KG Berlin: Zulässigkeit von Email-Werbung ohne Einwilligung des Adressaten hängt speziell vom Begriff der „ähnlichen Ware“ (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) ab

KG Berlin: Zulässigkeit von Email-Werbung ohne Einwilligung des Adressaten hängt speziell vom Begriff der „ähnlichen Ware“ (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) ab
von Tobias Kuntze
10.06.2011 | Lesezeit: 5 min

Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Werbung mit Newsletter und Fax" veröffentlicht.

Grundsätzlich setzt eine im Sinne des Wettbewerbsrechts zulässige Werbung mittels Email voraus, dass eine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten vorliegt (§ 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG) . Allerdings enthält das Wettbewerbsrecht in § 7 Abs. 3 UWG eine Ausnahmeregelung, nach der eine Einwilligung des Kunden in bestimmten Fällen entbehrlich ist. Ob die Ausnahmeregelung eingreift, hängt insbesondere von der Frage ab, ob die Email-Adresse zur Bewerbung von „ähnlichen Waren“ verwendet wird. Was unter diesem Begriff genau zu verstehen ist, hat das KG Berlin in einem aktuellen Urteil näher konkretisiert.

Einwilligung in Email-Werbung – ein einleitender Überblick

Sofern keine vorherige ausdrückliche Einwilligung des Adressaten in den Erhalt von Email-Werbung vorliegt, kann die Werbung in wettbewerbsrechtlicher Sicht trotzdem zulässig sein. Dies setzt aber voraus, dass die Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG einschlägig ist.

Nach § 7 Abs. 3 UWG handelt es sich trotz fehlender Einwilligung des Adressaten um eine zulässige Email-Werbung, wenn
1.    ein Unternehmer im Zusammenhang mit dem Verkauf einer Ware oder Dienstleistung von dem Kunden dessen elektronische Postadresse erhalten hat,
2.    der Unternehmer die Adresse zur Direktwerbung für eigene ähnliche Waren oder Dienstleistungen verwendet,
3.    der Kunde der Verwendung nicht widersprochen hat und
4.    der Kunde bei Erhebung der Adresse und bei jeder Verwendung klar und deutlich darauf hingewiesen wird, dass er der Verwendung jederzeit widersprechen kann, ohne dass hierfür andere als die Übermittlungskosten nach den Basistarifen entstehen.

Die dargestellte Ausnahmeregelung greift aber nur dann ein, wenn alle vier Voraussetzungen gemeinsam (kumulativ) vorliegen. Nur dann ist die Einwilligung des Kunden in die Email-Werbung entbehrlich. Ist aber nur eine der vier Voraussetzungen nicht erfüllt (ist z.B. die Email-Adresse nicht korrekt erlangt oder für nicht „ähnliche“ Produkte geworben worden), so greift die Ausnahmeregelung nicht und es bleibt bei der grundsätzlichen Voraussetzung der Einwilligung des Kunden. Ist die Einwilligung dann nicht vorhanden, so stellt die Werbung eine unzumutbare Belästigung im Sinne des § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG dar.

Für einen vertieften Gesamtüberblick zu allen vier Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG sei auf die News vom 10.11.2010 verwiesen: Email-Werbung und Einwilligung des Adressaten - Was ist zu beachten?

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Das Urteil des KG Berlin - Der Begriff der „ähnlichen Ware“:

Eine neue Entscheidung des KG Berlin (Urteil vom 18.03.2011, Az. 5 W 59/11) hat sich nun mit der zweiten Voraussetzung (§ 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG) , also dem Begriff der Ähnlichkeit der Ware oder Dienstleistung, näher auseinandergesetzt.

