthalten
- Lebensmittel, die Hanfsamen bzw. das aus Hanfsamen gewonnene Proteinpulver enthalten (z. B Müsliriegel, Nudeln)
- Nahrungsergänzungsmittel, die vor allem aus Hanfsamen hergestelltes Proteinpulver enthalten.
- Tees aus Hanfblättern und/oder Hanfblüten
- Sonstige Lebensmittel, die Extrakte aus den Blättern und/oder Blüten enthalten (z. B. Energydrinks)
- Nahrungsergänzungsmittel, die Extrakte aus den Blättern und/oder Blüten der Hanfpflanze enthalten.
Sofern CBD-Produkte für den Verzehr bzw. zur Einnahme angeboten werden, müssen besondere lebensmittelrechtliche Anforderungen beachtet werden.
aa) Richtwerte des BgVV
Hanfhaltige Erzeugnisse können grundsätzlich nur dann als Lebensmittel verkehrsfähig sein, wenn sie nicht als Betäubungsmittel oder Arzneimittel einzustufen sind und die Lebensmittel zudem als sicher angesehen werden können.
Um nicht als Betäubungsmittel im Sinne des BtMG eingestuft zu werden, dürfen Cannabisextrakte ausschließlich aus Nutzhanf (THC-Gehalt ≤0,2% oder EU-zertifizierte Sorte) gewonnen werden und die Endprodukte dürfen die folgenden THC-Richtwerte nicht überschreiten:
- 5 μg/kg für nicht alkoholische und alkoholische Getränke
- 5000 μg/kg für Speiseöle
- 150 μg/kg für alle anderen Lebensmittel
Die genannten Werte beziehen sich auf die verzehrfertigen Lebensmittel und gelten für den Gesamt-THC-Anteil unter Einbeziehung von Delta-9-Tetrahydrocannabinolcarbonsäure.
bb) Vorgaben der Novel-Food-Verordnung
Nach Art. 6 der Verordnung (EU) 2015/2283 (Novel-Food-VO) dürfen „neuartige Lebensmittel“ nur in Verkehr gebracht oder in und auf Lebensmitteln verwendet werden, wenn sie zugelassen und in einer von der Europäischen Kommission erstellten Liste aufgeführt sind.
Unter dem Begriff „neuartiges Lebensmittel“ (Novel Food) versteht man alle Lebensmittel, die vor dem 15. Mai 1997 nicht in nennenswertem Umfang in der Europäischen Union für den menschlichen Verzehr verwendet wurden und die in mindestens eine der in Artikel 3 der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 genannten Kategorien fallen. Hierzu gehören Lebensmittel
- mit neuer oder gezielt veränderter Molekularstruktur
- aus Mikroorganismen, Pilzen oder Algen
- aus Materialien mineralischen Ursprungs
- aus Pflanzen oder Pflanzenteilen
- aus Tieren oder deren Teilen
- aus Zell- oder Gewebekulturen
- die durch ein neuartiges, nicht übliches Verfahren hergestellt wurden
- aus technisch hergestellten Nanomaterialien
- die Vitamine, Mineralstoffe und andere Stoffe sind
- die ausschließlich in Nahrungsergänzungsmitteln als nicht neuartig gelten und nun in anderen Lebensmitteln verwendet werden sollen
Die genauen Definitionen der Kategorien sind in Artikel 3 der Novel Food-Verordnung (EU) 2015/2283 aufgeführt.
Das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) geht derzeit davon aus, dass es sich bei CBD-Produkten um „Novel Food“ handelt:
"Für Hanfextrakte oder daraus hergestellte Produkte, die Cannabinoide (z. B. CBD) enthalten, wurden bis jetzt weder durch die EIHA noch durch andere Wirtschaftsbeteiligte ausreichende Nachweise erbracht, die einen nennenswerten Verzehr in der Europäischen Union vor dem Stichtag der Novel Food-Verordnung (15. Mai 1997) belegen. Daher werden diese Erzeugnisse weiterhin EU-weit als neuartige Lebensmittel betrachtet."
Dies wird auch von Teilen der Rechtsprechung so gesehen (vgl. VG Berlin, Beschl. v. 04.03.2021, Az.: 14 L 37/21; VGH Mannheim, Beschl. v. 16. 10. 2019, Az.: 9 S 535/19; OVG Münster (13. Senat), Beschl. v. 23.01.2020, Az.: 13 B 1423/19; OVG Lüneburg, Beschl. v. 12. 12. 2019, Az.: 13 ME 320/19).
Wer ein neuartiges Lebensmittel, das sich noch nicht in die Unionsliste zugelassener neuartiger Lebensmittel aufgenommen wurde, in Verkehr bringen will, muss dafür einen Zulassungsantrag gemäß Art. 10 der Verordnung bei der Europäischen Kommission stellen. Dort wurden bereits einige Zulassungsanträge für verschiedene CBD-Produkte gestellt.
Allerdings hat sich das BVL hierzu in einer Pressemitteilung kritisch geäußert:
"Dem BVL ist derzeit keine Fallgestaltung bekannt, wonach Cannabidiol (CBD) in Lebensmitteln, also auch in Nahrungsergänzungsmitteln, verkehrsfähig wäre."
cc) Vorgaben der Health-Claims-Verordnung
Nach der europäischen Health-Claims-Verordnung (HCVO) sind Angaben, die einen Wirkungszusammenhang zwischen einem Lebensmittel oder einem Lebensmittelbestandteil und der Gesundheitsförderung behaupten oder nur andeuten, stark reglementiert.
