OLG Bamberg: Logistikpauschale muss als Preisbestandteil in den Gesamtpreis eingerechnet werden
Mit Urteil vom 03.03.2021 (Az. 3 U 31/20) hat das OLG Bamberg entschieden, dass ein Online-Händler gegenüber Verbrauchern nicht mit solchen Preisen werben darf, in denen eine von ihm bei jeder Bestellung erhobene „Logistikpauschale“ in den anzugebenden Gesamtpreis nicht bereits eingerechnet ist. Diese Entscheidung ist insbesondere vor dem Hintergrund interessant, dass einige Händler hierdurch in Preissuchmaschinen günstigere Preiskonditionen vorgaukeln. Die Hintergründe zu dem Urteil beleuchten wir im folgenden Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
I. Sachverhalt
Die Beklagte vertreibt über ihren Online-Shop Büromaterialien sowohl an Verbraucher als auch an Unternehmer. Wenn ein bestimmtes Produkt angeklickt wird, öffnet sich eine eigene Seite, auf der eine Abbildung des Produkts mit dem hierfür verlangten Preis mit und ohne Mehrwertsteuer erscheint. Außerdem erhält der Kunde auf dieser Seite die Information, dass ab 49 € (netto) versandkostenfrei geliefert werde. Allerdings befindet sich direkt unter der Preisangabe ein Link mit dem Hinweis „zzgl. Versand“. Klickt der Kunde diesen Link an, erfährt er, dass die Beklagte zwischen einer „Frachtpauschale“ von 2,95 € netto und „Logistikpauschale“ von 1,95 € netto unterscheidet. Bei Bestellungen von mehr als 49,00 € netto entfällt lediglich die „Frachtkostenpauschale“, die „Logistikpauschale“ wird stets und unabhängig vom Warenwert verlangt. Eine gleichlautende Information erhält der Kunde auch, nachdem er das Produkt in den Warenkorb gelegt hat.
Die Wettbewerbszentrale sah hierin einen Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV), da nach Ihrer Auffassung die Logistikpauschale nicht gesondert ausgewiesen werden dürfe, sondern in den Gesamtpreis einzurechnen sei und mahnte die Beklagte ab. Diese gab die geforderte Unterlassungserklärung jedoch nicht ab.
Die daraufhin vor dem LG Aschaffenburg erhobene Klage der Wettbewerbszentrale wurde mit Urteil vom 14.1.2020, 2 HKO 3/19, abgewiesen. Gegen dieses Urteil legte die Wettbewerbszentrale Berufung zum OLG Bamberg ein.
II. Rechtlicher Hintergrund
Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen anbietet oder als Anbieter von Waren oder Leistungen gegenüber Verbrauchern unter Angabe von Preisen wirbt, hat gemäß § 1 Abs. 1 PAngV die Preise anzugeben, die einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile zu zahlen sind (Gesamtpreise).
Wer Verbrauchern gewerbs- oder geschäftsmäßig oder wer ihnen regelmäßig in sonstiger Weise Waren oder Leistungen zum Abschluss eines Fernabsatzvertrages anbietet, hat gemäß § 1 Abs. 2 PAngV zusätzlich anzugeben,
1. dass die für Waren oder Leistungen geforderten Preise die Umsatzsteuer und sonstige Preisbestandteile enthalten und
2. ob zusätzlich Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten anfallen.
Fallen zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten an, so ist deren Höhe anzugeben, soweit diese Kosten vernünftigerweise im Voraus berechnet werden können.
Die Beklagte vertrat im vorliegenden Verfahren die Ansicht, dass es sich bei der Logistikpauschale um Fracht-, Liefer- oder Versandkosten der konkreten Bestellung handelt, deren separate Ausweisung die PAngV zulasse.
III. Entscheidung des OLG Bamberg
Das OLG Bamberg schloss sich der Rechtsauffassung der Beklagten nicht an und verurteilte diese zur Unterlassung.
Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße gegen die Pflicht nach § 1 Abs. 1 S. 1 PAngV, gegenüber Verbrauchern Gesamtpreise anzugeben. Diese Regelung diene der Umsetzung der Preisangaben-RL 98/6/EG und sei eine Marktverhaltensregelung i.S.d. § 3a UWG. Anzugeben ist danach der Preis einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile.
Bei der Logistikpauschale handle es sich um einen solchen „sonstigen Preisbestandteil“ und nicht um zusätzliche Kosten für den Transport oder die Lieferung. Dieser müsse in den Gesamtpreis eingerechnet werden.
Die Logistikpauschale, die die Beklagte bei jedem Kauf in fixer Höhe verlangt, ist nach diesen Grundsätzen als unvermeidbarer, vorhersehbarer und zwingend zu entrichtender Preisbestandteil anzusehen und daher in den Gesamtpreis mit einzubeziehen. Diese obligatorischen Kosten sind „von den zusätzlichen Kosten für den Transport oder die Lieferung des gekauften Erzeugnisses an den vom Verbraucher gewählten Ort zu unterscheiden, da diese zusätzlichen Kosten nicht als unvermeidbarer und vorhersehbarer Bestandteil des Preises angesehen werden können“ (EuGH a.a.O. Rn. 40). Dies spricht bereits gegen die Auffassung der Beklagten, dass die Logistikpauschale als zusätzliche Fracht-, Liefer- oder Versandkosten oder sonstige Kosten im Sinne der Vorschrift des Art. 2 lit. a RL 98/6/EG, § 1 Abs. 2 S. 1 PAngV einzuordnen sei. Die Ansicht der Beklagten ist auch nicht mit der Absicht des europäischen Verordnungsgebers und des deutschen Gesetzgebers vereinbar.
