Onlinehandel in den Niederlanden: Spielregeln des niederländischen E-Commerce
Die Niederlande sind Nachbarland Deutschlands, das jeder zu kennen glaubt und dessen Einwohner entweder Englisch oder Deutsch verstehen, so dass im Onlinehandel dieses Land bei einer europaweiten Onlinehandel-Strategie anscheinend keiner eigenständigen Anstrengung bedarf. Ein solcher Ansatz wäre allerdings verfehlt. Die Niederlande gehören nach den großen europäischen E-Commerce-Nationen Großbritannien, Frankreich und Deutschland zu den führenden Onlinemärkten in Europa mit einer erwarteten hohen Wachstumsrate von über 15 %. Der niederländische Onlinemarkt ist also sehr attraktiv.
Inhaltsverzeichnis
- Niederländischer Markt ist für deutsche Onlinehändler attraktiv
- Wichtige rechtliche Fragen
- Begriff des Verbrauchers im Unterschied zum Begriff des Unternehmers
- Zustandekommen eines Vertrages
- Informationspflichten des Verkäufers
- Einbeziehung der AGB bei Abschluss eines Vertrages
- Widerrufsrecht
- Spezielle Regeln hinsichtlich der Nichterfüllung eines Vertrages zu Lasten des Onlinehändlers
- Mängelhaftung
- Beschränkung der Vorauszahlung auf 50 % des Kaufpreises im Verbraucherkaufrecht
- Impressum und Datenschutz
- Praktische Fragen beim Onlinehandel in den Niederlanden
- Achtung: Anzuwendendes Recht
In den Niederlanden haben vor allem Onlineanbieter eine Chance, die ein ausdifferenziertes Sortiment anbieten und möglichst viele Nischen anbieten können. Auch wenn viele Niederländer Englisch und Deutsch verstehen, wird nur der Onlinehändler eine Chance haben, wirklich auf diesem anspruchsvollen Markt Fuß zu fassen, wenn er die Marktgegebenheiten kennt und seine Internetpräsenz in niederländischer Sprache aufbaut.
Für niederländische Verbraucher gelten im Ergebnis niederländisches Recht und die Zuständigkeit niederländischer Gerichte. Dies ist anders für sogenannte B2B-Geschäfte, wo der deutsche Onlinehändler die Möglichkeit hat, in der Rechtswahlklausel seiner AGB deutsches Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte vorzugeben, ein nicht unerheblicher Vorteil für einen deutschen Onlinehändler. Auch wenn in den Niederlanden als einer der EU-Gründungsstaaten die EU-Regeln zum Fernabsatzrecht gelten, bleiben doch nationale Besonderheiten, die bei Geschäftsbeziehungen mit niederländischen Kunden beachtet werden müssen. Das niederländische Fernabsatzrecht ist zwar verkäuferfreundlich ausgestaltet, die Gerichte und die sehr aktive niederländische Verbraucherschutzbehörde haben jedoch wichtige Einzelfragen zu Gunsten des Verbrauchers entschieden, das gilt insbesondere für die Einbeziehung der AGB in Fernabsatzverträge und die Beschränkung der Vorauszahlung auf 50% des Kaufpreises.
Niederländischer Markt ist für deutsche Onlinehändler attraktiv
Die Niederlande sind einer der führenden Online-Märkte für den Einzelhandel in der EU. Beinahe alle Haushalte verfügen über einen Internetanschluss. 2011 kauften in den Niederlanden etwa 8.5 Mio. Kunden bei über 22.000 Onlineshops Waren und Dienstleistungen im Wert von etwa 12 Mrd. Euro. Die Niederlande sind einer der wichtigsten Handelspartner Deutschland und schon wegen der Nähe zu Deutschland ein interessanter Markt für deutsche Onlinehändler. Neben der Landessprache und Englisch wird Deutsch als dritte Sprache von vielen Niederländern verstanden. Der deutsche Onlinehändler, der sich wirklich auf den holländischen Markt einlassen will, sollte allerding eine Internetpräsenz in holländischer Sprache aufweisen können.
