OLG Frankfurt a.M.: Koppelung eines Gewinnspiels einer Versandapotheke an die Rezepteinlösung ist wettbewerbswidrig

OLG Frankfurt a.M.: Koppelung eines Gewinnspiels einer Versandapotheke an die Rezepteinlösung ist wettbewerbswidrig
author
von Sarah Freytag
Stand: 16.05.2019 3 min

Die Veranstaltung von Gewinnspielen ist vielmals eine vielversprechende Werbemaßnahme, um auf die eigenen Leistungen hinzuweisen und das Kunden- und Interessentenspektrum zu erweitern. In rechtlicher Hinsicht sind Gewinnspiele aber nicht selten unproblematisch und müssen so neben einem umfangreichen Transparenzgebot und Datenschutzgrundsätzen teilweise auch spezialgesetzliche Anforderungen und Verbote beachten. Dass solche für Versandapotheken für die Kopplung der Gewinnspielteilnahme mit einer Rezepteinlösung gelten, machte jüngst das OLG Frankfurt deutlich. Lesen Sie nachfolgend mehr zum Urteil.

I. Der Sachverhalt

Eine niederländische Versandapotheke warb bundesweit mit einem Flyer für ein "großes Gewinnspiel". Für die Teilnehmer an dem Gewinnspiel wurden als Hauptpreis ein E-Bike im Wert von 2500 Euro sowie neun Phillips-Sonicare-Diamond-Clean-Sets ausgelobt. Voraussetzung für die Teilnahme an dem Gewinnspiel war die Einsendung eines Arzneimittelrezepts.

Die Klägerin mahnte die Versandapotheke ab und verwies darauf, dass die Koppelung des Gewinnspiels an die Rezepteinlösung nach § 7 des Heilmittelwerbegesetzes wettbewerbswidrig sei. Nach dieser Vorschrift ist es insbesondere Apotheken grundsätzlich untersagt, Zuwendungen und sonstige Werbeabgaben anzubieten, anzukündigen und zu gewähren. Es folgte eine Klage vor dem Landgericht Frankfurt. Das Landgericht wies die Klage auf Unterlassen ab und begründete dies mit einer europarechtskonformen Auslegung des Heilmittelwerbegesetzes, wonach dieses im vorliegenden Fall gar nicht zu Anwendung kommen dürfe. Es berief sich dabei auf ein Urteil des EuGH vom 19. Oktober 2016 (Az. C-148/15), wonach die Preisbindung, die nach deutschem Recht für Apotheken besteht, im grenzüberschreitenden Anwendungsbereich gegen Unionsrecht verstoße.

In zweiter Instanz vor dem Oberlandesgericht gewann die Klägerin jedoch. Die Beklagte Apotheke wurde zur Unterlassung des streitgegenständlichen Gewinnspiels verurteilt.

Werbebanner für Apotheken

II. Das Urteil: Gefahr der unsachlichen Beeinflussung gegeben

Im Gegensatz zum Landgericht sah das Oberlandesgericht in seinem Urteil vom 26.07.2018 (Az. 6 U 112/17), die Auslegung und Anwendung von § 7 HWG durch die EuGH Entscheidung zur Preisbindung nicht beeinflusst. Es argumentierte, dass § 7 HWG nicht die Einhaltung der arzneimittelrechtlichen Preisbindung zum Gegenstand hätte, sondern der primäre Zweck der Regelung darin läge, der Gefahr einer unsachlichen Beeinflussung beim Kauf von Arzneimitteln zu begegnen. Das Reklameverbot werde von den Vorschriften über die Preisbindung des Arzneimittelgesetz (AMG) lediglich verschärft.

Ein Gewinnspiel, das die Teilnahme an die Einsendung eines Rezeptes koppelt, verstoße gegen § 3 UWG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 HWG.

Zweck des Zuwendungsverbotes aus § 7 HWG sei es, eine unsachliche Beeinflussung der Kunden zu verhindern und damit eine mittelbare Gesundheitsgefährdung zu vermeiden.