Derartige gesundheitsbezogene Angaben sind nach Art. 10 Abs. 1 HCVO grundsätzlich verboten, es sei denn, sie wurden (mit konkretem Wortlaut) von der EU-Kommission explizit gemäß einer stetig aktualisierten Liste zur Verwendung zugelassen.
Ergibt sich eine Zulassung aus der Liste, darf die Gesundheitsangabe nur für den konkret in Bezug genommenen Wirkstoff, nicht aber pauschal für das Lebensmittel getroffen werden.
Ergibt sich keine Zulassung aus der Liste, ist die Verwendung einer gesundheitsbezogenen Angabe grundsätzlich unzulässig.
Eine Ausnahme macht nur Art. 10 Abs. 3 HCVO, der Verweise auf allgemeine, nichtspezifische Vorteile für die Gesundheit unter folgenden Voraussetzungen erlaubt:
- die Behauptung ist durch allgemein anerkannte wissenschaftliche Nachweise gesichert;
- der unspezifischen Angabe ist mindestens eine konkrete und zugelassene gesundheitsbezogene Angabe beigestellt.
Vor diesem Hintergrund dürfte eine Werbung mit gesundheitsbezogenen Aussagen im Zusammenhang mit CBD-Produkten derzeit generell unzulässig sein.
c) Verkauf als Arzneimittel
Je nach Zweckbestimmung kann ein CBD-Produkt auch als Arzneimittel einzustufen sein, mit der Folge, dass insoweit die Vorgaben des Arzneimittelgesetzes zu beachten sind.
Arzneimittel sind gemäß § 2 Abs. 1 AMG Stoffe oder Zubereitungen aus Stoffen,
1. die zur Anwendung im oder am menschlichen oder tierischen Körper bestimmt sind und als Mittel mit Eigenschaften zur Heilung oder Linderung oder zur Verhütung menschlicher oder tierischer Krankheiten oder krankhafter Beschwerden bestimmt sind oder
2. die im oder am menschlichen oder tierischen Körper angewendet oder einem Menschen oder einem Tier verabreicht werden können, um entweder
a) die physiologischen Funktionen durch eine pharmakologische, immunologische oder metabolische Wirkung wiederherzustellen, zu korrigieren oder zu beeinflussen oder
b) eine medizinische Diagnose zu erstellen.
Ist ein Produkt aufgrund seiner pharmakologischen Wirkung als Arzneimittel einzustufen, so kann es nicht als Lebensmittel vertrieben werden (vgl. Art. 2 Abs. 2 lit. d) der Verordnung (EG) Nr. 178/2002).
Arzneimittel dürfen nur in Verkehr gebracht werden, wenn sie durch die zuständige Bundesoberbehörde (Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte oder Paul-Ehrlich-Institut) zugelassen sind. Im Rahmen des Zulassungsverfahrens muss ein Wirksamkeitsnachweis erbracht werden.
d) Verkauf als Kosmetikprodukt
Einige CBD-Produkte werden nicht zum Verzehr bzw. zur Einnahme sondern zur äußeren Anwendung, etwa auf der Haut, angeboten. In diesem Fall könnte es sich um ein Kosmetikprodukt im Sinne von Art. 2 Abs. 1a) EG- Verordnung über kosmetische Mittel 2009/1223/EG (Kosmetik-VO) handeln.
Nach Art. 14 Kosmetik-VO Abs. 1 lit. a) in Verbindung mit Anhang II lfd. Nr. 306 sind in Kosmetikprodukten verboten: Betäubungsmittel, natürliche und synthetische: Jeder Stoff, der in den Tabellen I und II des am 30. März 1961 in New York unterzeichneten Einheitsübereinkommens über Betäubungsmittel aufgezählt ist.
Danach dürfen etwa Cannabis, Cannabisharz, Cannabisextrakte und Cannabistinkturen nicht in Kosmetika enthalten sein. CBD wird in den Tabellen zwar nicht aufgeführt. Gleichwohl gehen derzeit einige Landesbehörden davon aus, dass die Verwendung von Cannabisbestandteilen, denen das Harz nicht zuvor entzogen wurde, unzulässig sei.
Die Europäische Kommission hat natürliches CBD in die Cosmetic Ingredients Database aufgenommen und schreibt dem Mittel beispielsweise die Funktionen Antioxidans und Hautschutz zu. Hieraus allein lässt sich aber nicht der Schluss ziehen, dass CBD generell in Kosmetikprodukten verarbeitet werden darf, da die Datenbank keinen Gesetzescharakter hat.
3. Fazit
Nach der derzeitigen Rechtslage ist der Handel mit Cannabis sowie mit CBD-Produkten in Deutschland weitestgehend verboten. Lediglich Lebens- und Nahrungsergänzungsmittel aus den Samen der Cannabispflanze dürfen derzeit vertrieben werden. Erlaubt ist ferner der Vertrieb von verarbeiteten Produkten, die nicht mehr zu Rauschzwecken missbraucht werden können (z. B. Papier oder Textilien).
Ob und inwieweit der Cannabis-Handel künftig in Deutschland erlaubt wird, ist derzeit noch unklar. Aus den bisherigen Koalitionsverhandlungen lässt sich lediglich entnehmen, dass dies „lizensierten Geschäften“ vorbehalten sein soll. Ob hierunter auch Online-Händler fallen, die bestimmte Voraussetzungen erfüllen, lässt sich derzeit noch nicht absehen. Wir werden die rechtliche Entwicklung hierzu genau beobachten und ggf. berichten.
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