Werbung mit Oeko-Tex-Zertifzierung: Rechtliche Anforderungen
Oeko-Tex setzt weltweit bekannte Zertifizierungsstandards für Textilien, denen im Online-Bereich hohe Werbekraft zukommt. Für die rechtskonforme Werbung mit "Oeko-Tex" sind allerdings nicht nur wettbewerbsrechtliche Anforderungen, sondern auch die Lizenzbedingungen von Oeko-Tex selbst einzuhalten. Wir zeigen, welche Voraussetzungen gelten.
Inhaltsverzeichnis
- I. Was bedeutet der „Oeko-Tex Standard 100“?
- II. Rechtssicher werben mit dem Oeko-Tex-Siegel
- 1.) Werbung mit Prüfsiegel nur mit gültigem Oeko-Tex-Zertifikat
- 2.) Angabe der Prüfnummer und des zertifizierenden Instituts
- 3.) Korrekte Darstellung des Prüfsiegels
- 4.) Eindeutiger Produktbezug des Prüfsiegels
- III. Rechtssicher mit der Nennung der Oeko-Tex-Zertifizierung werben
- 1.) Produkt muss als Ganzes Oeko-Tex-zertifiziert sein
- 2.) Verlinkung der Prüfungskriterien
- 3.) Werbung bei nur zertifizierten Komponenten unzulässig
- IV. Vorsicht bei Übertreibungen: Werbung mit „garantiert schadstofffrei“ ist irreführend
- V. Fazit
I. Was bedeutet der „Oeko-Tex Standard 100“?
Beim Oeko-Tex Standard 100 handelt es sich um ein einheitliches Prüf- und Zertifizierungssystem der Gemeinschaft Oeko-Tex (Internationale Gemeinschaft für Forschung und Prüfung auf dem Gebiet der Textilökologie) mit Sitz in Zürich.
Oeko-Tex unterscheidet für das Zertifizierungsverfahren vier Produktklassen:
- Textilprodukte für Babys und Kleinkinder (bis 36 Monate)
- Textilprodukte mit direktem, lang andauerndem oder großflächigem Hautkontakt
- Textilprodukte ohne oder mit geringem Hautkontakt
- Textilprodukte für dekorative Zwecke (Polsterstoffe, Gardinen etc.)
Die Textilien werden anschließend anhand folgender Parameter geprüft:
- gesetzlich verbotene Substanzen
- gesetzlich reglementierte Substanzen
- als gesundheitsgefährdend bekannte, aber vom Gesetzgeber noch nicht explizit erfasste Substanzen
- Parameter zur Gesundheitsvorsorge
Je nach Klassifizierung müssen die Textilprodukte dabei unterschiedlich hohe Anforderungen erfüllen.
Entsprechen die Textilien den geforderten Anforderungen, erfolgt eine Zertifizierung nach dem Standard 100 by Oeko-Tex, die dann für 12 Monate gilt.
Die Zertifizierung berechtigt den Händler auch, in Katalogen, Anzeigen, Werbeprospekten etc. mit dem Siegel „Oeko-Tex Standard 100“ zu werben.
Doch wie können Händler rechtssicher mit dem Oeko-Tex-Prüfzeichen werben?
II. Rechtssicher werben mit dem Oeko-Tex-Siegel
1.) Werbung mit Prüfsiegel nur mit gültigem Oeko-Tex-Zertifikat
Damit ein Oeko-Tex-Siegel rechtssicher in der Werbung verwendet werden darf, ist zunächst erforderlich, dass das betroffene Produkt auch tatsächlich gemäß dem Oeko-Tex-100-Standard zertifiziert worden ist.
Nur bei Vorhandensein eines aktiven Oeko-Tex-Zertifikats darf dieses in der Werbung verwendet werden.
2.) Angabe der Prüfnummer und des zertifizierenden Instituts
Die Gemeinschaft Oeko-Tex hat zusätzliche Kriterien aufgestellt, die Händler erfüllen müssen, um mit dem Oeko-Tex-Siegel zu werben.
So verlangt Oeko-Tex von Händlern, die mit dem Prüfzeichen „Oeko-Tex Standard 100“ werben wollen, dass diese die zugehörige Nummer und das zertifizierende Institut angeben.
Diese Anforderungen sind einerseits Ausprägung der lizenzrechtlichen Bestimmungen von Oeko-Tex selbst, deren Missachtung markenrechtliche Repressalien nach sich ziehen kann.