Wichtige rechtliche Fragen
Die Niederlande haben zwar die einschlägigen EU-Richtlinien zum Fernabsatzrecht in nationales Recht umgesetzt. Im Gegensatz zu den meisten europäischen Staaten (und ähnlich wie Deutschland) ist diese Rechtsmaterie aber in verschiedenen niederländischen Gesetzen geregelt worden (insbesondere im niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuch „NBG“). Das niederländische Fernabsatzrecht ist im Grundsatz verkäuferfreundlicher als z.B. das deutsche Fernabsatzrecht. Es gelten allerdings Besonderheiten, die der deutsche Onlinehändler mit Geschäftsbeziehungen in die Niederlande kennen sollte:
Begriff des Verbrauchers im Unterschied zum Begriff des Unternehmers
Der Begriff des Verbrauchers ist eine wichtige Definition, da bei B2B-Geschäften (Geschäfte mit einem Unternehmer) in den AGB auf deutsches Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte verwiesen werden kann. Dankenswerterweise gibt es hier eine Legaldefinition des Begriffs des Verbrauchers in Buch 7 des niederländischen Bürgerlichen Gesetzbuches (NBG). Gem. Buch 7, Art. 7.5, Ziffer 1 NBG ist ein Verbraucher eine natürliche Person , die bei Abschluss eines Vertrages nicht im beruflichen Rahmen oder geschäftlichen Rahmen handelt. Diese Begriffsdefinition ähnelt der Begriffsbestimmung des Verbrauchers nach deutschem Recht (§§ 13, 14 BGB)
Zustandekommen eines Vertrages
Im Allgemeinen kann auch nach holländischem Vertragsrecht durch AGB festgelegt werden, dass die Darstellung von Produkten auf der Webseite eines Onlinehändlers nicht als verbindliches Vertragsangebot angesehen wird, sondern dass erst die Bestellung des Kunden als verbindliches Vertragsangebot zu werten ist. Zumindest ist in den Bestimmung zum Fernabsatzverträgen (NBG, Buch 7, Art. 7.1 ff) keine zwingende Regel zum Zustandekommen von Fernabsatzverträgen enthalten. Niederländische Gerichte haben allerdings auf Intervention der Verbraucherschutzbehörde in Einzelfällen entschieden, dass die Bestellung eines auf der Webseite eines Onlinehändlers genügend spezifizierten Produkts im Rahmen einer Auktion s als Annahme eines Vertragsangebotes anzusehen war.
Die Frage zum Zustandekommen eines Vertrages kann Auswirkungen haben. Wenn erst die Bestellung des Kunden als Vertragsangebot zu werten ist, kann der Verkäufer in der Annahme des Angebots nicht mehr Konditionen einführen, die auf seiner Webseite nicht aufgeführt waren.
Im Übrigen wird die Frage des Zustandekommens eines Fernabsatzvertrages in der Praxis nur eine geringe Rolle spielen, da im NGB Sondervorschriften hinsichtlich der Nichterfüllung der Pflichten des Verkäufers vorgesehen sind (s. hierzu weiter unten zu den spezielle Regeln hinsichtlich der Nichterfüllung eines Vertrages zu Lasten des Onlinehändlers)
Informationspflichten des Verkäufers
Wie nach deutschem Recht auch besteht entsprechend EU-Richtlinie zum Fernabsatzrecht ein ganzer Katalog von vorvertraglichen oder außervertraglichen Informationspflichten des Verkäufers NGB, Buch 7 , Art. 7.46 ff.)
Einbeziehung der AGB bei Abschluss eines Vertrages
Die AGB des Onlinehändlers werden nur Bestandteil des Vertrages, wenn der Kunde die Möglichkeit hatte, von diesen AGB in zumutbarer Weise Kenntnis zu erlangen (NGB, Buch 6 Art, 6.232). Es sollte die Möglichkeit eines Ausdrucks der AGB geben. Um Beweisschwierigkeiten zu vermeiden, sollte der Kunde während des Bestellvorgangs (z. B. durch Ankreuzen einer Opt-in Box) ausdrücklich sein Einverständnis mit den AGB erklären).
Widerrufsrecht
Nach niederländischen Recht besteht nur ein 7-tägiges Widerrufsrecht (NGB, Art. 7.46 d). Nur die Rücksendekosten können dem Verbraucher bei Ausübung seines Widerrufsrechts auferlegt werden (NGB, Buch 7, Art.7.46d, Ziffer 2). Der Onlinehändler muss den bereits geleisteten Kaufpreis innerhalb von30 Tagen nach Widerrufserklärung rückerstatten.
Die Frage der außervertraglichen Informationspflichten spielt für die Widerrufsfrist eine wichtige Rolle. Kommt der Onlinehändler seinen Informationspflichten nicht nach, beträgt die Widerrufsfrist drei Monate (NGB, Buch 7 Art 7.46d, Ziffer 1).
