OLG Düsseldorf: Aufspaltung des elektronischen Kündigungsprozesses in mehr als zwei Stufen mit Identifizierung unzulässig
Für bestimmte Verträge zur Begründung von Dauerschuldverhältnissen mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr muss der Unternehmer gemäß § 312k BGB auf seiner Website eine elektronische Kündigungsmöglichkeit anbieten. Das OLG Düsseldorf hat mit Urteil vom 23.05.2024 (Az. 20 UKl 3/23) einem Versorgungsunternehmen untersagt, online eine Kündigungsbestätigungsseite vorzuhalten, die erst durch Eingabe von Benutzername und Passwort oder Eingabe von Vertragskontonummer und Postleitzahl der Verbrauchsstelle erreichbar ist.
I. Rechtlicher Hintergrund
Wird Verbrauchern über eine Webseite ermöglicht, einen Vertrag im elektronischen Geschäftsverkehr zu schließen, der auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet ist, das einen Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet, so muss der Unternehmer dem Verbraucher gemäß § 312k BGB auf seiner Website eine elektronische Kündigungsmöglichkeit anbieten.
Ausgenommen sind Verträge, für deren Kündigung gesetzlich ausschließlich eine strengere Form als die Textform vorgesehen ist, und Verträge über Finanzdienstleistungen. Ferner ist die neue Regelung nicht anzuwenden bei Webseiten, die Finanzdienstleistungen betreffen.
Betroffen sind insbesondere Verträge, welche die regelmäßige Lieferung von Waren oder die regelmäßige Erbringung von Dienst- oder Werkleistungen zum Gegenstand haben.
Der Unternehmer muss dem Verbraucher in den vorgenannten Fällen eine Kündigungsroutine bereitstellen, über die der Verbraucher eine wirksame Kündigungserklärung online abgeben kann. Die näheren Einzelheiten hierzu werden in § 312k Abs. 2 ff. BGB geregelt.
II. Sachverhalt
Die Beklagte bot über ihre Website Verbrauchern den Abschluss von verschiedenen Strom- und Gasverträgen an. Auf ihrer Website fand sich am unteren Ende der Rubrik "Kontakt" eine Schaltfläche "Verträge kündigen". Wählten Verbraucher diese aus, gelangten sie zu einer Anmeldemaske, mithilfe derer sie sich zunächst identifizieren sollten, bevor sie in den Kündigungsbereich gelangten. Hierfür konnten sich registrierte Kunden mit ihrem Benutzernamen und dem zugehörigen Passwort anmelden. Nicht registrierte Kunden mussten zunächst die Vertragskontonummer und die Postleitzahl der Verbrauchsstelle angeben, um sich zu legitimieren. Die Identifizierung, ob per Benutzername oder Vertragskontonummer, wurde erst mit Bestätigung des Buttons "Anmelden" abgeschlossen. Eine Möglichkeit, den Vertrag direkt über eine Kündigungsschaltfläche zu kündigen, ohne sich auf eine der zwei vorgenannten Alternativen anmelden zu müssen, existierte nicht.
Der Kläger, ein gemäß § 4 UKlaG eingetragener Verbraucherschutzverband, war der Ansicht, diese Ausgestaltung des Kündigungsprozesses verstoße gegen verbraucherschützende Normen. Nach erfolgloser vorgerichtlicher Abmahnung beantragte der Verbraucherschutzverband die gerichtliche Untersagung des so gestalteten Kündigungsprozesses.
III. Entscheidung des OLG Düsseldorf
Das OLG Düsseldorf schloss sich der Auffassung des Klägers an und verurteilte die Beklagte, es bei Meidung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen, im Rahmen geschäftlicher Handlungen gegenüber Verbrauchern im Internet unter www.x.de, die den Abschluss von entgeltlichen Strom- und Gaslieferverträgen in Form von Dauerschuldverhältnissen auf elektronischem Wege ermöglicht, keine unmittelbar und leicht zugängliche, nicht erst durch Eingabe von Benutzername und Passwort oder Eingabe von Vertragskontonummer und Postleitzahl der Verbrauchsstelle erreichbare Bestätigungsseite sowie Schaltfläche für die Bestätigung einer Kündigung vorzuhalten.
Die Beklagte habe durch die Gestaltung des Kündigungsprozesses auf ihrer Website gegen die Verbraucherschützende Vorschrift des § 312k BGB verstoßen.
Nach § 312k Abs. 2 Satz 3 BGB sei der Kündigungsprozess - ebenso wie zukünftig der Widerrufsprozess - zweistufig aufgebaut. Der Prozess beginne mit einer "Kündigungsschaltfläche", nach deren Betätigung unmittelbar auf eine "Bestätigungsseite" geführt werde, die eine "Bestätigungsschaltfläche" enthalte. Die "Bestätigungsseite" müsse aus einer einheitlichen Website bestehen und dürfe nicht aufgespalten werden, so dass hieraus ein dreistufiger Kündigungsprozess resultiert.
Nach § 312k Abs. 2 Satz 4 BGB sei ferner erforderlich, dass die Bestätigungsseite "unmittelbar und leicht zugänglich" sein muss. Eine Kündigung durch Betätigung der "Kündigungsschaltfläche" werde dadurch erschwert, dass eine weitere - im Gesetz nicht vorgesehene - Schaltfläche eingebaut wird.
Das Urteil ist nicht rechtskräftig. Der Senat hat die Revision zugelassen.
IV. Fazit
Nach § 312k BGB gilt in Deutschland die Pflicht zur Vorhaltung einer elektronischen Kündigungsroutine bei bestimmten Verträgen, die mit Verbrauchern im elektronischen Geschäftsverkehr geschlossen werden und die auf die Begründung eines Dauerschuldverhältnisses gerichtet sind, das den Unternehmer zu einer entgeltlichen Leistung verpflichtet. Diese Verpflichtung wird in der Praxis häufig übersehen oder mangelhaft umgesetzt.
Das OLG Düsseldorf hat entschieden, dass ein dreistufig aufgebauter elektronischer Kündigungsprozess in der oben beschriebenen Weise nicht den gesetzlichen Anforderungen genügt.
Hinweis:
Hält der Unternehmer bei entsprechenden Verträgen keine gesetzeskonforme Kündigungsroutine vor, kann der Verbraucher solche Verträge jederzeit und ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist kündigen, wobei die Möglichkeit zur außerordentlichen Kündigung hiervon unberührt bleibt. Außerdem ist ein solches Verhalten auch als Wettbewerbsverstoß anzusehen, der zu kostenpflichtigen Abmahnungen führen kann.
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1 Kommentar
Wenn die Realität in die Ferne rückt....