Keine Speicherbarkeit der AGB = Verstoß gegen Informationspflicht!
Das OLG Frankfurt am Main hat sich mit der Frage beschäftigt, wann die Informationspflicht gemäß § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB verletzt ist. Nach dieser Vorschrift müssen Online-Händler ihren Kunden die Möglichkeit verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der AGB bei Vertragsschluss abrufen und in wiedergabefähiger Form speichern zu können. Wie können Online-Händler dieser Pflicht nachkommen?
Worum geht es?
Online-Händler haben eine Vielzahl an Informationspflichten zu erfüllen. Die einschlägigen Vorschriften zur Beachtung der Pflichtinformationen finden sich im Wesentlichen in §§ 312c bis 312j BGB und in Art. 246a und 246c des Einführungsgesetzes zum BGB (kurz: EGBGB).
Für die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main ist vor allem die Informationspflicht in § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB von Interesse, diese lautet wie folgt:
(1) Bedient sich ein Unternehmer zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien (Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr), hat er dem Kunden
(…)
4. die Möglichkeit zu verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der Allgemeinen Geschäftsbedingungen bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. [Hervorhebung durch den Zitierenden]
Den Online-Händler trifft daher die Pflicht, seine Online-Verkaufspräsenz so zu gestalten, dass die Vertragsbestimmungen (einschließlich der AGB) in einer wiedergabefähigen Form gespeichert werden können.
Ohne Medienbruch soll der Kunde die Vertragsbestimmungen dokumentieren können, das heißt in elektronischer Form. Sinn und Zweck der Vorschrift ist es, dem Kunden angesichts der Flüchtigkeit und Schnelllebigkeit des Internets eine Speichermöglichkeit der Vertragsdokumente zu schaffen.
Lesetipp: Wenn Sie mehr zum Thema Informationspflichten im Fernabsatz wissen möchten, dürfen wir Ihnen unseren Beitrag "Was müssen Online-Händler bei der Gestaltung des Bestellvorgangs beachten?" zur Lektüre empfehlen!
Was war im Fall des OLG Frankfurt am Main geschehen?
Bis vor das OLG Frankfurt am Main stritten sich ein Bio-Landwirt und eine Online-Händlerin für Müslimischungen.
Der Bio-Landwirt warf der Online-Händlerin unter anderem vor, dass dem Kunden im Online-Shop nicht die Möglichkeit eröffnet worden sei, die AGB in wiedergabefähiger Form speichern zu können.
Die Online-Händlerin verteidigte sich gegen den Vorwurf mit dem Argument, dass per Link die Möglichkeit bestanden habe, auf die AGB zuzugreifen. Zudem hätten Kunden eine Bestellbestätigung erhalten, die den Vertrag wiedergaben.
Wie hat das Gericht entschieden?
Das OLG Frankfurt entschied, dass eine bloße Zugriffsmöglichkeit auf die Vertragsdokumente nicht ausreiche, um der Informationspflicht zu genügen.
Auch die angeführte Möglichkeit, der Kunde könne ja über die Speicherfunktion seines Browsers die komplette Website speichern, genüge zur Wahrung der Informationspflicht ebenfalls nicht.
Grund hierfür sei, dass es sich hierbei gerade nicht um eine vom Verkäufer verschaffte Möglichkeit zur Speicherung der Vertragsdokumente handle. Das Gericht führte hierzu aus:
"(…) Gemäß § 312i Nr. 4 BGB müssen Unternehmer, die sich zum Zwecke des Abschlusses eines Vertrags über die Lieferung von Waren oder über die Erbringung von Dienstleistungen der Telemedien bedienen, ihren Kunden die Möglichkeit verschaffen, die Vertragsbestimmungen einschließlich der AGB bei Vertragsschluss abzurufen und in wiedergabefähiger Form zu speichern. (…) Der Geschäftsführer der Antragsgegnerin hat demgegenüber eidesstattlich versichert, zum 20.10.2020 habe per Link die Möglichkeit bestanden, auf die AGB „zuzugreifen“ (…). Außerdem hätten Kunden eine Bestellbestätigung erhalten, die den Vertrag wiedergab (…). Die Möglichkeit, auf die Vertragsdokumente „zuzugreifen“ genügt nicht. Es muss die Möglichkeit bestehen, sie in wiedergabefähiger Form zu speichern. Die von der Antragsgegnerin angeführte Möglichkeit, der Kunde könne ja über die Speicherfunktion seines Browsers die komplette Website speichern, genügt ebenfalls nicht. Hierbei handelt es sich gerade nicht um eine vom Verkäufer verschaffte Speichermöglichkeit."
