Irreführende Werbung auf Google Shopping: Haftung für falsche Preisangaben

Irreführende Werbung auf Google Shopping: Haftung für falsche Preisangaben
6 min
Beitrag vom: 17.04.2025

Das OLG Hamm hat entschieden, dass Online-Händler für irreführende Preisangaben auf Google-Shopping haften, auch wenn die Irreführung eventuell durch Google verursacht wurde. Lesen Sie die Begründung in diesem Beitrag.

Was war passiert?

Die Beklagte bewarb im Oktober 2023 auf der von Google betriebenen Shopping-Seite die Herrenarmbanduhr „Q.“ zu einem Preis von 398,00 EUR, obwohl die Uhr zu diesem Zeitpunkt längst nicht mehr lieferbar und auch zu keinem Zeitpunkt zuvor zu diesem Preis erhältlich war.

Die Wettbewerbszentrale erhob nach erfolgter Abmahnung hin Klage wegen irreführender Werbung, da Verbraucher durch die Angabe in die Irre geführt werden könnten.

Irreführende Werbung im Sinne des UWG

Nach Auffassung des OLG Hamm (Beschluss vom 25.11.2024 - Az.: I-4 U 87/24) haftet die Beklagte für die angegriffene, irreführende Werbung, welche eine objektiv unwahre Angabe über das beworbene Produkt enthalte. Dabei kommt es nach § 5 Abs. 1 UWG nicht darauf an, ob die Angabe tatsächlich zur Täuschung geeignet ist. Es genügt, dass die Angabe objektiv unwahr ist.

Darüber hinaus muss die Werbung die von § 5 Abs. 1 UWG geforderte Marktrelevanz aufweisen. Dies bedeutet, dass die irreführende Angabe geeignet war, den Verbraucher zu einer Entscheidung zu veranlassen, die er ohne die Fehlinformation nicht getroffen hätte.

Die Entscheidung, zu der die Irreführung führen muss, umfasst nicht nur den Kauf oder Nichtkauf eines Produkts, sondern auch alle damit zusammenhängenden Vorentscheidungen. Dies kann beispielsweise das Betreten eines Geschäfts oder das Aufsuchen eines Online-Shops sein. Der Begriff der "geschäftlichen Entscheidung" ist nach der Rechtsprechung des EuGH weit auszulegen und umfasst auch Anreizeffekte, die nicht notwendigerweise zu einem Kauf führen, die der Verbraucher aber in seinen Entscheidungsprozess einbezieht.

Insbesondere der Preis und die Verfügbarkeit eines Produktes sind zentrale Merkmale, die den Kaufentscheidungsprozess maßgeblich beeinflussen können. Eine unrichtige Angabe zu diesen Punkten ist daher stets wettbewerbsrelevant. Das Gericht bejahte daher einen Verstoß der Beklagten gegen §§ 3 Abs. 1, 5 Abs. 1 und 2 UWG i.V.m. § 8 Abs. 1 und 2 UWG.

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Hintergrund zur Beauftragtenhaftung (§ 8 Abs. 2 UWG)

Nach § 8 Abs. 2 UWG haftet ein Unternehmen auch für Wettbewerbsverstöße, die nicht von ihm selbst, sondern von seinen Mitarbeitern oder Beauftragten begangen werden. Nach Auffassung des Gerichts haftet die Beklagte im vorliegenden Fall für die fehlerhafte Werbeanzeige von Google, da Google als ihr „Beauftragter“ gehandelt habe.

Beauftragter im Sinne dieser Vorschrift ist jede Person oder jedes Unternehmen, die bzw. das für einen anderen tätig wird und dabei in dessen Betriebsorganisation so eingegliedert ist, dass der Erfolg ihrer bzw. seiner Tätigkeit dem Auftraggeber zugute kommt. Darüber hinaus muss dem Unternehmen ein bestimmender Einfluss auf die Tätigkeit des Beauftragten eingeräumt werden. Dabei kommt es nicht darauf an, ob der Auftraggeber diesen Einfluss im Einzelfall tatsächlich ausgeübt hat. Entscheidend ist, dass er sich diesen Einfluss sichern konnte und musste.

