OLG Köln: Einmalige unzulässige E-Mail-Werbung begründet Dringlichkeit für einstweilige Verfügung

OLG Köln: Einmalige unzulässige E-Mail-Werbung begründet Dringlichkeit für einstweilige Verfügung
11.06.2021 | Lesezeit: 5 min

Laut § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt Werbung mittels E-Mail und Fax eine unzumutbare Belästigung dar, wenn zuvor nicht die ausdrückliche Einwilligung des betroffenen Empfängers dafür eingeholt wurde. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich beim Adressaten um eine Privatperson oder ein Unternehmen handelt. Die Entscheidung des OLG Köln vom 12.04.2021 (Az.: 15 W 18/21) bestätigt diesen Grundsatz und zeigt, dass eine einmalige unzulässige Zusendung von Werbung per E-Mail oder Fax sogar die Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung gegen den Versender begründet. Lesen Sie mehr zur Entscheidung in unserem Beitrag.

I. Der Sachverhalt


Die Antragsgegnerin versendete an den Antragssteller E-Mail-Werbung. Das Einverständnis des Antragsstellers dafür wurde vorher nicht eingeholt.

Der Antragssteller mahnte hierauf hin die Antragsgegnerin ab. Die Antragsgegnerin reagierte nicht auf diese Abmahnung.

Rund drei Wochen später erhielt der Antragssteller am 04.03.2021 nochmals eine unverlangte Werbesendung der Antragsgegnerin, diesmal per Fax. Daraufhin beantragte der Antragssteller beim Landgericht Köln den Erlass einer einstweiligen Verfügung gegen die Antragsgegnerin.

Der gestellte Antrag wurde in erster Instanz zurückgewiesen. Nach Ansicht des LG Köln sie zwar ein Verfügungsanspruch gegeben, es fehle aber an einem Verfügungsgrund.

Was ist der Verfügungsgrund im einstweiligen Rechtsschutz?

Ein Verfügungsgrund besteht, wenn der Erlass einer einstweiligen Verfügung zur Abwendung einer Gefährdung der Gläubigerinteressen notwendig ist. Es müssen Umstände bestehen, die nach dem objektiven Urteil eines vernünftigen Menschen befürchten lassen, dass die Verwirklichung des Individualanspruchs durch bevorstehende Veränderung des bestehenden Zustandes gefährdet ist (Dringlichkeit).

Gegen den Beschluss des LG Köln legte der Antragssteller sofortige Beschwerde beim Oberlandesgericht Köln ein.

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II. Hintergrundwissen: Die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbung mittels elektronischer Post

§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG regelt die wettbewerbsrechtliche Zulässigkeit von Werbung per E-Mail und Fax.

Danach ist jede Werbung unter Verwendung eines Faxgerätes oder elektronischer Post ohne vorherige ausdrückliche Einwilligung des Empfängers eine unzumutbare Belästigung.

Eine Ausnahme sieht das Gesetz in § 7 Abs. 3 UWG ausschließlich für die sog. Bestandskundenwerbung vor.

Innerhalb existierender Kundenbeziehungen (= Bestandskunden) ist es den Online-Händlern möglich, für den Verkauf eigener ähnlicher Produkte mittels E-Mail zu werben, ohne die Einwilligung des Kunden eingeholt zu haben.

Die Ausnahmevorschrift des § 7 Abs. 3 UWG setzt allerdings voraus, dass

  • ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
  • der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
  • der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
  • der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Weiterführende Informationen zum Thema „Bestandskundenwerbung per E-Mail“ erhalten Sie in unserem Beitrag „ E-Mail-Marketing in Zeiten der DSGVO - wie agiert man rechtssicher? Ein Leitfaden“.

III. Die Entscheidung des OLG Köln


Das OLG Köln änderte mit Beschluss vom 12.04.2021 (Az.: 15 W 18/21) den Beschluss des LG Köln vom 16.03.2021 (Az.: 28 O 84/21) ab.

