OLG München zur Irreführung durch firmeneigenes Bio-Logo
In der EU sind die Produktion und die Vermarktung von ökologischen Lebensmitteln streng reglementiert. Unter anderem wird die physische Kennzeichnung mit dem amtlichen EU-Öko-Logo vorausgesetzt. Vor diesem Hintergrund entschied kürzlich das OLG München, dass ein firmeneigenes Bio-Logo irreführend sein kann, wenn es den Eindruck erweckt, qualitätskontrollbedingt von einer unabhängigen Stelle verliehen worden zu sein.
I. Der Sachverhalt
Die Beklagte bot online auf ihrer Webseite unter anderen Kräutertees an und benutzte dabei ein selbst gestaltetes Logo. In einem begleitenden online-abrufbaren Werbeflyer erklärte sie, dass das Logo die Vorgaben für den ökologischen Landbau gewährleiste und sämtliche Produktbestandteile in einem Labor kontrolliert würden. Beim Bewegen der Maus über das Logo auf der Internetseite wurde per sogenanntem Mouseover der Hinweis „ ……Bio- Qualität“ angezeigt.
Die Wettbewerbszentrale (WBZ) hatte die Werbung mit dem Bio-Logo mit dem Argument als irreführend beanstandet, sie erwecke den unzutreffenden Eindruck, dass es sich um ein von Dritten aufgrund objektiver Vorgaben und Kontrollen vergebenes Siegel handele.
Das abgemahnte Unternehmen hielt dem entgegen, dass das konkret verwendete Bio-Siegel zur Kennzeichnung der betreffenden Produkte verwendet werde und lediglich auf deren Bio-Qualität hinweise.
Eine außergerichtliche Einigung kam nicht zustande, sodass die WBZ Klage auf Unterlassung erhob.
II. Die Entscheidung in erster Instanz
Das Landgericht München I hatte in seinem Urteil vom 26.3.2021 (Az.: 37 O 7730/20) entschieden, dass die gewählte Form der Werbung irreführend sei. Der Verbraucher bringe Gütesiegeln ein größeres Vertrauen entgegen, weil er davon ausgehe, dass diese von Dritten aufgrund objektiver Kriterien und Kontrollen vergeben würden.
Die Verleihung eines Gütesiegels durch einen Dritten sei für den Verbraucher relevant, und das mit dem Siegel verbundene Qualitätsversprechen könne die Kaufentscheidung beeinflussen.
Einem Siegel werde ein anderes Vertrauen entgegengebracht, als einer vom Hersteller oder Vermarkter selbst ausgesprochenen Anpreisung.
III. Die Entscheidung der Berufungsinstanz
Auf die Berufung der Beklagten hin schloss sich das OLG München in seinem Urteil vom 9.12.2021 (Az.: 6 U 1973/21) der Rechtsauffassung des LG München I an und bewertete die beanstandete Online-Werbung mit dem firmeneigenen Bio-Siegel als irreführende Werbung.
Durch diese Art der Anpreisung werde der Eindruck erweckt, dass es sich um ein Gütesiegel handele, das ein Dritter objektiv und nach sachlichen Kriterien vergeben habe. In Wahrheit handele es sich jedoch um ein firmeneigenes Bio-Siegel:
Die angesprochenen Verkehrskreise verstehen das streitgegenständliche Bio-Logo hier nicht als firmeneigenes Logo, sondern als Zeichen dafür, dass ein Dritter das Produkt nach bestimmten Anforderungen geprüft hat (…).
Wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, ergibt sich dies zum einen aus der äußeren Gestaltung und der Größe des Logos. Das Logo hat die Anmutung eines Siegels oder einer Auszeichnung. Dieser Eindruck entsteht dadurch, dass das Bio-Logo eine in sich abgeschlossene Einheit darstellt, die durch die drei Pflanzen im oberen Bereich den Eindruck eines kronenartigen Wappens aufweist. Dieser Eindruck wird durch die Anordnung des Logos in den drei Anlagen unterstützt.
Dort ist das Siegel jeweils in einem Bereich unter der Abbildung des Produkts angeordnet. Dabei ist es räumlich abgesetzt vom Markennamen der Beklagten und von der Produktbezeichnung. Dadurch wird der Eindruck vermittelt, dass es sich um ein unabhängiges Element handelt (…).
Auch die Anordnung des Bio-Logos neben dem EU-Bio-Logo unterstützt, wie bereits ausgeführt, den Eindruck, dass es sich um eine von einem Dritten vergebene Auszeichnung handle.
Das OLG kam zu der Schlussfolgerung, dass eine Irreführung der Verbraucher vorliege, die einen Wettbewerbsverstoß begründe.
Das Urteil ist rechtskräftig. Die Revision wurde nicht zugelassen. Damit darf das Unternehmen im Rahmen seines werblichen Internet-Auftritts das verwendete Bio-Logo für u.a. Kräutertees ohne aufklärenden Hinweis nicht mehr verwenden.
Tipp: Welche Anforderungen im Handel bei der Verwendung von Bio-Begriffen, -siegeln und anderen Elementen zu berücksichtigen sind, zeigt die IT-Recht Kanzlei in diesem Beitrag.
IV. Fazit
Die Verwendung von firmeneigenen Gütesiegeln zu Werbezwecken kann wettbewerbsrechtlich problematisch werden.
Der Vorwurf der irreführenden Werbung wird erhoben, wenn nicht hinreichend deutlich wird – etwa durch Hinzufügen entsprechender klarstellender Hinweise –, dass das Gütesiegel nicht von Dritten aufgrund konkreter Vorgaben und Kontrollen vergeben wurde.
Insbesondere auf dem Gebiet ökologisch produzierter Waren, für die ein gesetzliches EU-Logo existiert, ist die Verwendung eigener zusätzlicher Siegel und Graphiken risikobehaftet.
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