Widerrufsrecht für Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach österreichischem Recht

Widerrufsrecht für Verbraucher bei Fernabsatzverträgen nach österreichischem Recht
08.10.2013 | Lesezeit: 5 min

Tipp: Weiterführende Informationen zum Thema finden Sie hier: "Österreich E-Commerce (AGB)"

Das Widerrufsrecht bei Fernabsatzverträgen ist nach österreichischem Recht unterschiedlich zum deutschen Recht geregelt. Dies gilt insbesondere für die Widerrufsfrist aber auch für die Frage der Übernahme der Kosten für die Rückversendung der Ware. Hierzu können Sie näheres im folgenden Beitrag erfahren.

Frage: Für wen besteht ein Widerrufsrecht (Rücktrittsrecht)?

In der österreichischen Rechtssprache wird von einem Rücktrittsrecht und nicht von einem Widerrufsrecht gesprochen. Ansonsten gelten mit einigen Ausnahmen ähnliche Regeln wie im deutschen Recht.

Wie im deutschen Recht auch hat nur der Verbraucher das Recht, einen Fernabsatzvertrag zu widerrufen. Von dem Widerrufsrecht kann der Verbraucher nach österreichischem Recht sowohl bei Waren wie Dienstleistungen bereits mit Vertragsantrag (Bestellung) Gebrauch machen (§ 3 Abs. 1 Konsumentenschutzgesetz). Davon zu unterscheiden ist die Frage, ab welchem Datum die Widerrufsfrist läuft. Voraussetzung für die Ausübung des Widerrufsrechts ist, dass die Widerrufserklärung fristgemäß erfolgt und der Onlinehändler schriftlich oder per Fax oder Email an die dem Verbraucher bekannte Adresse des Onlinehändlers über die Widerrufserklärung in Kenntnis gesetzt wird. Ein widerrufener Fernabsatzvertrag wird so behandelt, als ob er nie zustande gekommen ist. Wie im deutschen Recht auch kann das Widerrufsrecht nicht durch AGB abbedungen werden.

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Frage: Welche Widerrufsfrist (Rücktrittsfrist) besteht bei Waren?

Die Rücktrittsfrist beträgt sieben Werktage, wenn der Onlinehändler seinen Informationspflichten nachgekommen ist, wobei der Samstag nicht als Werktag zählt (§ 5e Konsumentenschutzgesetz). Der Onlinehändler hat den Verbraucher spätestens zum Zeitpunkt der Lieferung über die Pflichtinformationen in Kenntnis zu setzen (§ 5d Konsumentenschutzgesetz). Die Frist beginnt mit dem Tag des Zugangs der Lieferung beim Verbraucher (§ 5e Konsumentenschutzgesetz).

Die Rücktrittsfrist verlängert sich auf drei Monate ab dem Zeitpunkt der Lieferung, wenn der Onlinehändler seinen Informationspflichten nicht nachgekommen ist (§ 5e Abs. 3 Konsumentenschutzgesetz).

Achtung: Die Nichtbelehrung über die Tatsache, dass der Samstag nicht als Werktag gilt, gilt als fehlerhafte Pflichtinformation mit der Folge, dass sich die Widerspruchsfrist auf drei Monate verlängert. Außerdem kann die fehlerhafte Pflichtinformation von Konkurrenten im Rahmen einer Abmahnung geltend gemacht werden.

Frage: Welche Widerrufsfrist (Rücktrittsfrist) besteht bei Dienstleistungen?

Auch bei Dienstleistungen besteht eine Rücktrittsfrist von sieben Werktagen, wobei der Samstag nicht als Werktag zählt (§ 5e Konsumentenschutzgesetz). Sie beginnt mit dem Tag des Vertragsabschlusses.

Kommt der Onlinehändler nicht seinen Informationspflichten nach, dann verlängert sich die Rücktrittsfrist auf drei Monate.

Frage: Hat der Verbraucher ein Widerrufsrecht (Rücktrittsrecht), wenn bei einem Vertrag über Dienstleistungen vereinbart wurde, dass die Leistung innerhalb der Rücktrittsfrist beginnt?

Nein, in diesem Fall steht dem Verbraucher kein Rücktrittsrecht zu (§ 5f Abs.1, Nr. 1 Konsumentenschutzgesetz).

Frage: Bei welchen sonstigen Verträgen besteht kein Rücktrittsrecht?

