OLG Frankfurt a.M.: Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) für gebundenen Buchpreis maßgeblich

OLG Frankfurt a.M.: Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) für gebundenen Buchpreis maßgeblich
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von Susanna Milrath
Stand: 27.02.2024 5 min

Bücher und andere Schriftwerke unterliegen in Deutschland der Buchpreisbindung, die zum Schutz des Kulturguts „Buch“ einen Verkauf nur zum offiziell festgesetzten Preis erlaubt. Welche Preislisten zur Bestimmung des gebundenen Preises herangezogen werden müssen, klärte nun das OLG Frankfurt a.M. Lesen Sie im Folgenden mehr zur Entscheidung.

I. Der Sachverhalt

Die Beklagte, ein Musikhaus, verkaufte unter anderem über Amazon Musiklehrbücher und Notenhefte. Dabei verstieß die Beklagte durch den Verkauf von Musiknoten zu einem höheren Preis als dem festgesetzten gebundenen Ladenpreis gegen das BuchPrG.
Daraufhin gab sie im Jahr 2015 dem Kläger gegenüber eine strafbewährte Unterlassungserklärung mit einem Vertragsstrafeversprechen ab.

Im Jahr 2021 erwarb der Kläger erwarb bei der Beklagten ein Buch mit Audio-CD zum Preis von 12,95€. Das Buch wurde zu diesem Zeitpunkt auch auf der Homepage des Verlages mit einem Preis von 12,95€ ausgewiesen. Das Verzeichnis lieferbarer Bücher (VLB) gab für das streitgegenständliche Buch aber einen Preis von 9,95€ an.

Daraufhin ging der Kläger aus der Unterlassungserklärung gerichtlich gegen die Beklagte vor und bekam vor dem LG Wiesbaden (Az: 11 O 73/21) recht.

Gegen das Urteil legte die Beklagte Berufung ein und brachte vor, dass allein die Festlegung des Preises des Verlags maßgeblich sei.

Der Kläger hingegen verteidigte das angefochtene Urteil mit der Begründung, es habe sich ein Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB entwickelt, wonach das VLB die Preisreferenzdatenbank sei und nahezu alle relevanten Verlage die dort ausgewiesenen Preise als verbindlich anerkannten.

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II. Die Entscheidung

Das OLG Frankfurt a.M. wies mit Urteil vom 24.11.2023 (Az: 11 U 150/22) die Berufung zurück und erhielt das erstinstanzliche Urteil aufrecht. Die Beklagte habe gegen die ihm obliegende Verpflichtung aus § 3 BuchPrG verstoßen.

1.) Allgemeines zu § 3 BuchPrG

§ 3 BuchPrG legt fest, dass beim gewerbs- oder geschäftsmäßigen Verkauf von Büchern an Letztabnehmer der nach § 5 Abs. 1 BuchPrG festgesetzte Preis einzuhalten ist.

§ 21 VerlagsG gewährt dem Verleger das Recht, den Ladenpreis, zu dem das Werk in der jeweiligen Auflage verbreitet wird, zu bestimmen.

Gleichzeitig sind die Verlage aber gem. § 5 Abs. 1 BuchPrG verpflichtet, die Endpreise ihrer Produkte zu binden und zu veröffentlichen.

Dabei umfasst die Preisbindung die jeweilige Ausgabe des Titels, und nicht den Buchtitel allgemein. Demzufolge bedürfen inhaltlich oder äußerlich verschiedene Folgeauflagen einer erneuten Preisaufsetzung.
§ 5 Abs. 1 BuchPrG verlangt nicht nur die Festlegung des Endpreises, sondern auch dessen Veröffentlichung.

Dieser Preis ist für alle Buchhändler, die zur Einhaltung der Buchpreisbindung verpflichtet sind, maßgeblich.

Aus diesem Grund muss die Veröffentlichung „in geeigneter Weise“ geschehen, da die Händler sich nur so über den maßgeblichen Preis informieren können und diesen beim Verkauf an den Letztabnehmer beachten können.

Tipp:

Einen umfangreichen Leitfaden zu den Pflichten gemäß dem Buchpreisbindungsgesetz und den daraus erwachsenden Anforderungen für Händler stellt die IT-Recht Kanzlei hier zur Verfügung.

