Lebensmittelkennzeichnung „ohne Kristallzucker“ und Verbrauchererwartung

Lebensmittelkennzeichnung „ohne Kristallzucker“ und Verbrauchererwartung

Ein Getränk darf nicht mit dem Hinweis "ohne Kristallzucker" werben, wenn das Produkt mit „Traubensüße", die Fruchtzucker und Traubenzucker enthält, gesüßt worden ist. Dies hat das Verwaltungsgericht Lüneburg entschieden (Urteil vom 28.2.2013, Aktenz: 6 A 62/11).

Ein Hersteller von Erfrischungsgetränken wirbt auf dem Etikett mit dem Hinweis: „Ohne Kristallzuckerzusatz (sondern mit feiner, aus der Traube gewonnener Süße)". Der zuständige Landkreis forderte, die Angabe „ohne Kristallzuckerzusatz" vom Etikett zu entfernen, weil das Getränk mit Traubensüße gesüßt werde und der Hinweis auf dem Etikett deshalb unzulässig sei.

Der Getränkehersteller hat gegen die Forderung des Landkreises Klage erhoben, weil die Angabe „ohne Kristallzuckerzusatz" eine bloße Beschaffenheitsangabe sei und auf dem Etikett weder behauptet werde, dass die Limonade zuckerarm oder zuckerfrei sei, noch behauptet werde, dass das Getränk überhaupt nicht gesüßt worden sei.

Das Verwaltungsgericht hat die Klage abgewiesen. Es ist der Ansicht: Zunehmend werden Lebensmittel mit nährwert- und gesundheitsbezogenen Angaben gekennzeichnet, und es wird mit diesen Angaben für sie Werbung gemacht. Um dem Verbraucher ein hohes Schutzniveau zu gewährleisten, müssen die im Handel befindlichen Produkte sicher sein und eine angemessene Kennzeichnung aufweisen. Nach einer europäischen Verordnung vom Dezember 2006 darf mit der Bezeichnung „ohne Zuckerzusatz" oder anderen Angaben, die für den Verbraucher dieselbe Bedeutung haben, nur dann geworben werden, wenn das Produkt keinen Zucker „oder irgendein anderes wegen seiner süßenden Wirkung verwendetes Lebensmittel" enthält. Bei einer Bezeichnung „ohne Kristallzuckerzusatz" geht die Verbrauchervorstellung und die maßgebliche Verkehrserwartung der Allgemeinheit davon aus, dass dem Produkt kein Zucker zugesetzt worden ist. Enthält das Produkt jedoch „aus der Traube gewonnene Süße", so ist dies ein süßendes Lebensmittel, sodass der Zusatz aufgrund des Europarechtes nicht verwendet werden darf. Denn die „Traubensüße" besteht im Wesentlichen aus Wasser, Fruchtzucker und Traubenzucker und wird zur Süßung von Lebensmitteln wie Joghurt oder Limonade verwendet. Fallen damit die Werbeaussage über das Getränk und die legitime schützenswerte Vorstellung der Verbraucher über den Inhalt der Werbeaussage auseinander, handelt es sich um eine irreführende Bezeichnung der Aussage, die unzulässig ist. Auch nach dem deutschen Lebensmittelrecht ist es verboten, Lebensmittel unter irreführender Bezeichnung, Angabe oder Aufmachung in den Verkehr zu bringen oder im Einzelfall mit irreführenden Darstellungen oder sonstigen Aussagen zu werben.

Gegen das Urteil kann das Niedersächsische Oberverwaltungsgericht die Berufung zulassen, etwa wenn die Sache besondere Schwierigkeiten aufweist oder von grundsätzlicher Bedeutung ist.

Quelle: PM des Verwaltungsgericht Lüneburg

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
© rdnzl - Fotolia.com

Link kopieren

Als PDF exportieren

Drucken

|

Per E-Mail verschicken

Zum Facebook-Account der Kanzlei

Zum Instagram-Account der Kanzlei

0 Kommentare

Weitere News

Herkunftskennzeichnung von verpacktem Fleisch seit dem 01.04.2015 verpflichtend
(13.04.2015, 17:45 Uhr)
Herkunftskennzeichnung von verpacktem Fleisch seit dem 01.04.2015 verpflichtend
Kennzeichnung von Fleisch: Herkunftsangabe künftig Pflicht
(10.12.2013, 15:38 Uhr)
Kennzeichnung von Fleisch: Herkunftsangabe künftig Pflicht
„Spitzenqualität“: es geht um die Wurst
(18.03.2013, 13:49 Uhr)
„Spitzenqualität“: es geht um die Wurst
Regierung prüft Kommissions-Vorschlag zur Änderung der Honig-Richtlinie
(27.11.2012, 16:42 Uhr)
Regierung prüft Kommissions-Vorschlag zur Änderung der Honig-Richtlinie
Bezeichnungen "Puten- bzw. Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" irreführend, wenn Produkte industriell hergestellt
(16.11.2012, 09:56 Uhr)
Bezeichnungen "Puten- bzw. Hähnchen-Filetstreifen, gebraten" irreführend, wenn Produkte industriell hergestellt
Grüne verlangen Auskunft über Änderung der Honigrichtlinie
(05.11.2012, 16:22 Uhr)
Grüne verlangen Auskunft über Änderung der Honigrichtlinie
© 2004-2024 · IT-Recht Kanzlei