OLG München: Datenschutzerklärungen sind urheberrechtlich schutzfähig
Das Vorhalten von Rechtstexten, wie etwa einer korrekten Datenschutzerklärung, ist Pflicht für geschäftliche Internetauftritte. Mancher Webseiten- oder Shopbetreiber macht es sich ganz besonderes einfach, und kopiert schlicht fremde Rechtstexte. Andere nutzen kostenfreie Muster ohne Quellenhinweis. Warum dies nicht die beste Idee ist, zeigt eine Entscheidung des OLG München.
Worum geht es?
Wer eine geschäftliche Präsentationswebseite im Internet betreibt, der muss Rechtstexte in Form von Impressum und Datenschutzerklärung auf der Webseite vorhalten, um rechtssicher agieren und Abmahnungen vermeiden zu können.
Wer über seine Webseite bzw. seinen Shop auch verkauft, benötigt zudem noch AGB mit Kundeninformationen sowie eine Widerrufsbelehrung. Selbes Spiel auf Verkaufsplattformen wie Amazon oder eBay.
Die Korrektheit und Aktualität der Rechtstexte ist nicht nur wichtig, um gegenüber den Vertragspartnern die gesetzlichen Informationspflichten vollständig zu erfüllen und die geschlossenen Verträge auf ein stabiles, rechtliches Fundament zu stellen.
Fehlende, inhaltliche falsche oder schlicht veraltete Rechtstexte begründen zudem in aller Regel eine konkrete Abmahngefahr.
Hier können dann Mitbewerber oder Abmahnverbände tätig werden, und lästige Abmahnungen aussprechen. Bei Defiziten in der Datenschutzerklärung kann zudem die zuständige Datenschutzbehörde „anklopfen“, den Betroffenen anhören und anschließend aufsichtliche Maßnahmen verhängen.
Obwohl Rechtstexte damit zum wichtigsten Handwerkszeug eines Webseitenbetreibers bzw. Online-Händlers überhaupt gehören, wird in der Praxis von manchem kurzer Prozess gemacht:
Man sucht sich eine vergleichbare Webseite, kopiert Datenschutzerklärung, AGB oder Widerrufsbelehrung, passt die persönlichen Daten an und packt die „geklauten“ Texte auf die eigene Webseite.
Nicht nur, dass bei einer solchen Texteübernahme die Texte inhaltlich in aller Regel gar nicht (vollständig) zu den Begebenheiten auf der eigenen Webseite passen.
Vielmehr begeht der Übernehmende regelmäßig eine Urheberrechtverletzung, was zu teuren Konsequenzen führen kann, wie ein aktueller Fall zeigt, der es bis vor das OLG München schaffte.
Was hat das OLG München entschieden?
Dass die Übernahme eines „fremden“ Rechtstextes keine gute Idee ist, muss nun der Beklagte in einem Urheberrechtsstreit erfahren, in welchem nun das OLG München das letzte Wort hatte.
Verkürzt dargestellt, stritt sich ein österreichischer Anbieter von Rechtstexten mit dem Betreiber einer Webseite.
Der klagende Anbieter stellte ein kostenloses Muster für eine Datenschutzerklärung zur Verfügung, knüpfte das Nutzungsrecht jedoch daran, dass der Beklagte auf seiner Webseite einen Quellenhinweis bei der Datenschutzerklärung tätigt, der auf die Webseite des Klägers verlinkt.
Klares Motiv: Der klagende Anbieter möchte, dass der Webseitenbetreiber für ihn kostenlose Werbung macht.
Dieser Quellenhinweis fehlte. So kam es, wie es kommen musste: Der Anbieter verlangte eine Lizenzgebühr, da er die Datenschutzerklärung ohne Nennung des klickbaren Quellenhinweises nur gegen ein Entgelt anbietet.
Der Webseitenbetreiber wollte das teure Angebot auf Nachlizenzierung nicht annehmen. So landete der Fall vor Gericht.
Das OLG München bestätigte nun die Vorinstanz darin, dass eine Datenschutzerklärung in aller Regel urheberrechtlichen Schutz genießt, ähnlich einem literarischen Werk. Es kann sich bei Datenschutzerklärungen im Sinne von Art. 12 Abs. 1 Satz 1 DSGVO nach den Umständen des Einzelfalls um ein Werk im Sinne von § 2 Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2 UrhG handeln.
Damit ist eine ungefragte Übernahme („Texteklau“) in Bezug auf eine Datenschutzerklärung ebenso wenig zulässig wie die gestattete Übernahme unter der Bedingung, einen Quellenhinweis zu nennen, wenn dieser dann nicht erfolgt.
Vorsicht bei Texteübernahme und „kostenlosen“ Angeboten
Die Entscheidung des OLG München verdeutlicht nochmals, dass das Kopieren fremder Rechtstexte in aller Regel eine Urheberrechtsverletzung darstellt und für den „Textedieb“ häufig zu unangenehmen Konsequenzen wie Abmahnung, Inanspruchnahme auf Unterlassung und Schadenersatz führt.
Dies gilt übrigens nicht nur in Bezug auf die Datenschutzerklärung, sondern natürlich auch für AGB.
Doch in der Praxis muss es gar nicht ein „Texteklau“ sein, der zu Problemen führt:
Vorsicht ist auch dann angeboten, wenn Muster bzw. Vorlagen für Rechtstexte kostenlos angeboten werden. Meist versteckt sich dann im Kleingedruckten, dass bestimmte „Auflagen“ zu erfüllen sind, wie etwa die zwingende Nennung der Quelle, meist samt anklickbarer Verlinkung.
Der hier klagende Anbieter aus Österreich ist bereits bekannt für seine massenweise versandten Nachlizenzierungsforderungen bzw. vielfachen Abmahnschreiben. So entstehen dem Nutzer der „kostenlosen“ Datenschutzerklärung im Nachgang schnell Kosten von knapp 300 Euro für eine zu erwerbende Lizenz bis hin zu Abmahnkosten von über 700 Euro. Geht es dann vor Gericht, wird es nochmals deutlich teurer.
Fazit
Rechtstexteklau ist generell keine gute Idee.
Aber es macht nicht immer nur der Texteklau Probleme:
Bei vermeintlich kostenlosen Angeboten gilt: Niemand hat etwas zu verschenken!
Hier muss vor einer Inanspruchnahme genau geprüft werden, welche Bedingungen der Anbieter der Rechtstexte zur kostenfreien Nutzung macht. Diese Auflagen müssen dann unbedingt erfüllt werden, um teure Nachforderungen zu verhindern.
Im Übrigen muss bei kostenlosen Angeboten auch darauf geachtet werden, ob die angebotenen Texte überhaupt rechtssicher gestaltet sind.
Die Anbieter kostenloser Muster und Vorlagen schließen in aller Regel jegliche Haftung aus (so dass ihnen völlig egal sein kann, wenn der Nutzer des „falschen“ Rechtstexte hinterher abgemahnt wird und einen finanziellen Schaden erleidet). Dementsprechend wenig „Herzblut“ fließt oft in die Gestaltung der Rechtstexte.
Wichtig ist in den schnelllebigen Rechtsgebieten, die den Rechtsrahmen für den Ecommerce bilden zudem, dass die Rechtstexte stets auf dem aktuellen Stand gehalten werden und der Nutzer alle relevanten Besonderheiten seines Geschäftsmodells sowie alle von ihm genutzten Dienste, Anbieter und Tools z.B. auch in der Datenschutzerklärung korrekt abbilden kann.
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