OLG Düsseldorf zur einwilligungslosen E-Mail-Werbung: § 7 Abs. 3 UWG kommt nur im Falle eines tatsächlichen Vertragsschlusses zu Anwendung

OLG Düsseldorf zur einwilligungslosen E-Mail-Werbung: § 7 Abs. 3 UWG kommt nur im Falle eines tatsächlichen Vertragsschlusses zu Anwendung
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von Sarah Freytag
19.06.2019 | Lesezeit: 3 min

Werbemails und Newsletter stellen einen häufigen Anlass für Abmahnungen durch Mitbewerber dar. Grundsätzlich nur bei entsprechender Einwilligung des Empfängers zulässig, eröffnet der Ausnahmetatbestand des § 7 Abs. 3 UWG die Möglichkeit des zulässigen einwilligungslosen Werbemailversandes, wenn der Händler die E-Mailadresse eines Kunden im Zusammenhang mit einem Vertragsschluss erhalten hat, der Händler für ähnliche Produkte werben will, der Kunde der Verwendung seiner Adresse nicht widersprochen hat und zudem klar und deutlich über die Möglichkeit eines kostenfreien Widerspruches belehrt worden ist. Das OLG Düsseldorf hatte in diesem Zusammenhang in einem kürzlich bekannt gewordenen Urteil vom 05.04.2018 (Az. I-20 U 155/16) zu entscheiden, ob im Stadium einer Vertragsanbahnung bereits von einem "Kunden" gesprochen werden kann. Die IT-Recht Kanzlei stellt die Entscheidung vor.

I. Der Fall

Der Beklagte - ein Versicherungsvertreter - hat gegenüber der Klägerin - eine konkurrierende Versicherungsmaklerin - eine Unterlassungs- und Verpflichtungserklärung abgegeben. In dieser verpflichtete er sich, es zu unterlassen, "im geschäftlichen Verkehr zu Zwecke des Wettbewerbs Adressaten, zu denen eine Geschäftsverbindung besteht, mittels E-Mail zu kontaktieren, ohne diese bei der Erhebung der E-Mail Adresse darauf hinzuweisen, dass der Verwendung jederzeit widersprochen werden kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach Basistarif bestehen".

Der Beklagte sendete kurze Zeit nach Unterzeichnung der Erklärung zwei E-Mails an eine Frau B, in denen er Versicherungsprodukte bewarb. Beide Mails enden mit dem Hinweis: "Wenn Sie zukünftig keinen Newsletter per E-Mail mehr von mir erhalten möchten, antworten Sie einfach auf diese Email mit dem Betreff ‘Abmelden‘". Frau B hatte zuvor dem Beklagten ihre E-Mailadresse im Zusammenhang mit einer Nachfrage nach einer Versicherung mitgeteilt. Frau B schloss im Folgenden jedoch keine Versicherung über den Beklagten ab. Die Klägerin verklagte den Beklagten daraufhin auf Zahlung einer Vertragsstrafe, sowie auf Abgabe einer weiteren strafbewehrten Unterlassungserklärung.

Das Landgericht sprach ihr in erster Instanz einen angemessenen Teil der geforderten Vertragsstrafe aus dem Unterlassungsvertrag zu. Beide Parteien gingen gegen dieses Urteil in Berufung.

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II. Die Entscheidung

Das Oberlandesgericht gab dem Beklagten Recht und wies die Klage ab.

Insofern sah das Gericht in dem beanstandetem Verhalten des Beklagten keinen Verstoß gegen § 7 Abs. 3 UWG und - da sich die Unterlassungsverpflichtung ersichtlich am Wortlaut des § 7 Abs. 3 UWG orientiere - auch keinen Verstoß gegen die Unterlassungsverpflichtung.

Dem Wortlaut des § 7 Abs. 3 UWG nach müsse der Beklagte die E-Mailadresse im Zusammenhang mit dem "Verkauf einer Ware oder Dienstleistung" erhalten haben und "Kunde" geworden sein. Zum Abschluss eines Vertrages zwischen Frau B und dem Beklagten sei es jedoch nie gekommen. § 7 Abs. 3 UWG komme daher nicht zur Anwendung.

Letztendlich stellte das Gericht in der Beweisaufnahme fest, dass im vorliegenden Fall eine Einwilligung und auch eine generelle Belehrung über Widerspruchsrechte bezüglich des Erhalts von E-Mails des Beklagten erfolgt waren, sodass kein Verstoß gegen § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG begründet worden sei. Aus diesen Gründen sei die Werbung per E-Mail nicht unlauter gewesen und die Klage abzuweisen.

III. Fazit

Bestandskunde im Sinne des § 7 Abs. 3 UWG ist nur, wer auch zuvor einen Vertrag mit dem Händler geschlossen hat. Er muss eine Ware oder Dienstleistung von dem Händler erhalten haben - die Einholung von Informationen und Angeboten dazu genügt nicht. Die bloße Vertragsanbahnung rechtfertigt also nicht den einwilligungslosen Versand von Werbemails nach dem Ausnahmetatbestand. Dies gilt selbst dann, wenn alle sonstigen Voraussetzungen, insbesondere die Ähnlichkeit der Produkte und der jeweilige Widerspruchshinweis, eingehalten werden.

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