2.) Einordnung im konkreten Fall

Für das im Fall streitgegenständliche Buch mit Audio-CD sei, so das OLG Frankfurt a.M., im Hinblick auf die Angaben im VLB zum Zeitpunkt des Kaufs ein festgesetzter und gebundener Ladenpreis von 9,95€ anzunehmen.

Die abweichende Angabe von 12,95€ auf der Homepage des Verlages stelle jedenfalls bezüglich eines abweichenden Handelsbrauchs hinsichtlich der Veröffentlichung und damit verbundenen lückenlosen Information der den Pflichten des § 3 BuchPrG Unterliegenden keine dem Beklagten gegenüber wirksame Festsetzung des gebundenen Ladenpreises dar.

Folglich habe der Beklagte das Buch zu einem höheren als den festgesetzten Preis verkauft, ein sogenannter Überpreisverkauf liege vor.

Bezüglich des Vortrages des Klägers sei zumindest von einem Handelsbrauch im Sinne des § 346 HGB dahingehend auszugehen, dass die festgesetzten Preise branchentypisch im VLB publiziert würden und damit als festgesetzte Preise gemäß § 3 BuchPrG gälten.

Dies sei jedenfalls dann der Fall, wenn der betroffene Verlag – wie hier – das VLB zur Veröffentlichung des festgesetzten Preises selbst nutze.

Diese Gleichsetzung zwischen Festsetzung und Publizität im VLB sei unmittelbare Folge der Verkehrsordnung für den Buchhandel in der Fassung vom 09.11.2006 und November 2013. Denn gemäß § 3 Nr. 3 dieser Verkehrsordnung gelte für den Buchhandel der veröffentlichte Preis als der festgesetzte Preis.

Die Publizität der Erklärung, die in der Regel an das Verzeichnis erfolgt, trete an die Stelle der Willenserklärung des Verlages.

Zwar fehle es an der unmittelbaren Wirkung der Verkehrsordnung gegenüber der Beklagten, denn Buchhandlungen als Abnehmer der Verlage stellten Dritte dar, gegenüber denen der Börsenverein keine verbindlichen Regelungen treffen dürfe. Allerdings betone § 3 Nr. 3 der Verkehrsordnung aber die Existenz des vom Kläger vorgebrachten Handelsbrauchs im Sinne des § 346 HGB.

Diesen müsse sich die Beklagte wiederum entgegenhalten lassen. Denn die Buchhändler müssten sich lückenlos und zuverlässig über die den Endabnehmern gegenüber geltenden Preisen informieren können. Nur wenn ihnen in zumutbarer und eindeutiger Weise die gebundenen Ladenpreise zugänglich seien, könnten sie Ihre Verpflichtung aus § 3 BuchPrG erfüllen. Dem diene die Veröffentlichung in einer branchentypischen Datenbank.

Das BuchPrG solle gerade einen Preiswettbewerb zwischen Buchhandlungen vermeiden, der entstehen könnte, wenn Verlage - wie hier im Fall - auf unterschiedlichen Kanälen gleichermaßen verbindliche Informationen zum festgesetzten Ladenpreis veröffentlichen dürften. Demzufolge könnten Verlage ihrer Informationspflicht gerade nicht allein dadurch nachkommen, dass sie die festgesetzten Preise auf ihrer eigenen Homepage veröffentlichten.

Der vom Verlag verursachte Wiederspruch zwischen den Angaben auf der Homepage (12,95€) und dem VLB (9,95€) werde eindeutig zugunsten des im VLB ausgewiesenen Preises aufgelöst. Im Übrigen bleibe es dabei, dass es in der Verantwortung des Beklagten (als Verkäufer von Büchern an den Letztabnehmer) liege, sich über die maßgeblichen gebundenen Preise zu informieren.

III. Fazit

Im Buchhandel hat sich ein Handelsbrauch im Sinne von § 346 HGB dahingehend entwickelt, dass die von den Verlagen festgesetzten Preise branchentypisch im „Verzeichnis lieferbarer Bücher“ (VLB) veröffentlicht werden und damit als gebundene Preise im Sinne von § 3 BuchPrG gelten.

An diesen Handelsbrauch ist ein Buchhändler jedenfalls dann gebunden, wenn der betreffende Verlag selbst das Verzeichnis lieferbarer Bücher verwendet.

Der Händler darf in diesem Fall keinen anderen Preis als denjenigen verlangen, der im VLB publiziert ist.

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