Welche Konsequenzen hat die Entscheidung für Online-Händler?
Zunächst bleibt festzuhalten, dass die Entscheidung des OLG Frankfurt am Main keine höchstrichterliche Entscheidung darstellt. Es kann daher durchaus sein, dass andere Gerichte eine andere Auffassung vertreten werden.
Ein anderes Gericht könnte in dieser streitigen Frage die Position einnehmen, dass eine Speichermöglichkeit im Sinne des § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB auch dann gegeben ist, wenn eine Browser-Speicherfunktion zur Sicherung der gesamten Unterseite vorgenommen werden kann.
Auch könnte man argumentieren, dass eine andere Speichermöglichkeit vom Gesetzgeber nicht zwingend intendiert gewesen ist.
Rat: Online-Händler, die auf Nummer sicher gehen wollen, sollten allerdings eine gesonderte Speichermöglichkeit schaffen, damit Kunden die Vertragsdokumente in einer wiedergabefähigen Form speichern können.
Anders als bei den Informationspflichten in Textform besteht bei § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB keine „Bringschuld“ des Online-Händlers. Ein einfach ersichtlicher Download-Button im räumlichen Zusammenhang mit den dargestellten AGB sowie beim abschließenden Warenkorb reichen aus, um die Vorgaben aus § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB zu erfüllen.
Es wird zudem die Meinung vertreten, dass es eine unzureichende Lösung darstelle, nach der der Verbraucher den Text über die allgemeinen Befehle "Markieren" und "Kopieren" und anschließendem Einfügen in ein Textverarbeitungsprogramm faktisch herunterladen und speichern kann.
Hierbei wird als Begründung vorgebracht, dass der Online-Händler in diesem Fall selbst nichts zur Verfügung stellen würde, sondern lediglich auf die Findigkeit und die technisch vorhandenden Möglichkeiten seines Kunden vertraue.
Problematisch stellt sich die Wahrung der Informationspflicht auf Verkaufsplattformen (Marktplätzen) dar. Bei den meisten Verkaufsplattformen ist eine Speichermöglichkeit der AGB nicht plattformseitig bereitgestellt, Online-Händler haben hier zudem keine Möglichkeit auf die technische Ausgestaltung der Plattform.
In diesen Fällen liegt es an den Marktplätzen, die infrastrukturellen Voraussetzungen zu schaffen, damit Online-Händler ihren Informationspflichten genügen können.
Fazit
Oftmals geben unterlassene oder fehlerhafte Informationspflichten im Fernabsatz Anlass für Abmahnungen. Eine spezielle Informationspflicht stellt die Vorgabe in § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB dar, nach der ein Online-Händler seinen Kunden die Möglichkeit verschaffen muss, die Vertragsbestimmungen einschließlich der AGB bei Vertragsschluss abrufen und in wiedergabefähiger Form speichern zu können. Wer auf Nummer sicher gehen möchte, sollte in seinem Online-Shop die Möglichkeit einer solchen Speichermöglichkeit eröffnen.
Ein einfach ersichtlicher Download-Button im räumlichen Zusammenhang mit den dargestellten AGB sowie beim abschließenden Warenkorb reichen aus, um die Vorgaben aus § 312i Abs. 1 Nr. 4 BGB zu erfüllen.
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Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Fauzi Muda / shutterstock.com
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