KG Berlin: Nichtausweisung von Flaschenpfand stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar

KG Berlin: Nichtausweisung von Flaschenpfand stellt keinen Wettbewerbsverstoß dar
von Antonia Lehmann
12.10.2017 | Lesezeit: 4 min

Die Preisangabenverordnung (nachfolgend „PAngV“) ist eine deutsche Verbraucherschutzverordnung, dessen Regelungsgehalt die Angabe des Preises für das Anbieten von Waren oder Dienstleistungen im Verhältnis zum Verbraucher ist. Hierbei muss es sich um gewerbs- oder geschäftsmäßige Waren, beziehungsweise Dienstleistungen handeln.

Inhaltsverzeichnis

Durch sachlich zutreffende und vollständige Information über Preiswahrheit und Preisklarheit sollen die Vergleichsmöglichkeiten des Verbrauchers und der Wettbewerb gefördert werden.

Sinn und Zweck ist es den Endverbraucher zu schützen, welcher nicht ausschließlich der in § 13 BGB definierte Verbraucher ist. Endverbraucher ist regelmäßig derjenige, welcher die Ware oder Dienstleistung nur für sich verwenden und nicht weiter veräußern möchte.

Umfassende Informationen zur Preisangabenverordnung erhalten Sie in unseren erst kürzlich aktualisierten FAQ zur PAngV.

Im vorliegenden Fall hatte sich das Kammergericht Berlin mit der Frage zu beschäftigen, ob eine die fehlende Angabe von Flaschenpfand ein Wettbewerbsverbot iSd. § 3a UWG darstellt (Urteil v. 21.06.2017 – Az.: 5 U 185/16).

§ 3a UWG normiert, dass unlauter handelt, wer einer gesetzlichen Regelung zuwiderhandelt, welche auch dazu bestimmt ist, im Interesse der Marktteilnehmer das Marktverhalten zu regeln und wenn dieser Verstoß die Interessen von Verbrauchern, Marktteilnehmern oder Mitbewerbern beeinträchtigt.

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Zu den Einzelheiten der Entscheidung des Kammergerichts Berlin

Der Kläger wendete sich in dem Rechtsstreit unter anderem gegen die Bewerbung des Beklagten von Getränken gegenüber Letztverbrauchern, für welche ein Flaschenpfand erhoben wird, ohne das Flaschenpfand der Höhe nach neben dem Preis für die Ware anzugeben und klagte auf Unterlassung.

Das Gericht führte in seiner Entscheidung aus, dass ein Unterlassungsanspruch nach § 8 I UWG iVm. §§ 3, 3a UWG nicht begründet werden könne.

Zwar bestehe gem. § 1 Abs. 4 PAngV ein ausdrückliches Informationsgebot, nach welchem die Höhe des Flaschenpfandes neben dem Preis angeben werden müsse:

"Wird außer dem Entgelt für eine Ware oder Leistung eine rückerstattbare Sicherheit gefordert, so ist deren Höhe neben dem Preis für die Ware oder Leistung anzugeben und kein Gesamtbetrag zu bilden, vgl. § 1 Abs. 4 PAngV. "

Jedoch stelle die Vorschrift des § 1 Abs. 4 PAngV keine Marktverhaltensregelung iSv. § 3a UWG dar. Insoweit fehle es an einer hinreichenden Grundlage im Unionsrecht.

Mit der EU-Richtlinie über unlautere Geschäftspraktiken (UPG-Richtlinie) wurde ein neuer Rechtsrahmen für Werbemaßnahmen und Vertriebsaktionen geschaffen. In dieser wurde abschließend geregelt, welche Geschäftspraktiken im Geschäftsverkehr zwischen Unternehmern und Verbrauchern als unlauter anzusehen und demnach unzulässig sind.

Verstoß gegen nationale Bestimmung kann Unlauterkeit nach § 3a UWG nur begründen, wenn die betreffenden Regelungen eine Grundlage im Unionsrecht haben

Ein Verstoß gegen nationale Bestimmungen des § 3a UWG könne demnach nur angenommen werden, sofern dies unionsrechtlich bestimmt ist.

Denn die Unionsstaaten dürften im Anwendungsbereich der Richtlinie grundsätzlich keine strengeren, als die in der Richtlinie festgelegten Maßnahmen erlassen und dies gilt selbst dann, wenn ein höheres Verbraucherschutzniveau erreicht werden soll.

Hinsichtlich des Informationsgebots aus § 1 Abs. 4 PAngV fehle es an einer Grundlage im Unionsrecht, weder aus der UGP-Richtlinie, noch aus der PAngRL sei eine entsprechende Regelung zu entnehmen, so dass die Vorschrift gegen Art. 4 UGP-RL verstoße und daher nicht mehr angewendet werden dürfe. Art. 4 UGP-RL normiert das Prinzip der Vollharmonisierung, dessen Hintergrund die Verwirklichung eines gemeinsamen Binnenmarktes ist.

Darüber hinaus stelle die „rückerstattbare Sicherheit“ einen unvermeidbaren und vorhersehbaren Bestandteil des Preises dar, welcher obligatorisch vom Verbraucher zu tragen sei.

Einer Aussetzung des Rechtsstreits und Klärung des Schicksals des § 1 Abs. 4 PAngV vor dem EuGH bedürfe es nicht, da es sich vorliegend um einen „acte clair“ handle.

Auch das Argument des Klägers, die lediglich in Deutschland anzutreffenden Regelungen zur Flaschenbepfandung ändere nichts an dem Umstand, dass das höherrangige Recht hinsichtlich Informationspflichten dem nationalen Recht entgegenstehe.

Zudem müsse auch nicht, wie hilfsweise betragt, ausgewiesen werden, dass im Gesamtpreis das Pfand erhalten sei. Es bestehe zwar die Pflicht, das Pfand in den Gesamtpreis einzurechnen, jedoch stehe es den Lieferanten hierbei frei, den Gesamtpreis entsprechend aufzuschlüsseln und auf die Möglichkeit der Rückerstattung der Sicherheit hinzuweisen. Denn nach § 2 I S. 1 PAngV hat derjenige, welcher Verbrauchern gewerbsmäßig Waren anbietet den Gesamtpreis anzugeben.

Fazit

Nicht immer stehen nationales Recht und Europarecht im Einklang miteinander.

Es ist demnach möglich, dass im deutschen Recht Normen existieren, die so im Unionsrecht keinen Widerhalt finden. Da jedoch das Unionsrecht im Verhältnis zum nationalen Recht Vorrang genießt, ist es möglich, dass deutsche Gesetze oder Verordnungen für nicht mehr anwendbar erklärt werden können, so im vorliegenden Fall der § 1 Abs. 4 PAngV.

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