Andererseits sind sie auch wettbewerbsrechtlich indiziert, weil nach ständiger Rechtsprechung bei der Werbung mit Prüfsiegeln stets auch das konkrete Prüfinstitut mitsamt Fundstelle zu kennzeichnen ist.
3.) Korrekte Darstellung des Prüfsiegels
Ein positives Testergebnis durch die Oeko-Tex Gemeinschaft berechtigt den Händler dazu, seine Produkte mit dem entsprechenden Prüfsiegel zu versehen.
Er kann dann mit dem Label „Oeko-Tex Standard 100“ in Katalogen, Werbeanzeigen etc. werben.
Bei den Labels handelt es sich um international registrierte Markenzeichen, die durch das Abkommen von Madrid rechtlich geschützt sind.
Dementsprechend dürfen die Labels auch nur in der von Oeko-Tex bereitgestellten Form verwendet werden.
Vorlagen für die Prüfzeichen sind als vektorisierte pdf-Dateien (für Druckunterlagen) sowie im png-Format (für Online-Anwendungen) bei jedem Oeko-Tex Prüfinstitut kostenlos erhältlich.
4.) Eindeutiger Produktbezug des Prüfsiegels
Da das Zertifikat von Oeko-Tex für einzelne Produkte verliehen wird, muss bei der Nutzung des Oeko-Tex-Siegels eindeutig erkennbar sein, auf welches Produkt es sich bezieht.
Die werbliche Einsatz des Zertifikats muss dabei streng produktbezogen erfolgen und darf nur das auch konkret zertifizierte Produkt adressieren.
Der Einsatz des Siegels auch generellen Shop-Seiten oder Produktübersichtsseiten, auf denen auch nicht oeko-tex-zertifizierte Produkte gelistet sind, ist unzulässig.
Ebenso unzulässig ist die Verwendung des Oeko-Tex-Siegels, wenn nur einzelne Materialien eines angebotenen Endprodukts die Zertifizierung tragen.
III. Rechtssicher mit der Nennung der Oeko-Tex-Zertifizierung werben
Vor allem auf Handelsplattformen, in denen die Gestaltungsmöglichkeiten für Händlershops durch Vorgaben der Plattformbetreiber begrenzt sind, lässt sich das Oeko-Tex-Siegel vielfach nicht einblenden.
Um auf die Werbewirksamkeit einer blickfangmäßigen Hervorhebung der Zertifizierung nicht verzichten zu müssen, greifen Händler auf Formulierungen zurück, aus denen sich die Konformität mit dem Oeko-Tex-Standard ergibt.
„Gemäß Öko Tex 100-Standard“ oder „Zertifiziert nach Oeko-Tex 100“ sind nur beispielhafte Phrasen, mit denen Händler die Unbedenklichkeit ihrer Textilprodukte hervorheben wollen.
Hier sind aber die nachstehenden Grundsätze zu beachten.
1.) Produkt muss als Ganzes Oeko-Tex-zertifiziert sein
Die Werbung mit einer Oeko-Tex-Zertifizierung ist nur dann rechtmäßig, wenn diese für das konkret beworbene Produkt auch tatsächlich vergeben wurde.
Das Produkt muss insofern in seiner Gesamtheit bereits zertifiziert worden und darf vom Händler nicht nachträglich aufbereitet oder verarbeitet worden sein.
Nur dann, wenn das konkret angebotene Produkt als solches ein Oeko-Tex-Zertifikat erhalten hat, darf auch mit „Gemäß Oeko-Tex 100-Standard“, „Zertifiziert nach Oeko-Tex“ oder ähnlichen Slogans geworben werden, die eine Zertifizierung des vollständigen Endprodukts nahelegen.
2.) Verlinkung der Prüfungskriterien
Lauterkeitsrechtlich ist zudem zu beachten, dass bei Werbung mit einer Zertifizierung stets weitere Informationen zu den angewendeten Prüfungskriterien offen zu legen sind (BGH, Urteil v. 21.7.2016 - Az. I ZR 26/15).
Während auf dem OekoTex-Siegel ein Link auf weiterführende Informationen zum Standard schon lesbar vorhanden ist, muss bei bloß wörtlicher Erwähnung der Zertifizierung ein zusätzlicher aufklärerischer Hinweis beigestellt werden.