Konkret ging es in der Entscheidung um die Frage, ob die Antragsgegnerin eine im Zusammenhang mit dem Verkauf eines Geduldsspiels (mit dem Namen „Don’t break the bottle; zum Preis von 23 €) erhaltene Email-Adresse trotz Fehlens einer ausdrücklichen Einwilligung zur Direktwerbung nutzen darf und es sich bei den in der Werbe-Mail angepriesenen Produkten um „ähnliche Waren“ im Sinne der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG (siehe oben) handelt. In der Werbe-Mail wurden u.a. ein Wireless Lautsprecher Set, Origami Papier-Servietten, Leuchtende Party-Gläser, Witzige Eiswürfelformen sowie ein Musik-Abmischgerät als „Must-haves für deine Silvesterparty”  beworben.

In seinem Urteil verneinte das KG Berlin das Vorliegen „ähnlicher Waren“. Denn grundsätzlich müsse sich die Ähnlichkeit auf die bereits gekauften Produkte beziehen und demselben typischen Verwendungszweck oder Bedarf des Kunden entsprechen. Dies sei regelmäßig erfüllt, wenn die Produkte austauschbar seien oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienten. Dabei müsse diese Regelung eng ausgelegt werden, um den Adressaten vor unerbetener Werbung zu schützen. Im konkreten Fall sahen die Berliner Richter den gleichen typischen Verwendungszweck oder eine Austauschbarkeit zwischen dem gekauften Geduldsspiel und den in der E-Mail beworbenen Produkten (siehe oben) nicht als gegeben. Mangels Ähnlichkeit der Waren verneinten sie daher die Anwendung der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG und gaben dem Unterlassungsbegehren des Antragsstellers wegen des Erhalts unerbetener Email-Werbung statt.

Die von der Vorinstanz bejahte Frage, ob es für die Ähnlichkeit der Waren genüge, dass sich die angepriesenen Artikel wie der zuvor gekaufte Artikel gleichermaßen als Geschenk für einen Party-Gastgeber eigneten, wurde vom KG Berlin hingegen offen gelassen. Denn nach Auffassung des KG Berlin treffe dies in tatsächlicher Hinsicht zumindest nicht für alle beworbenen Produkte zu (gerade das teure Lautsprecherset und das Mischgerät seien keine objektiv geeigneten Geschenke für einen Party-Gastgeber), was aber zur Bejahung des Ausnahmetatbestands erforderlich wäre.

Auch die Tatsache, dass die Antragsgegnerin die angepriesenen Artikel als “Top 5 Party-Mitbringsel” bezeichnete, hat nach Ansicht des KG keinen Einfluss auf das Ergebnis der Entscheidung. So unterliege es nicht der Definitionsmacht des Werbenden, was er laut Werbung als Verwendungszweck erachte. Vielmehr sei ein objektiver Ähnlichkeitsbezug erforderlich. Andernfalls würde die gesetzliche Regelung ausgehöhlt, wie das folgende, vom KG Berlin selbst angeführte, Extrembeispiel zeigt: „Bewerbung eines zu erwerbenden Rolls-Royce’ als “Party-Mitbringsel”, nachdem zuvor eine CD mit “Party-Hits” erworben wurde.“

Fazit

Sofern keine ausdrückliche Einwilligung des Adressaten in den Erhalt von Email-Werbung vorliegt, ist eine solche nur zulässig, wenn alle Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des  § 7 Abs. 3 UWG (siehe oben) vorliegen. Gerade der Begriff der „ähnlichen Ware“ in § 7 Abs. 3 Nr. 2 UWG bereitet Schwierig¬keiten. Die Ähnlichkeit ist nach Ansicht des KG Berlin nur dann gewahrt, wenn die in Frage stehenden Produkte austauschbar sind oder dem gleichen oder zumindest einem ähnlichen Bedarf oder Verwendungszweck dienen. Bei dieser Beurteilung ist erhöhte Vorsicht geboten, da die Rechtsprechung strenge Auslegungsmaßstäbe anzulegen scheint. Für einen Gesamtüberblick zu den weiteren Voraussetzungen der Ausnahmeregelung des § 7 Abs. 3 UWG, siehe die News vom 10.11.2010: Email-Werbung und Einwilligung des Adressaten - Was ist zu beachten?

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