Das OLG Köln ordnete im Wege der einstweiligen Verfügung an, dass der Antragsgegnerin untersagt wird, im geschäftlichen Verkehr E-Mail-Werbung ohne vorheriges Einverständnis zu versenden.

Die Voraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Verfügung liegen vor, da sowohl ein Verfügungsanspruch als auch ein Verfügungsgrund gegeben seien.

Dem Antragssteller stehe der geltend gemachte Unterlassungsanspruch aus §§ 823 Abs. 1, 1004 Abs. 1 S. 2 analog BGB zu. Die übersandte Werbe-E-Mail vom 21.02.2021 stelle einen rechtswidrigen Eingriff in den eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb des Antragstellers dar. Der Antragssteller habe glaubhaft vorgetragen, der Antragsgegnerin für die Übersendung von Werbemails keine Einwilligung erteilt zu haben. Der Abmahnung durch den Antragsteller sei die Antragsgegnerin nicht entgegengetreten.

Das OLG Köln bejahte in seinem Beschluss auch das Vorliegen eines Verfügungsgrundes gemäß §§ 935, 940 ZPO. Der Erlass der einstweiligen Verfügung sei für den effektiven Rechtsschutz des Antragsstellers geboten, auch wenn dieser kein Mitbewerber im Sinne des § 2 Abs. 1 Nr. 3 UWG der Antragsgegnerin sei und ihm kein Unterlassungsanspruch aus §§ 3, 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG zustehe. Deshalb könne sich der Antragssteller auch nicht auf die Dringlichkeitsvermutung des § 12 Abs. 1 UWG berufen.

Bei der Abwägung der gegenseitigen Interessen von Antragsteller und Antragsgegnerin hat das OLG das verletzte Recht des Antragstellers am eingerichteten und ausgebübten Gewerbebetrieb mit einbezogen.
Das Vorgehen des Antragsstellers im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes sei nicht unverhältnismäßig. Zwar sei die Beeinträchtigung des Antragstellers, durch den Erhalt einer einzigen Werbemail und eines weiteren Werbe-Fax, bisher verhältnismäßig gering ausgefallen.

Jedoch sei die Gefahr künftiger Belästigungen gegeben und von der Antragsgegnerin auch nicht durch Abgabe einer Unterlassungserklärung ausgeräumt worden.

Das Löschen der Werbe-E-Mail und die Entsorgung des Werbe-Fax stelle aufgrund der technischen Möglichkeiten keinen großen Aufwand für den Antragsteller dar. Die tägliche Sichtung von Mail- und Faxeingang begründe aber seinerseits eine weitere Beeinträchtigung des Rechts am eingerichteten und ausgeübten Gewerbetrieb des Antragsstellers.

Der Antragssteller würde damit verpflichtet, sein Personal zur Löschung ungewollter Werbemails anzuhalten. Er müsse das Risiko von Fehlern bei der Entsorgung tragen und letztlich verbleibe ihm der Aufwand von Sachmitteln.

Ein schutzwürdiges Interesse der Antragsgegnerin, welches gegen den Erlass der einstweiligen Verfügung spreche, sei nicht gegeben. Die Antragsgegnerin habe nicht auf die Abmahnung des Antragstellers reagiert, sondern diesem vielmehr noch eine weitere Werbung ohne Einwilligung per Fax zukommen lassen.

IV. Fazit


Die Entscheidung des OLG Köln vom 12.04.2021 (Az.: 15 W 18/21) zeigt, dass werbende Online-Händler bei unverlangt zugesendeten Werbemails nicht nur mit außergerichtlichen Abmahnungen rechnen müssen.

Bereits eine einmalige unzulässig zugesandte Werbung per E-Mail oder per Fax begründet nach Auffassung des OLG Köln die Dringlichkeit für eine einstweilige Verfügung, um einen gerichtlichen Verbotstitel gegenüber dem Versender zu erlassen.

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