Dies hat zur Folge, dass der Unternehmer für die Handlungen seiner Beauftragten auch dann haftet, wenn er von den Verstößen keine Kenntnis hatte oder diese sogar gegen seinen Willen erfolgten. Die Regelung stellt sicher, dass sich der Unternehmer nicht hinter seinen Beauftragten verstecken kann, sondern auch für deren Fehler verantwortlich bleibt. Diese „Erfolgshaftung“ greift insbesondere dann ein, wenn eine rein deliktische Haftung oder eine vertragliche Haftung des Unternehmers nach § 823 BGB nicht eingreift, etwa weil Entlastungsmöglichkeiten bestehen.

Die Vorschrift stellt sicher, dass Unternehmer, die ihr Unternehmen durch Mitarbeiter oder externe Dienstleister erweitern, auch die Verantwortung für deren Handeln übernehmen und das Risiko von Wettbewerbsverstößen tragen.

Haftung der Beklagten für Googles Preisanzeige

Im vorliegenden Fall sah das Gericht Google als Beauftragten der Beklagten im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG an. Zwischen der Beklagten und Google bestand ein Vertrag, durch den sich Google verpflichtete, die Produkte der Beklagten im Rahmen des Google AdWords-Programms zu bewerben.

Google wurde also aufgrund einer vertraglichen Vereinbarung für die Beklagte tätig. Diese Tätigkeit diente dem Absatz der Produkte der Beklagten und lag damit in deren wirtschaftlichem Interesse. Google war auch in gewissem Umfang in den Geschäftsbetrieb der Beklagten eingebunden, insbesondere weil der Erfolg der Google-Werbung unmittelbar der Beklagten zugute kam: Eine größere Reichweite bei Google Shopping bedeute auch eine größere Sichtbarkeit für die eigenen Produkte.

Entscheidend war nach Ansicht des Gerichts, dass die Beklagte - trotz der automatisierten Abläufe bei Google - die Werbetätigkeit maßgeblich beeinflussen konnte. Sie stellte Google die Produktdaten zur Verfügung, die Google zur Generierung von Anzeigen verwendete. Die Übermittlung erfolgte über eine Schnittstelle, auf deren Inhalt die Beklagte vollen Zugriff hatte. Sie bestimmte daher selbst, welche Produkte mit welchen Informationen zu welchen Konditionen beworben wurden.

Zwar hatte die Beklagte keinen Einfluss auf die technischen Algorithmen von Google, doch war dies nach Ansicht des Gerichts unerheblich. Entscheidend war, dass sie durch Änderung oder Löschung der von ihr zur Verfügung gestellten Daten unmittelbar Einfluss auf das Erscheinen der Werbung bei Google nehmen konnte. Dies wurde auch dadurch bestätigt, dass die Beklagte im Streitfall selbst durch einen Klick auf ihrer Plattform und das Leeren des Caches dafür sorgte, dass das falsch bepreiste Produkt nicht mehr bei Google Shopping angezeigt worden ist.

Diese Beurteilung hat zur Rechtsfolge, dass Google im Rahmen dieser Kooperation als Beauftragter der Beklagten im Sinne von § 8 Abs. 2 UWG anzusehen ist. Ein solcher Beauftragter kann wettbewerbsrechtlich gerade nicht als außenstehender Dritter angesehen werden. Die Beklagte hafte daher für Wettbewerbsverstöße, die durch fehlerhafte Preisangaben bei Google Shopping verursacht werden, auch wenn diese durch eine automatisierte Datenverarbeitung bei Google verursacht wurden.

Entscheidend war, dass die Händlerin die inhaltliche Kontrolle über die bereitgestellten Produktdaten behält und damit unmittelbaren Einfluss auf die ausgelieferte Werbung nehmen kann.

Kurzum: Händler haften für das Handeln des Beauftragten im Sinne des § 8 Abs. 2 UWG wie für eigenes Handeln.

Fazit

Die Entscheidung des OLG Hamm zeigt, dass Händler für irreführende Preisangaben in Google Shopping haften, auch wenn diese durch automatisierte Datenübermittlung zustande gekommen sind. Händler sollten daher sicherstellen, dass die übermittelten Produktdaten stets korrekt und aktuell sind. Das bedeutet, dass sie die Daten und die damit verbundenen Werbeanzeigen regelmäßig überprüfen müssen, auch wenn sie automatisierte Systeme nutzen.

Besonders wichtig ist es, die Kontrolle über die bereitgestellten Informationen zu behalten und bei fehlerhaften Daten sofort einzugreifen, um wettbewerbsrechtliche Risiken zu minimieren. Eine regelmäßige Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Schnittstellen zu Plattformen wie Google Shopping ist dringend zu empfehlen.

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Bildquelle: Poetra.RH / shutterstock.com

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