OLG Frankfurt a.M.: Google-Ads-Anzeige für E-Zigarettenmarke verstößt nicht gegen Tabak-Werbeverbot
Um einer Ausbreitung des Tabakkonsums in der Bevölkerung entgegenzuwirken und einer Verharmlosung der bestehenden gesundheitlichen Risiken vorzubeugen, ist die Werbung für Tabakerzeugnisse, auch E-Zigaretten, gesetzlich streng reguliert. Auch die Werbung im Internet ist grundsätzlich untersagt. Mit einem nun bekannt gewordenen Urteil vom 07.11.2019 (Az.: 6 U 92/19) hat das OLG Frankfurt a.M. das Internet-Werbeverbot allerdings einschränkend ausgelegt und entschieden, dass die Werbung mit einer E-Zigarettenmarke in einer Google-Adwords-Anzeige keinen verboten Werbetatbestand erfülle. Lesen Sie nachfolgend mehr zur Entscheidung.
Inhaltsverzeichnis
I. Sachverhalt
Der Antragsteller, ein Zusammenschluss von Herstellern und Händlern von elektrischen Zigaretten und Zubehör, beantragte nach erfolgloser Abmahnung im Wege der einstweiligen Verfügung die Untersagung der Werbung für eine E-Zigarettenmarke per Google-Adwords-Anzeige, die von amazon.de als Antragsgegnerin geschaltet wurde.
Nach Eingabe der Zigarettenmarke als Suchbegriff bei Google erschien in der Trefferliste an erster Stelle eine von amazon.de in Auftrag gegebene Anzeige, welche die Zigarettenmarke wörtlich nannte und auf das Amazon-Angebot verlinkte.
Der Antragsteller sah hierin einen Verstoß gegen das (auch für E-Zigaretten geltende) Werbeverbot des § 19 Tabakerzeugnisgesetz (TabakerzG):
§ 19 TabakerzG: Werbeverbot
(1) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter im Hörfunk zu werben.
(2) Es ist verboten, für Tabakerzeugnisse, elektronische Zigaretten oder Nachfüllbehälter in der Presse oder in einer anderen gedruckten Veröffentlichung zu werben. Abweichend von Satz 1 darf in einer gedruckten Veröffentlichung geworben werden,
1. die ausschließlich für im Handel mit Tabakerzeugnissen oder elektronischen Zigaretten oder Nachfüllbehältern tätige Personen bestimmt ist,
2. die in einem Staat, der kein Mitgliedstaat der Europäischen Union ist, gedruckt und herausgegeben wird, sofern diese Veröffentlichung nicht hauptsächlich für den Markt in der Europäischen Union bestimmt ist.
(3) Absatz 2 gilt für die Werbung in Diensten der Informationsgesellschaft entsprechend.
Nachdem das angerufene Landgericht die Verfügung erlassen und diese auf den Widerspruch der Antragsgegnerin bestätigt hatte, legte letztere gegen das Urteil Berufung zum OLG Frankfurt a.M. ein.
II. Die Entscheidung
Das OLG Frankfurt a.M. schloss sich in seinem Urteil vom 07.11.2019 (Az.: 6 U 92/19) der Rechtsauffassung der Antragstellerin an, verneinte einen Verstoß gegen das Tabak-Werbeverbot und hob die einstweilige Verfügung auf.
Zwar gelte das Tabakwerbeverbot gemäß § 19 Abs. 3 TabakerzG grundsätzlich auch und insbesondere für die Werbung im Internet.
Allerdings sei bei der Anzeige der Zigarettenmarke in Google Adwords der tabakrechtliche Begriff der Werbung nicht erfüllt.
„Werbung“ sei gemäß § 2 Nr. 5 TabakerzG jede Art kommerzieller Kommunikation mit dem Ziel oder mit der direkten oder indirekten Wirkung, den Verkauf eines Erzeugnisses zu fördern.
Bei der Anwendung dieses Werbebegriffs sei nun aber zu beachten, dass das TabakerzG gerade kein Vertriebsverbot für Tabakerzeugnisse begründe. Vielmehr dürfen Tabakerzeugnisse nach ausdrücklicher gesetzgeberischer Intention online sowie offline angeboten werden – auch unter Nennung der Marke.
Logische Konsequenz eines Online-Angebotes sei es aber, dass bei Eingabe eines tabakbezogenen Suchbegriffs in eine Suchmaschine Ergebnisse zu Tabakangeboten erscheinen und mit den jeweiligen Angeboten verlinkt seien.
Für eine Google-Werbeanzeige könne insofern nicht anderes gelten. Diese sei rechtlich eine Verlängerung des Angebots in Form einer Suchmaschinenlistung und keine tatbestandliche Tabakwerbung.
Dies lasse sich aus damit begründen, dass bei Anzeige einer E-Zigarettenmarke in Google Adwords das Interesse von Suchenden an der Marke nicht originär geweckt werden könne. Vielmehr lenke der Treffer das bei Eingabe der Marke als Suchwort schon vorhandene Interesse nur auf die passenden Anbieter (sog. „Pull-Werbung“). Ohne die Eingabe des Schlagwortes werde die Anzeige gerade nicht ausgespielt.
Etwas anderes kann nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. nur dann gelten, wenn der über Google Adwords angezeigt Text nicht nur die relevante Marke unter Verweis auf ein externes Angebot, sondern auch weitere Anpreisungen zum Produkt enthielte. Dies war vorliegend allerdings nicht der Fall.
III. Fazit
Nach Ansicht des OLG Frankfurt a.M. stellt die Nennung einer E-Zigarettenmarke in einer Google Adwords-Anzeige keine nach § 19 TabakerzG unzulässige Tabakwerbung dar.
Eine solche Nennung sei vielmehr eine Verlängerung des Online-Angebots zur Listung in einer bestimmten Suchmaschine und müsse zulässig sein, weil das TabakerzG den Vertieb von Tabakerzeugnissen gerade nicht verbiete.
Laut eigener Aussage verkennt das Gericht zwar nicht, dass Bestimmungen zur Werbung für Tabakerzeugnisse nach der zugrundeliegenden EU-Richtlinie 2014/40/EU restriktiv auszulegen sind. Google-Anzeigen in einem Zug als (Pull)-Werbung einzustufen, ihnen dann aber den Werbecharakter im Sinne des Tabakrechts abzusprechen, scheint vor diesem Hintergrund allerdings wenig überzeugend.
Der hier vom OLG Frankfurt a.M. verfolgte, rechtlich liberale Ansatz ist für Tabakhändler freilich begrüßenswert. Dass sich andere Gerichte höherer Ordnung der Argumentationsführung des OLG Frankfurt a.M. anschließen werden, ist nach derzeitigem Stand aber eher unwahrscheinlich.
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