OLG Schleswig: Keine Grundpreispflicht für Kerzen
Wenn Händler Waren nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche anbieten oder bewerben, sind sie neben der Angabe des Gesamtpreises auch zur Angabe des Grundpreises (= Preis pro Mengeneinheit) verpflichtet. Seit einem fragwürdigen Urteil des LG Bochum aus dem Jahr 2014 war umstritten, ob auch für Kerzen eine Grundpreispflicht anzunehmen ist. Nun hat sich das OLG Schleswig dazu positioniert und kommt zu einem gegenteiligen Ergebnis. Lesen Sie im Folgenden mehr zur Entscheidung.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Ein Händler hatte sich nach einer Abmahnung per Unterlassungserklärung dazu verpflichtet, die von ihm angebotenen Kerzen künftig nur noch mit Angabe des Grundpreises zu bewerben und anzubieten.
Anlass der ursprünglichen Abmahnung war gewesen, dass der Händler seine Kerzen mit Gewichtsangaben versehen hatte, durch welche der Abmahner die Grundpreisangabepflicht für begründet gehalten hatte.
Auf einen Verstoß gegen die übernommene Unterlassungsverpflichtung hin forderte der Abmahner nun die Zahlung einer Vertragsstrafe.
Nachdem das Landgericht Kiel in erster Instanz der Klage auf Vertragsstrafenzahlung in Teilen entsprochen hatte, begehrte der beklagte Händler im Berufungsverfahren vor dem OLG Schleswig vollständige Klageabweisung.
II. Die Entscheidung
Mit Urteil vom 09.03.2023 (Az: 6 U 36/22) stellte das OLG Schleswig fest, dass keine Verletzung der Unterlassungserklärung vorliege. Beim Angebot von Kerzen sei eine Angabe des Gewichts nicht verpflichtend, und damit auch nicht die Angabe des Grundpreises.
Damit lehnte das OLG Schleswig die Auffassung des LG Bochum ab, welches mit Urteil vom 11.04.2014 (Az: I-12 O 220/13) Kerzen als grundpreispflichtige Waren eingestuft hatte. Die Richter hatten dies damit begründet, dass das Gewicht einer Kerze relevant für die Brenndauer sei.
Dies sah das OLG Schleswig anders. Zwar müsse bei dem Vertrieb von Produkten nach Gewicht, Volumen, Länge oder Fläche grundsätzlich der hierfür ausgerechnete Grundpreis angegeben werden, damit den Verbrauchern die Möglichkeit des Preisvergleiches am Markt ermöglicht werde.
Einschlägig sei die Pflicht bei nach Gewicht abgegebenen Produkten aber nur, wenn das Abgabegewicht maßgeblich für den konkreten Gesamtpreis sei, dieser also in direkt proportionalem Zusammenhang zum Gewicht stehe.
Bei Kerzen finde eine gewichtsbezogene Preisberechnung aber grundsätzlich gerade nicht statt. Vielmehr berechne sich der Gesamtpreis nach abgegebener Menge (Stückzahl).
Bereits deshalb scheide eine Grundpreispflicht aus.
Eine solche könne auch nicht dadurch konstruiert werden, dass ein Anbieter einer Kerze im Einzelfall eine Gewichtsangabe beistelle. Bei einer solchen handele es sich nur um ein Produktmerkmal, das im Einzelfall einem Informationsbedürfnis des Verbrauchers als eines von diversen denkbaren Attributen Rechnung trage.
Im Übrigen können die Angabe des Produktgewichts auch nur deswegen erfolgt sein, um Verbrauchern – etwa bei einem nach Gewicht gestaffelten Versandkostenmodell – einen Aufschluss über die anfallenden Versandkosten zu bieten.
Allein die Angabe eines Gewichts sei deshalb nicht konstitutiv dafür, dass das Produkt auch im Sinne der Grundpreispflicht nach § 4 PAngV nach Gewicht abgegeben werde.
III. Fazit
Nach hier ebenfalls vertretener Ansicht des OLG Schleswig besteht in Angeboten und Werbung für Kerzen keine Pflicht zur Angabe des Grundpreises.
Dies gilt selbst dann, wenn das Produktgewicht der Kerze(n) im Einzelfall im Angebot oder der Werbung angegeben wird.
Eine zum Grundpreis verpflichtende „Abgabe nach Gewicht“ liege nur vor, wenn das Abgabegewicht im direkten Berechnungsverhältnis zum verlangten Gesamtpreis stehe, letzterer also nach Gewicht steige oder falle.
Die Preisberechnung für Kerzen erfolgt aber nicht nach Abgabegewicht, sondern nach Stückzahl.
Mit diesem Urteil positionierte sich das OLG Schleswig gegenteilig zum LG Bochum (Urteil vom 11.02.2014, Az: I-12 O 220/13), welches noch eine Pflicht zur Angabe eines Grundpreises für Kerzen bejaht hatte.
Diese Rechtsauffassung kann dank der aktuellen Entscheidung des OLG Schleswig nun als überholt angesehen werden.
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