Richtig kennzeichnen: „Ohne Gentechnik“

Bei der Kennzeichnung von Lebensmitteln und Lebensmittelzutaten, die ohne Anwendung von gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, gibt es rechtliche Vorgaben, die einzuhalten sind. Bei einem Verstoß gegen diese droht eine Abmahnung. So geschehen etwa neulich bei einem Händler, der für von ihm vertriebenen Produkte die Formulierung „garantiert ohne gentechnische Veränderungen oder gentechnische Herkunft“ nutzte.
1. Zulässige Kennzeichnung
Nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz (EGGenTDurchfG) ist einzig zulässige Kennzeichnung für Lebensmittel und Lebensmittelzutaten, die ohne Anwendung von gentechnischen Verfahren hergestellt wurden, die Angabe „ohne Gentechnik“. Dies regelt § 3a I EGGenTDurchfG.
Eine Kennzeichnung mit einem abgeänderten oder anderen Wortlaut der Kennzeichnungsangabe, wie von der Rumm Naturprodukte UG vorgenommen oder z.B. "gentechnikfrei" oder "ohne gentechnische Zusätze" verstößt deshalb grundsätzlich gegen dieses Gesetz und ist daher unzulässig.
Die Verwendung der zulässigen Kennzeichnung - „ohne Gentechnik“ - ist dabei freiwillig.
2. „Bio“ und „Ohne Gentechnik“
Bei Bioprodukten kann eine Kennzeichnung, die die Gentechnikfreiheit des Produkts bestätigt, ein sinnvoller Hinweis für Verbraucher sein. Nicht immer ist dem Verbraucher klar, welche konkreten Anforderungen Bio-Produkte erfüllen müssen.
Dies war auch die Meinung der Bio-Supermarktkette Alnatura, die ihre Produkt mit „ Ohne Gentechnik, weil Bio“ bewarb und mit diesem begrifflichen Zusatz gegen die gesetzlichen Bestimmungen verstieß. In der Folge kam es zu einem Rechtsstreit vor dem Hessischen Verwaltungsgerichtshof von Alnatura gegen den Landkreis Darmstadt-Dieburg, bei dem es um die Frage der zulässigen Kennzeichnung ging, so zu lesen auf den Seiten von VLOG. Ergebnis dieses Rechtsstreits ist, dass nun offiziell mit dem Hinweis „Bio-Recht schließt den Einsatz von Gentechnik bei Bio-Lebensmitteln aus“ geworben werden kann. Ein Zusatz zu „Ohne Gentechnik“ ist weiterhin unzulässig.
3. Unzulässige Werbung mit Selbstverständlichkeiten
Auch wenn der Hinweis „Ohne Gentechnik“ ohne Zusätze erfolgt, kann dieser trotzdem wettbewerbsrechtlich unzulässig sein. Diese Kennzeichnung kann bei bestimmten Erzeugnissen geeignet sein, den Verbraucher zu täuschen. Im allgemeinen Lebensmittelrecht sind irreführende Angaben verboten, zu denen insbesondere auch die Werbung mit Selbstverständlichkeiten gehört (vgl. Art. 7 LMIV, § 11 Absatz I LFGB) . Extrembeispiel: Bewerbung von Mineralwasser als „Ohne Gentechnik“. Das bedeutet, dass der Hinweis „Ohne Gentechnik“ unzulässig sein kann, wenn damit eine besondere Eigenschaft des Lebensmittels hervorgehoben werden soll, obwohl alle vergleichbaren Lebensmittel die gleichen Eigenschaften haben. Die werbewirksame Angabe „ohne Gentechnik“ sollte Erzeugnissen vorbehalten bleiben, bei denen ein zusätzlicher Kontrollaufwand durch verfahrensmäßige Vorkehrungen bezüglich der Vermeidung gentechnischer Veränderungen plausibel gemacht werden kann. (Vgl. dazu Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2003 – Az. 6 A 10564/02)
a) Irreführung durch „Ohne Gentechnik, weil bio“
„Die Auslobung „ohne Gentechnik“ ist nur dann zulässig, wenn bei Analysen keine Spuren von gentechnisch veränderten Bestandteilen (kleiner 0,1 %) nachgewiesen werden. Durch die Angabe „ohne Gentechnik, weil bio“ wird der Eindruck erweckt, als dürften im Prinzip alle Bio-Lebensmittel mit der Angabe „ohne Gentechnik“ beworben werden. Diese Angabe ist somit irreführend i. S. des § 11 Abs. 1 LFGB“ (Stellungnahme Nr. 2011/39, 98. Sitzung am 25. und 26. Oktober 2011 in Münster des Arbeitskreises Lebensmittelchemischer Sachverständiger der Länder und des Bundesamtes für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (ALS)).