Spezielle Regeln hinsichtlich der Nichterfüllung eines Vertrages zu Lasten des Onlinehändlers
Das niederländische Recht schafft spezielles Verbraucherrecht bei Fernabsatzverträgen für den Fall der Nichterfüllung eines Fernabsatzvertrages durch den Verkäufer.
Nach Bestellung einer Ware oder einer Dienstleistung wird der Verkäufer als vertragsbrüchig angesehen, wenn er nicht innerhalb von 30 Tagen die bestellte Ware oder Dienstleistung liefert (NGB, Buch 7, Art.7.46f, Ziffer 1). Dies gilt auch dann, wenn kein Bestätigungsschreiben des Verkäufers zur Bestellung des Kunden vorliegt. Der Verkäufer kann sich daher nicht darauf berufen, dass er die Bestellung des Kunden nicht angenommen habe. Der Verkäufer wird also mit der Bestellung faktisch ins Obligo gesetzt. Der Onlinehändler kann aber den Kunden über die Nichtverfügbarkeit der Wage nach Bestellung informieren, ohne an Vertragspflichten gebunden zu sein (NGB, Buch 7, Art. 7.46f, Ziffer 2). Er muss dies so bald wie möglich tun. Der Onlinehändler muss den bereits geleisteten Kaufpreis innerhalb von 30 Tagen zurückerstatten.
Mängelhaftung
Es gelten die besonderen Vorschriften zum Kaufrecht und zum Verbraucherkaufrecht des NGB, Buch 7, Art. 7.1.3. ff. Der Verbraucher kann Reparatur, Ersatz, Minderung oder Auflösung des Vertrages verlangen. Der Verbraucher muss allerdings den Verkäufer über einen Mangel innerhalb von 2 Monaten nach Entdeckung in Kenntnis setzen, um seine Rechte zu wahren (NGB, Buch 7, Art. 7.23, Ziffer 1) Die absolute Gewährleistungsfrist beträgt zwei Jahre (NGB, Buch 7, Art. 7.23, Ziffer 2).
Der Verbraucher kann darüber hinaus den Onlinehändler bei Lieferung eines mangelhaften Produkts für Folgeschäden (Personenschäden, Sachschäden) unter bestimmten Voraussetzungen haftbar machen (NGB, Buch 7, Art. 7.24)
Beschränkung der Vorauszahlung auf 50 % des Kaufpreises im Verbraucherkaufrecht
Im niederländischen Verbraucherkaufrecht kann sich der Verbraucher auf das Verbot einer 100%-Vorauszahlung berufen, zulässig ist nur eine Vorauszahlung bis zur Höhe von 50% des Kaufpreises. Der Onlinehändler sollte daher auch eine Zahlungsmethode anbieten, die eine Bezahlung nach Lieferung der Ware ermöglicht.
Impressum und Datenschutz
Der deutsche Onlinehändler kann für Onlinegeschäfte in den Niederlanden sein ihm vertrautes Impressum und seine Datenschutzerklärung anwenden.
Praktische Fragen beim Onlinehandel in den Niederlanden
Wichtig ist eine angepasste Darstellung der Internetpräsenz, wenn es darum geht, gezielt Kunden in den Niederlanden anzusprechen. Der deutsche Onlinehändler, der Geschäfte in den Niederlanden betreiben will, kann zwar in etwa von der Anwendbarkeit der ihm in Deutschland vertrauten Informationspflichten ausgehen. Aber es gibt Unterschiede, wie das o.g. Beispiel der Lieferungspflicht des Verkäufers zeigt. Die AGB des Onlinehändlers gelten nur, wenn der Kunde in einem speziellen, nicht zu übersehenden Link auf diese AGB hingewiesen wird (am besten im Rahmen eines opt-in Links) Ein allgemeiner Hinweis auf die AGB reicht nicht aus.
Der Onlinehändler, der gezielt niederländische Kunden ansprechen will, wird neben der Verwendung (niederländischer) AGB auf eine Gestaltung einer besonderen Seite in Niederländisch nicht verzichten können.
Wir haben für die angebotenen AGB, die wir in niederländischer Sprache anbieten, in einer Vorbemerkung zusammengefasst, welche Informationen der Onlinehändler bei Geschäften in den Niederlanden auf seiner Webseite darstellen sollte.
