Exporte ins Nicht-EU-Ausland: Ggf. Verwendung einer sog. No-Russia-Klausel nötig
Nach Artikel 12g Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 müssen Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen eine Klausel in ihre Verträge/AGB aufnehmen, welche die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt (sog. "no re-export to Russia" Klausel, abgekürzt "No-Russia" Klausel).
Rechtlicher Hintergrund
Am 18.12.2023 hat der Europäische Rat das 12. Sanktionspaket gegen Russland beschlossen. Hiermit soll vor allem der Umgehung von EU-Ausfuhrverboten, insbesondere über Drittländer entgegengewirkt werden.
Ein Bestandteil des Sanktionspaketes stellt die sog. "no re-export to Russia" Klausel, abgekürzt "No-Russia" Klausel dar. Diese ist in Artikel 12g Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 geregelt und verpflichtet Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen in ihren Verträgen über den Verkauf, die Lieferung, die Verbringung oder die Ausfuhr von Gütern und Technologien in Drittländer eine Regelung aufzunehmen, die die Wiederausfuhr nach Russland und die Wiederausfuhr zur Verwendung in Russland vertraglich untersagt.
Betroffene Warentypen
Eine entsprechende Klausel muss nur beim Verkauf von folgenden Gütern und Technologien aufgenommen werden:
- Anhang XI (insbesondere Güter zur Verwendung in der Luft- und Raumfahrtindustrie)
- Anhang XX (insbesondere Flugturbinenkraftstoffe und Kraftstoffadditive)
- Anhang XXXV (Feuerwaffen und andere Waffen)
- Anhang XL (u. a. Schaltungen, Halbleiterbauelemente, bestimmte elektrische Geräte)
- Anhang I der Verordnung (EU) Nr. 258/2012 (Feuerwaffen und Munition)
Betroffene Wirtschaftsakteure
Die Verpflichtung gilt für Unternehmer, die Verträge über die vorgenannten Warentypen mit nicht in der EU ansässigen Unternehmen schließen. Ausnahmen bestehen aktuell für Verträge mit Unternehmen aus folgenden Partnerländern: USA, Japan, Vereinigtes Königreich, Südkorea, Australien, Kanada, Neuseeland, Norwegen und Schweiz (vgl. Anhang VIII der Verordnung (EU) Nr. 833/2014).
Musterklausel der EU-Kommission
Die EU-Kommission hat zu Artikel 12g der Verordnung (EU) 833/2014 FAQ in englischer Sprache veröffentlicht. Diese enthalten u. a. auch eine Muster-Klausel, die den Vorgaben des Artikel 12g entspricht:
(1) The [Importer/Buyer] shall not sell, export or re-export, directly or indirectly, to the Russian Federation or for use in the Russian Federation any goods supplied under or in connection with this Agreement that fall under the scope of Article 12g of Council Regulation (EU) No 833/2014.
(2) The [Importer/Buyer] shall undertake its best efforts to ensure that the purpose of paragraph (1) is not frustrated by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers.
(3) The [Importer/Buyer] shall set up and maintain an adequate monitoring mechanism to detect conduct by any third parties further down the commercial chain, including by possible resellers, that would frustrate the purpose of paragraph (1).
(4) Any violation of paragraphs (1), (2) or (3) shall constitute a material breach of an essential element of this Agreement, and the [Exporter/Seller] shall be entitled to seek appropriate remedies, including, but not limited to:
(i) termination of this Agreement; and
(ii) a penalty of [XX]% of the total value of this Agreement or price of the goods exported, whichever is higher.
(5) The [Importer/Buyer] shall immediately inform the [Exporter/Seller] about any problems in applying paragraphs (1), (2) or (3), including any relevant activities by third parties that could frustrate the purpose of paragraph (1). The [Importer/Buyer] shall make available to the [Exporter/Seller] information concerning compliance with the obligations under paragraph (1), (2) and (3) within two weeks of the simple request of such information.
Abweichungen zulässig
Das Muster der EU-Kommission ist nicht allgemeinverbindlich. Abweichungen, die nach dem jeweiligen Landesrecht ggf. sogar erforderlich sind, sind also zulässig.
Auch im Hinblick auf das deutsche Recht sollte die Muster-Klausel der EU-Kommission nicht einfach ins Deutsche übersetzt und unverändert übernommen werden, da dies ggf. mit deutschem AGB-Recht kollidieren könnte. Dies gilt insbesondere für die Regelung einer Vertragsstrafe, die nach der Muster-Klausel auch verschuldensunabhängig verwirkt werden könnte. Auch die Vereinbarung einer pauschalen Vertragsstrafe nach einem bestimmten Prozentsatz des Vertragswertes lässt sich in AGB nur schwerlich wirksam umsetzen.
Anpassungsbedarf für betroffene Händler
Online-Händler, die von der vorgenannten EU-Verordnung betroffen sind, müssen ihre Vertragsformulare bzw. ihre AGB um eine entsprechende Klausel erweitern. Da die Verwendung von Vertragsformularen in der Praxis des Online-Handels eher unüblich ist, bietet sich insoweit die Aufnahme einer solchen Klausel in die AGB an.
Die Aufnahme einer solchen Klausel in die AGB genügt den gesetzlichen Anforderungen, wenn die AGB wirksam in die Kaufverträge einbezogen werden, wobei insoweit ggf. die landesspezifischen Regelungen der Länder zu beachten sind, in denen die Vertragsparteien ihren Sitz haben.
Die IT-Recht Kanzlei hat die relevanten AGB im Rahmen ihrer Schutzpakete für den E-Commerce entsprechend erweitert und stellt diese ihren Mandanten ab sofort im Mandanten-Portal bereit.
Betroffene Mandanten, die für Ihre AGB eine Schnittstelle der IT-Recht Kanzlei nutzen, erhalten ein automatisches Update und müssen insoweit nicht gesondert tätig werden.
Sofern eine Schnittstelle nicht genutzt wird oder nicht zur Verfügung steht, sollten die AGB in dem Abschnitt "Preise und Zahlungsbedingungen" zeitnah manuell angepasst werden.
Fazit
Nach Artikel 12g Absatz 1 der Verordnung (EU) Nr. 833/2014 müssen Unternehmer unter bestimmten Voraussetzungen eine Klausel in ihre Verträge/AGB aufnehmen, welche dem Vertragspartner einen Export bestimmter Waren nach Russland untersagt.
Die Verpflichtung gilt nur für Verträge zur Lieferung bestimmter Warentypen und nur für Verträge mit Unternehmern, die nicht in der EU und nicht in einem Partnerland der EU ansässig sind.
Die EU-Kommission hat als Hilfestellung eine unverbindliche Muster-Klausel veröffentlicht, die jedoch an das jeweilige Landesrecht angepasst werden sollte.
Online-Händler, die von der vorgenannten EU-Verordnung betroffen sind, müssen ihre AGB um eine entsprechende Klausel erweitern.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
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