Die Ausnahmetatbestände gehen auf die EU-Richtlinie 1997/7/EG zurück und sind in § 5 Abs. 1 Nr. 2-7 Konsumentenschutzgesetz geregelt. Ähnliche Regelungen finden sich auch im deutschen Fernabsatzrecht.

2. Waren oder Dienstleistungen, deren Preis von der Entwicklung der Sätze auf den Finanzmärkten, auf die der Unternehmer keinen Einfluss hat, abhängt,
3. Waren, die nach Kundenspezifikationen angefertigt werden, die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse zugeschnitten sind, die auf Grund ihrer Beschaffenheit nicht für eine Rücksendung geeignet sind, die schnell verderben können oder deren Verfallsdatum überschritten würde,
4. Audio- oder Videoaufzeichnungen oder Software, sofern die gelieferten Sachen vom Verbraucher entsiegelt worden sind,
5. Zeitungen, Zeitschriften und Illustrierte mit Ausnahme von Verträgen über periodische Druckschriften (§ 26 Abs. 1 Z 1),
6. Wett- und Lotterie-Dienstleistungen sowie
7. Hauslieferungen oder Freizeit-Dienstleistungen (§ 5c Abs. 4 Z 1 und 2).

In der österreichischen Fachliteratur wird der Tatbestand zu Nr. 3 des § 5 Abs.1 Konsumentenschutzgesetz „angefertigt nach Kundenspezifikation“ unterschiedlich beurteilt. Allgemein gilt als Anfertigung nach Kundenspezifikation eine Ware, die ohne die Bestellung des Kunden so nicht gefertigt worden wäre.

Frage: Welche Pflichten treffen den Onlinehändler bei Ausübung des Rücktrittsrechts?

Der Onlinehändler hat die vom Verbraucher geleisteten Zahlungen zu erstatten und den vom Verbraucher auf die Sache gemachten notwendigen und nützlichen Aufwand zu ersetzen (§ 5g Konsumentenschutzgesetz). Anders als in der EU-Richtlinie 97/7/EG vorgesehen, hat die Rückzahlung sofort und nicht innerhalb von 30 Tagen zu erfolgen.

Frage: Welche Pflichten treffen den Verbraucher bei Ausübung des Rücktrittsrechts?

Der Verbraucher hat die Ware zurückzusenden und dem Unternehmer nach allgemeinen Grundsätzen des Bereicherungsrechts ein angemessenes Entgelt für die Benutzung einschließlich einer Entschädigung für eine Wertminderung zu zahlen. Die Inbesitznahme der Ware ist für sich allein nicht als Wertminderung anzusehen (§ 5 g Konsumentenschutzgesetz).

Frage: Kann der der Onlinehändler Forderungen gegen den Verbraucher mit seiner Pflicht aufrechnen, den geleisteten Kaufpreis zurückzuerstatten?

Nein, ein solches Recht steht dem Onlinehändler nicht zu.

Frage: Muss der Verbraucher die Kosten der Rücksendung der Ware tragen?

Grundsätzlich nein, es sei denn der Onlinehändler hat in seinen AGB bestimmt, dass die Kosten der Rücksendung durch den Verbraucher zu tragen sind (§ 5g Abs. 2 Konsumentenschutzgesetz). Dies ist ein wichtiger Unterschied zum geltenden deutschen Recht. Die IT-Recht-Kanzlei hat dies in ihren AGB für den Onlinehandel in Österreich berücksichtigt.

Frage: Was gilt für einen mit dem Kauf verbundenen Verbraucherkreditgesetz bei Ausübung des Rücktrittsrechts?

Auch für diesen Verbraucherkreditvertrag gilt der Rücktritt (§5 h Abs. 1 Konsumentenschutzgesetz). Allerdings hat der Verbraucher die Beweislast, dass es sich um eine wirtschaftliche Einheit zwischen Kaufvertrag und Kreditvertrag handelt.

Frage: Wie sind Leistungen bei einem Verbraucherkredit zu erstatten?

Nur die gewährten Leistungen sind zu erstatten. Dem Verbraucher können darüber hinaus nur die Kosten einer erforderlichen Beglaubigung von Unterschriften sowie der Ersatz der der vom Onlinehändler oder von einem Dritten auf Grund der Kreditgewährung entrichteten Abgaben auferlegt werden, sofern dies vereinbart war.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

Bildquelle:
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