Achtung: Anzuwendendes Recht
Vorsicht ist geboten, wenn sich die Angebote des Händlers nach den äußeren Umständen nicht nur an Verbraucher mit Wohnsitz in den Niederlanden sondern auch an Verbraucher im Ausland richten, wo teilweise wesentlich strengere gesetzliche Anforderungen für den elektronischen Geschäftsverkehr gelten. Möchte der Händler Konflikte mit ausländischen Rechtsordnungen vermeiden, sollte er sicherstellen, dass sich seine Angebote nur an Kunden mit Wohnsitz in den Niederlanden richten. Dabei sollten Verhaltensweisen vermieden werden, die für ein grenzüberschreitendes Anbieten sprechen wie z. B. die Angabe der Telefonnummer mit internationaler Vorwahl, die Verwendung einer anderen Top-Level-Domain als.nl, die Verwendung einer neutralen, nicht länderspezifischen Top-Level-Domain (z.B..com), die Erwähnung internationaler Kundschaft, insbesondere durch die Wiedergabe von Kundenbewertungen oder die Möglichkeit, eine andere Sprache zu wählen. Zudem sollten Liefergebiet und Kundenkreis ausdrücklich begrenzt werden.
Möchte der Händler sich mit seinen Angeboten dagegen gezielt auch an Verbraucher im Ausland richten, wo ggf. strengere gesetzliche Anforderungen gelten als in den Niederlanden, so sollte er zur Vermeidung von Konflikten die rechtliche Gestaltung seiner Online-Präsenz im Zweifel nach der Rechtsordnung ausrichten, die den strengsten Verbraucherschutz vorsieht. In diesem Fall ist eine professionelle rechtliche Beratung dringend anzuraten.
Ein Gewerbetreibender in den Niederlanden kann sich im Grundsatz – anders als ein niederländischer Verbraucher - nicht auf niederländische Recht und die Zuständigkeit niederländischer Gerichte berufen, wenn die AGB eine andere Rechtswahlklausel vorsehen. Die IT-Recht Kanzlei hat daher in den angebotenen AGB für die Niederlande eine Klausel eingefügt, dass bei Rechtsstreitigkeiten zwischen einem niederländischen Gewerbetreibenden und einem deutschen Onlinehändler ausschließlich deutsches Recht und die Zuständigkeit deutscher Gerichte gelten.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
5 Kommentare
Bin ich im Recht, dass der Verkäufer die Rücksendekosten tragen muss ? Ich streite mich jetzt schon seit 4 Wochen mit denen rum.
Kann ich eine Anzeige bei der Niederländischen Polizei machen?
habe bei einem Niederländischen Onlineversand Camping-zubehör bestellt.
Einer der bestellten Artikel erfüllte nicht meine Erwartungen und wurde deshalb
unbenutzt zurückgesandt. Der Onlineshop hat das dann auch bestätigt,
aber nur eine Gutschrift angeboten. Ist das nach Niederländischem Gesetz erlaubt?
Liebe Grüße und einen guten Rutsch ins neue Jahr!
ich habe mir drei Flaschen Vodka über einen holländischen Online-Shop bestellt. Heute ist das Paket angekommen und die Ware, die ich bekommen habe, stimmt nicht mit dem Bild der Website überein (auf dem Bild ist eine Flasche von 2009 und bekommen habe ich Neue mit einem ganz anderem Design nur die Form ist gleich). Den Shop habe ich schon kontaktiert, aber sie kommen mir nicht entgegen und geben mir nur die Möglichkeit das Paket zu behalten oder auf eigene Kosten zurück zu schicken.
Meine Frage ist, ob der Verkäufer bei so einem Fall meinen Rückversand zahlen muss? Und wie ich gegen ihn rechtlich vorgehen kann (Täuschung? da Produkt nicht dem Bild der Website entspricht).
verstößt der niederländischer Onlinehändler fast gegen alle Gesetze welcher ein deutscher Onlinehändler befolgen muß.
Was kann ich als deutscher Händler mit gleichen Produkten tun um diese Ungleichheit zu unterbinden. Seine Produkte sind weder nach dem Elektrogerätegesetz bei der Stiftung EAR registriert, es gibt kein Hinweis nach dem ODr-Gestz, keine Datenschutzerklärung und Widerrufsbelehrung usw. usw.! Alle angeschriebenen Behörden und zuständige Institutionen in Deutschland reagieren überhaupt nicht darauf!