Nach dem Vortrag der Beklagten seien Grundlage für die Logistikpauschale Personal- und Materialkosten, die sie jedem Bestellvorgang gesondert zuordnet. Damit handle es sich um Kosten, die ihrem Betrieb zuzuordnen sind und keinen Bezug zur Bestellung haben.
Solche internen Kosten seien jedoch auch dann in den Gesamtpreis einzurechnen, wenn sie mit dem Versandvorgang zu tun haben. Für diese Auslegung spreche die zugrundeliegende Preisangaben-RL.
Die in Art. 7 Abs. 4 lit. c enthaltene Bestimmung enthält die Informationsverpflichtung des Unternehmers, dass er den Preis „einschließlich aller Steuern und Abgaben (…) sowie gegebenenfalls alle zusätzlichen Fracht-, Liefer- oder Zustellkosten“ anzugeben hat. Hiermit hat der Verordnungsgeber also Kosten beschrieben, die außerhalb des Geschäftsbetriebs des Unternehmers anfallen und sich nach dem Wortlaut ausschließlich auf den Versandvorgang mit bzw. nach Verlassen der Ware aus dem Herrschaftsbereich des Unternehmers beschränken. Interne Kosten, mögen sie auch mit dem Versandvorgang zu tun haben, sind hiervon also nicht erfasst.
Auch der deutsche Gesetzgeber habe die Liefer- und Versandkosten als Kosten definiert, die dem Letztverbraucher zum Erhalt der Ware in Rechnung gestellt werden wie beispielsweise Porto, Kosten für Verpackung, Lieferkosten, Nachnahmegebühr; sie sollen nach dem Willen des Gesetzgebers nicht als in den Endpreis der Ware einzurechnende Preisbestandteile angesehen werden.
Die Vorgehensweise der Beklagten verstoße zudem gegen die Grundsätze der Preiswahrheit und Preisklarheit.
Mit diesen Grundsätzen ist es nicht vereinbar, dass die Beklagte durch die intern anfallenden Kosten für die Bereitstellung zum Versand aus dem Verkaufspreis ausgliedert und neben diesem als „Logistikpauschale“ berechnet. Das Vorgehen der Beklagten hat den bewussten und gewollten Effekt zur Folge, dass gegenüber dem Verbraucher mit einem entsprechend niedrigeren Preis geworben werden kann, obwohl der Verbraucher tatsächlich einen um die Logistikpauschale erhöhten Preis zu bezahlen hat. Die nach § 1 Abs. 7 PAngV zu gewährleistende „optimale Preisvergleichsmöglichkeiten“ wird hierdurch unterlaufen, weil für den Verbraucher der verlangte Preis weder eindeutig noch sofort erkennbar ist.
Daneben sei auch irreführend damit geworben worden, dass ab einem Preis von 49,00 € netto versandkostenfrei geliefert werde.
Der durchschnittlich informierte Verbraucher darf aufgrund dieser Angabe annehmen, dass er bei Erwerb eines Produkts mit einem Preis von 49,00 € keine Versandkosten zahlen muss und damit der ausgewiesene Preis auch der Endpreis ist.
Tatsächlich definiert die Beklagte die Versandkosten als Addition der „Frachtkostenpauschale“ und der „Logistikpauschale“ und schlägt die Logistikpauschale stets und unabhängig von der Höhe des Einkaufs auf den ausgewiesenen Preis auf.
Dies hat zur Folge, dass der Kunde auch bei angeblich versandkostenfreier Lieferung das Produkt nicht zu dem angegebenen Preis erwerben kann. Der neben dem Produkt ausgewiesene, aus Sicht des Verbrauchers anzunehmende „Endpreis“ ist deshalb irreführend und mit den Grundsätzen der Preisklarheit und Preiswahrheit unvereinbar.
IV. Fazit
Das OLG Bamberg hat in einem von der Wettbewerbszentrale angestrengten Verfahren entschieden, dass ein Online-Händler gegenüber Verbrauchern nicht mit solchen Preisen werben darf, in denen eine von ihm bei jeder Bestellung erhobene „Logistikpauschale“ in den anzugebenden Gesamtpreis nicht bereits eingerechnet ist.
Bei solchen rein internen, durch den Geschäftsbetrieb verursachten Kosten handele es sich nicht um Fracht-, Liefer- oder Versandkosten der konkreten Bestellung, deren separate Ausweisung die PAngV zulasse.
Eine separate Ausweisung solcher Kosten verstoße gegen die Grundsätze von Preiswahrheit und Preisklarheit, da gegenüber dem Verbraucher mit einem entsprechend niedrigeren Preis geworben wird, obwohl der Verbraucher tatsächlich einen um die Logistikpauschale erhöhten Preis zu bezahlen hat.
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