In unmittelbarem Zusammenhang mit der Zertifizierungswerbung ist also ein Link auf weiterführende Informationen von Oeko-Tex zum "Oeko-Tex-Standard 100" bereitzustellen.
Umgesetzt werden kann diese Informationspflicht durch folgenden Begleittext zur Zertifizierungswerbung
Infos zum Oeko-Tex-Zeritifzierungsverfahren und zu den Kriterien: https://www.oeko-tex.com/de/unsere-standards/oeko-tex-standard-100
3.) Werbung bei nur zertifizierten Komponenten unzulässig
Insbesondere zu beachten ist, dass nach den Lizenzbedingungen von Oeko Tex, das auch Wortmarkenrechte an Bezeichnungen der Gemeinschaft und am Begriff "Oeko-Tex Standard 100" innehält, die werbliche Erwähnung von Oeko Tex nur zulässig ist, wenn das Gesamtprodukt entsprechend zertifiziert ist.
Nicht erlaubt ist die Erwähnung von Oeko-Tex oder dem "Standard 100", wenn nur einzelne Komponenten eines Produkts die Zertifizierung tragen.
Besteht also ein Produkt zwar aus (einzelnen) Oeko-Tex-zertifizierten Materialien, ist aber nicht insgesamt gemäß dem "Standard 100" ebenfalls zertifiziert, muss für das Produkt jedwede werbliche Erwähnung von "Oeko-Tex" zwingend unterbleiben.
Ausdrücklich unzulässig ist es daher auch, die Oeko-Tex-Zertifizierung in der Werbung nur auf Materialien zu beziehen.
Werbende Formulierungen wie "„aus Öko-Tex-100-zertifizierten Materialien“ oder „aus Materialien mit Öko-Tex-Standard-100-Zertifikat“" sind verboten.
IV. Vorsicht bei Übertreibungen: Werbung mit „garantiert schadstofffrei“ ist irreführend
Das von Oeko-Tex verliehene Siegel bzw ein entsprechendes Zertifikat weist nach, dass das Textilprodukt sämtliche gesetzlichen Schadstoffgrenzen unterschreitet – und zwar hinsichtlich aller Bestandteile des jeweiligen Produkts (bei Fertigwaren wie z.B. Bekleidung oder Bettwäsche also auch Nähgarn, Knöpfe, Reißverschlüsse etc.). Eine 100-prozentige Schadstofffreiheit der Textilprodukte folgt aus der Zertifizierung jedoch nicht. Händler sollten dementsprechend auch nicht damit werben.
In einem vom OLG Stuttgart entschiedenen Fall (2 U 74/16) hatte ein Händler eine Bettwäsche als „garantiert schadstofffrei“ beworben. Das Gericht stufte diese Werbeaussage als irreführende geschäftliche Handlung ein. Nach Auffassung des Senats versteht der Verbraucher diese Aussage so, dass das Produkt keinerlei Schadstoffe enthält und der Händler dafür im Wege einer Garantie einsteht. Eine Öko-Tex-Zertifizierung belegt jedoch nur „Schadstofffreiheit“ im Sinne der Prüfkriterien der Oeko-Tex Gemeinschaft, weil bestimmte von Oeko-Tex festgelegte Grenzwerte oder gesetzliche Grenzwerte nicht überschritten werden.
V. Fazit
Bei der Nutzung des Oeko-Tex-Siegels müssen Händler verschiedene rechtliche Aspekte beachten. Wenn Sie ihre Produkte mit dem Prüfzeichen bewerben wollen, sollten Sie darauf achten
- über ein gültiges Zertifikat zu verfügen,
- die Prüfnummer und das zertifizierende Institut anzugeben,
- das Prüfsiegel korrekt und mit eindeutigem und direktem Produktbezug darzustellen und
- die Werbung ausdrücklich nur auf Produkte zu beziehen, die als Ganzes Oeko-Tex-zertifiziert wurden
Soll dahingegen nur mit der Zertifizierung und ohne Darstellung des Siegels geworben werden, ist dies nur zulässig wenn
- das Produkt als Ganzes (und nicht nur hinsichtlich einzelner Materialien) über ein aktives Oeko-Tex-Zertifikat verfügt und
- weiterführende Informationen zum Standard und zu den Prüfungskriterien aus der Werbung heraus verlinkt werden
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
1 Kommentar
Lg