Bereits die Teilnahmemöglichkeit an dem Gewinnspiel verstoße, so das OLG, gegen das Verbot des § 7 HWG. Die bloße Chance auf einen Gewinn im Wert von 2500 Euro stelle einen Anreiz dar, das Medikament bei der Versandapotheke zu kaufen.

Das Argument der Beklagten, dass der primäre Kaufanreiz bereits durch die Verordnung des Medikamentes gegeben werde, ließ das OLG nicht gelten. Es bestehe die Möglichkeit, dass der Patient sein Rezept, gelockt von dem Gewinnspiel, bevorzugt in der Versandapotheke einlösen werde. Versandapotheken ist es im Gegensatz zu stationären Apotheken jedoch nicht möglich, den Patienten vor Ort individuell zu beraten. Eine Beratung könne nur telefonisch und auf direkte Nachfrage des Patienten erfolgen. Es könne jedoch für den Kunden bedeutsam sein, bei der Einlösung des Rezeptes unaufgefordert beraten zu werden. Welche Beratungsmöglichkeiten dem Kunden zur Verfügung stehen, wäre folglich für die Gesundheit des Kunden relevant und müsse daher von ihm allein, ohne unsachliche Beeinflussung durch Gewinnchancen, getroffen werden.

III. Fazit

Bereits bloße Gewinnchancen können einen wettbewerbswidrigen Kaufanreiz im Rahmen des Zuwendungsverbotes des § 7 HWG darstellen. Der Kunde darf bei seiner Rezepteinlösung nicht unsachlich beeinflusst werden, da die Wahl der Apotheke Einfluss auf seine Gesundheit haben könnte. Versandapotheken sollten insofern dringend von der Durchführung von Gewinnspielen absehen.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Beiträge zum Thema

Gewinnspiel veranstalten – was Sie rechtlich beachten müssen!
(17.12.2024, 08:10 Uhr)
Gewinnspiel veranstalten – was Sie rechtlich beachten müssen!
Frage des Tages: Was ist bei EM-Tippspielen mit Kunden datenschutzrechtlich zu beachten?
(12.06.2024, 14:19 Uhr)
Frage des Tages: Was ist bei EM-Tippspielen mit Kunden datenschutzrechtlich zu beachten?
Abmahnung droht - Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele müssen klar und eindeutig sein!
(14.03.2024, 07:41 Uhr)
Abmahnung droht - Teilnahmebedingungen für Gewinnspiele müssen klar und eindeutig sein!
Hinweis auf Spektrum der Energieeffizienzklassen bei Online-Gewinnspielen erforderlich?
(05.08.2022, 10:23 Uhr)
Hinweis auf Spektrum der Energieeffizienzklassen bei Online-Gewinnspielen erforderlich?
Gewinnspiele: Teilnahmebedingungen müssen schon in der Werbung genannt werden
(29.07.2022, 14:16 Uhr)
Gewinnspiele: Teilnahmebedingungen müssen schon in der Werbung genannt werden
Kopplung Newsletter-Einwilligung und Gewinnspielteilname kann zulässig sein!
(09.11.2021, 15:46 Uhr)
Kopplung Newsletter-Einwilligung und Gewinnspielteilname kann zulässig sein!
Kommentar
verfassen
Ihre Meinung zu unserem Beitrag.
* mit Sternchen gekennzeichnete Felder sind Pflichtfelder

Vielen Dank für Ihren Kommentar

Wir werden diesen nach einer kurzen Prüfung
so schnell wie möglich freigeben.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Ihr Kommentar konnte nicht gespeichert werden!

Bitte versuchen Sie es zu einem späteren Zeitpunkt noch einmal.

Ihre IT-Recht Kanzlei
Vielen Dank!

Fragen oder Anregungen?

Kontaktieren Sie uns:
IT-Recht Kanzlei
Kanzlei Keller-Stoltenhoff, Keller
Alter Messeplatz 2
Tel.: +49 (0)89 / 130 1433-0
Fax: +49 (0)89 / 130 1433-60
E-Mail: info@it-recht-kanzlei.de
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei