Oeko-Tex: Juristisches zum Umgang mit dem Siegel für „Textiles Vertrauen“

Oeko-Tex: Juristisches zum Umgang mit dem Siegel für „Textiles Vertrauen“
von Mag. iur Christoph Engel
23.02.2011 | Lesezeit: 4 min

Achtung: Dieser Beitrag ist mittlerweile veraltet!
Aktuellere Informationen zum Thema finden Sie hier: "Werbung mit Oeko-Tex-Zertifzierung: Rechtliche Anforderungen"

Für den Handel mit ökologisch korrekten Textilien – die ja z.B. das EU-Bio-Siegel nicht tragen dürfen – bietet sich die Verwendung des Oeko-Tex-Siegels an, das nach eigener Sichtweise für umweltfreundliche und gesundheitlich unbedenkliche Textilien steht. Wie bei jedem Qualitätssiegel gilt jedoch auch hier: Der Umgang ist nicht ganz einfach – und Fehler rächen sich häufig.

Oeko-Tex Standard 100

Der Gemeinschaft Oeko-Tex (Internationale Gemeinschaft für Forschung und Prüfung auf dem Gebiet der Textilökologie) mit Sitz in Zürich gehören 14 unabhängige Prüfinstitute in Europa und Japan an; des Weiteren bestehen Vertretungen in über 40 Ländern weltweit.

Das Siegel „Textiles Vertrauen“ soll für den Verbraucher eine Orientierungshilfe für den Kauf von Textilien sein, die weder seine Gesundheit noch die Umwelt belasten; erreicht wird dies durch eine Zertifizierung, die die Unterschreitung aller gesetzlichen Schadstoffgrenzen vorschreibt – und zwar hinsichtlich aller Bestandteile des jeweiligen Produkts (bei Fertigwaren wie z.B. Bekleidung oder Bettwäsche also auch Nähgarn, Knöpfe, Reißverschlüsse etc.).

Am bekanntesten ist der Oeko-Tex Standard 100, nach dem einzelne Produkte zertifiziert werden können. Hierbei werden – je nach Exposition der menschlichen Haut – vier Produktklassen unterschieden:
I.    Textilprodukte für Babys und Kleinkinder (bis 36 Monate);
II.    Textilprodukte mit direktem, lang andauerndem oder großflächigen Hautkontakt;
III.    Textilprodukte ohne oder mit geringem Hautkontakt;
IV.    Textilprodukte für dekorative Zwecke (Polsterstoffe, Gardinen etc.).

Je nach Klassifizierung werden unterschiedlich strenge Anforderungen an die Textilien gestellt, und zwar hinsichtlich der folgenden Parameter:

  • gesetzlich verbotene Substanzen;
  • gesetzlich reglementierte Substanzen;
  • als gesundheitsgefährdend bekannte, aber vom Gesetzgeber noch nicht explizit erfasste Substanzen;
  • Parameter zur Gesundheitsvorsorge.

Ist das jeweilige Produkt im Prüfverfahren positiv bewertet worden, so wird von Oeko-Tex ein entsprechendes Zertifikat ausgestellt (ein Jahr gültig). Dieses Zertifikat berechtigt auch zur Verwendung des Siegels „Textiles Vertrauen“ (z.B. als Label an dem entsprechenden Kleidungsstück). Hierzu bestehen jedoch ebenfalls strenge Vorschriften seitens Oeko-Tex; so müssen z.B. stets im Zusammenhang mit dem Siegel der zertifizierte Standard, die zugehörige Prüfnummer sowie das zertifizierende Institut angegeben werden.

Das gesamte Reglement kann online eigesehen werden.

Werbung mit dem Siegel „Textiles Vertrauen“

Die Werbung mit dem Siegel ist – gerade auch im Internet – wie bei allen Qualitätssiegeln ein ganz eigenes Problem. Grundsätzlich gehört „Textiles Vertrauen“ zu denjenigen Siegeln, mit denen Werbung gemacht werden darf und auch soll – schließlich erfüllen Qualitätssiegel ihren Zweck nur dann, wenn sie einen gewissen Bekanntheitsgrad erreichen.

Abmahnungen zum Thema

Der IT-Recht Kanzlei liegen bereits mehrere Abmahnungen vor, bei denen es um angeblich irreführende Werbung mit einem „Textiles Vertrauen“-Siegel“ geht. So wurde etwa in einem Fall ein Online-Händler mit der Begründung abgemahnt, dass es irreführend sei, Textilien mit der Aussage „Oeko-Tex Standard 100“ zu bewerben, wenn dabei weder eine Prüfnummer, noch ein Prüfinstitut angegeben werde.

Allerdings könnte man argumentieren, dass dem Oeko-Tex-Reglement gerade kein Gesetzesrang zukommt; schließlich liegen die Standards fest in der Hand privatrechtlich organisierterter Institutionen, der Gesetzgeber hat also keinen Einfluss auf den Inhalt dieser Standards. Somit ist zumindest fraglich, ob ein Verstoß gegen die Kennzeichnungsvorschriften auch sofort einen Wettbewerbsverstoß bedingt – ein solcher wäre aber zwingend zur Rechtfertigung einer Abmahnung notwendig. Dementsprechend ist eher davon auszugehen, dass bei Verstößen gegen das Oeko-Tex-Reglement zuallererst Oeko-Tex selbst – und nicht die Rechtsprechung – zuständig ist.

Hinzuweisen ist in dem Zusammenhang auch auf

Handlungsempfehlung: Entschieden ist hier (noch) gar nichts. Schon um des lieben (Rechts-)Friedens willen sollte also bei der Verwendung des „Textiles Vertrauen“-Siegels auch in der Werbung mit dem Oeko Tex 100 auf eine korrekte Darstellung samt Prüfnummer und Institut geachtet werden, schon allein, um Abmahnsportlern und ähnlichen Gestalten keine Angriffsfläche zu bieten.

Weitere Oeko-Tex Standards

Oeko-Tex unterhält übrigens noch weitere Standards, nach denen Zertifikate und Siegel erworben werden können. So weist der Standard „Oeko-Tex 1000“ auf einen umweltfreundlich organisierten Herstellerbetrieb hin; die Prüfkriterien umfassen hier (u.a.):

  • Ausschluss von umweltschädlichen Technologien, Chemikalien und Hilfsmitteln;
  • Einhaltung von Richtwerten für Abwasser- und Abluftreinigung;
  • sparsamen Einsatz von Energieressourcen;
  • etc.

Produkte, die den Standard 100 erfüllen und in einem nach Standard 1000 zertifizierten Betrieb hergestellt wurden, dürfen nach dem Standard „100 plus“ gekennzeichnet werden.

Kommentar

Grundsätzlich nützlich sind sie ja schon, die Qualitätssiegel – schließlich lenken sie das Auge des Verbrauchers gewinnbringend darauf, dass der Verwender nicht nur gesetzlichen Mindeststandard erfüllt. Leider kommt auch hier ein großes „aber“: Der Umgang mit diesen Siegeln erfordert einiges Geschick, und die Werbung mit ihnen zieht nicht nur die Aufmerksamkeit des Verbrauchers, sondern auch die der Abmahnsportler auf sich. Wer also Werbung mit Siegeln wie „Textiles Vertrauen“ betreibt, sollte hierauf eine besondere Sorgfalt anwenden.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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