Bio-Produkte werden ohne Gentechnik hergestellt. Das fordert die EU-Öko-Verordnung. Auch der Hinweis „ohne Gentechnik“ ist rechtlich geregelt. Die Vorschriften sind aber nicht hundertprozentig gleich. Beispielsweise gilt bei Öko-Erzeugnissen für unbeabsichtigte und technisch unvermeidbare Spuren von gentechnisch veränderten Bestandteilen ein Grenzwert (Verordnung (EG) 834 / 2007). Bei der Angabe „ohne Gentechnik“ dürfen solche Spuren nicht nachweisbar sein (s.o.). Insofern erfüllt ein Bioprodukt nicht automatisch auch alle Rechtsvorgaben für die Kennzeichnung „ohne Gentechnik“.
Im Umkehrschluss kann eine korrekt eingesetzte "Ohne Gentechnik" Kennzeichnung bei Bio-Lebensmitteln pflanzlicher Herkunft oder pflanzlichen Zutaten auch keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten sein. Die IT-Recht Kanzlei empfiehlt, die nur geringen zusätzlichen Anforderungen zu erfüllen und Bioprodukte auch als "ohne Gentechnik" zu kennzeichnen, aber den Eindruck eines besonders relevanten Vorzugs gegenüber anderen Bioprodukten zu vermeiden.
Anders könnte es bei tierischen Produkten wie Milch, Eier und Fleisch sein, die nicht mit Zutaten pflanzlicher Herkunft versehen wurden. Die Anforderungen an Futtermittel zur Produktion von "Ohne Gentechnik" Lebensmitteln gehen nämlich nicht über die Anforderungen im Bio-Bereich hinaus.
b) Reis - „Ohne Gentechnik“
Ein Importeur bewarb eine Basmati-Reissorte als „Ohne Gentechnik“. Hier war zu klären, ob eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten vorlag, weil in der EU genmanipulierter Reis nicht zugelassen ist und folglich nicht importiert werden kann. Das Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz entschied, dass es sich nicht um Werbung mit Selbstverständlichkeiten handelte, weil es nicht allein auf die fehlende Zulassung von genmanipuliertem Reis in der EU ankam.
Vielmehr reichte es für die „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung bereits aus, dass der Importeur zur Vermeidung von Kontaminationen einen besonderen Aufwand betrieben hatte. Durch diese besonderen verfahrensmäßigen Vorkehrungen hob sich der Basmati-Reis inhaltlich von ebenfalls gentechnikfreien Produkten ab. (OVG Rheinland-Pfalz, Urteil vom 21. Januar 2003 – Az. 6 A 10564/02)
Laut OVG Rheinland-Pfalz ist folglich ein Hinweis auf die Gentechnikfreiheit gerechtfertigt, wenn der Hersteller /Importeur die Gentechnikfreiheit seines Erzeugnisses durch Beobachtung der Weiterentwicklung und Zulassung von GVO sicherstellt. Die Besonderheit des "ohne Gentechnik"-Produkts besteht dann darin, dass sich der Käufer ohne eigene Recherchen über den Stand der Marktzulassungen allein auf Grund der Produktkennzeichnung auf die Gentechnikfreiheit verlassen kann.
c) Bier - „Ohne Gentechnik“
Auch bei der Kennzeichnung von Bier kommt die Frage auf, ob der Hinweis „Ohne Gentechnik“ irreführend ist und eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten darstellt. Als erste Brauerei kennzeichnet Oettinger seit März 2013 Produkte entsprechend. Mittlerweile mit dem offiziellen „Ohne Gentechnik“-Siegel. Das traditionelle deutsche Reinheitsgebot (Rechtsgrundlage ist das Biersteuergesetz) schließt die unmittelbare Nutzung von Gentechnik bei den Zutaten und erlaubten Zusatzstoffen aus. Aber auch hier soll die Kennzeichnung eine besondere Qualitätskontrolle des Unternehmens deutlich machen, die Verunreinigungen und Kreuzkontaminationen durch besondere Verfahren ausschließt.
Hinzu kommt, dass ausländische Biere nicht dem Reinheitsgebot unterliegen, dort sind verschiedene Anwendungen der Gentechnik möglich. Eine irreführende Werbung mit Selbstverständlichkeiten bezöge sich ohnehin nur auf in Deutschland gebraute Biere. Wie ausgeführt, wird in diesem konkreten Fall keine Irreführung gegeben sein.
d) Äpfel - „Ohne Gentechnik“
In der EU werden keine gentechnisch veränderten Äpfel kommerziell angebaut, sie dürfen nicht importiert werden und es sind bisher weltweit keine Verunreinigungsfälle bekannt. Deshalb dürfte eine „Ohne Gentechnik“- Kennzeichnung in diesem Fall eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten sein. In den USA ist - als erster Fall - ein von einem kanadischen Unternehmen genmanipulierter Apfel genehmigt worden, dessen erste Ernte allerdings für 2017 erwartet wird. Dies wird die Zulässigkeit von einer entsprechenden Kennzeichnung für Äpfel möglicherweise ändern.
e) Honig
In Deutschland werden derzeit keine gentechnisch veränderten Nutzpflanzen angebaut. Honig von deutschen Imkern ist damit frei von Gentechnik. Allerdings werden genmanipulierte Pflanzen, vor allem in Ländern außerhalb der EU, angebaut. Hinsichtlich des Honigs gibt es aber für den Import keine Zulassungsbeschränkungen. Insofern wird für Honig gelten, dass ein entsprechender Hinweis auf die Gentechnikfreiheit wohl keine Werbung mit Selbstverständlichkeiten sein kann.
#4. Offizielles „Ohne Gentechnik“-Siegel#
Im August 2009 wurde folgendes staatliche Siegel vorgestellt, zur Kennzeichnung von Lebensmitteln:

Es sollte die verschiedenen Siegel ablösen und dem Verbraucher eine schnelle Orientierung ermöglichen.
Die Verwendung des Siegels ist freiwillig. Rechtlich vorgegeben ist nur die Begrifflichkeit, nicht die Form der Darstellung und der Ort der Kennzeichnung. Neben dem staatlichen Siegel sind – zulässigerweise - auch eine Reihe von den Unternehmen selbst gestalteter Logos im Umlauf – die Aussage ist jedoch dieselbe, da die gesetzlichen Kriterien schon für die Verwendung der Formulierung „ohne Gentechnik“ greifen.
Das offizielle Siegel wird vom Verband "Lebensmittel ohne Gentechnik e.V., (VLOG)" vergeben, dem das BMEL (Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft) die Markennutzungsrechte an dem Siegel übertragen hat. Welche Hersteller, Händler und Gastronomen das Siegel bereits verwenden, können Interessierte auf der Seite des Verbands nachlesen. Dort finden sie eine Produktdatenbank mit allen Unternehmen, die das "Ohne Gentechnik"-Logo verwenden dürfen:
Jeder, der die Anforderungen des EG-Gentechnik-Durchführungsgesetzes (EGGenTDurchfG) erfüllt und der die Einwilligung des VLOG zur Nutzung des geschützten Logos hat, kann das Siegel nutzen.
Um das "Ohne-Gentechnik"-Siegel zu erhalten, ist eine Zertifizierung der Produktion durch ein unabhängiges Zertifizierungsunternehmen nicht gesetzlich vorgeschrieben (§3a des EGGentDurchfG) und wird auch nicht von VLOG vorausgesetzt. § 3a Absatz 4 Nr. 1 und 2 EGGenTDurchfG verweist allerdings auf die EU-Verordnungen 1829/2003 und 1830/2003, in denen es um die Kennzeichnungspflicht für gentechnisch veränderte Futtermittel geht. Denn um das freiwillige Siegel "Ohne Gentechnik" verwenden zu dürfen, müssen die Hersteller gewährleisten, dass die verwendeten Futtermittel nicht gentechnisch verändert sind. Das heißt, sie dürfen nicht als solche gekennzeichnet sein.
Die Nutzungslizenz kann gegen ein Entgelt erworben werden. Die Entgelthöhe richtet sich nach verschiedenen Kategorien wie beispielsweise Vertrieb / Handel, Imkerei oder Futtermittel und nach der Größe des lizenznehmenden Unternehmens.
#5. Kontrolle der „Ohne Gentechnik“-Kennzeichnung#
Die Einhaltung der Bedingungen für die Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz ist durch die Lebensmittelüberwachungsbehörden der Bundesländer zu kontrollieren.
Die Überwachungsbehörden können die Nutzung des Logos untersagen, falls die Anforderungen für die Ohne-Gentechnik-Kennzeichnung nach dem EG-Gentechnik-Durchführungsgesetz nicht erfüllt werden. Da das Logo als Wort-Bild-Marke gesetzlich geschützt ist, kann auch der Inhaber der Markenrechte, VLOG, die Nutzung des Logos untersagen. Der VLOG stellt selbst keine solchen Kontrollen an. Allerdings informiert er die Bundesländer über die Unternehmen, die das Siegel nutzen. Umgekehrt teilen ihm die Länder schwere Verstöße mit.
Jede Verwendung eines in einzelnen Elementen (Farbe oder Schriftzug) abgewandelten Logos bedarf der ausdrücklichen Genehmigung durch den Inhaber des Markenrechts – VLOG.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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1 Kommentar
Also verstehe ich das jetzt richtig, ich darf kein eigenes Logo mit dem Wortlaut "ohne Gentechnik" verwenden, da das Wort an sich schon geschützt ist?
Vielen Dank im Voraus!