![Ab 01.07.2024: Neue Anzeigepflicht für Lebensmittelbedarfsgegenstände](https://cdn.it-recht-kanzlei.de/public/cms/images/Content/9627/image.jpg)
Am 1. Juli 2024 tritt in Deutschland eine neue Fassung der Bedarfsgegenständeverordnung in Kraft. Diese führt eine Anzeigepflicht für Wirtschaftsakteure ein, die Lebensmittelbedarfsgegenstände als Fertigerzeugnisse herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen. Dies betrifft auch den Online-Handel mit den entsprechenden Produkten.
Inhaltsverzeichnis
Rechtlicher Hintergrund
Für Hersteller und Inverkehrbringer von Lebensmittelbedarfsgegenständen besteht bislang keine Anzeige- oder anderweitige Melde- oder Registrierungspflicht, wie sie beispielsweise für Lebensmittelunternehmer im Lebensmittelhygienerecht verankert ist.
Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft (BMEL) hat deshalb kürzlich eine Neufassung der Bedarfsgegenständeverordnung (BedGgstV) beschlossen.
Mit der entsprechenden Verordnung sollen die in der Verordnung (EU) 2017/625 enthaltenen allgemeinen Pflichten der zuständigen Behörden und der Unternehmer in Bezug auf die Erstellung und Aktualisierung von Unternehmenslisten im Sinne eines einheitlichen Vorgehens ausgestaltet werden.
Dies sei laut Gesetzesbegründung erforderlich, um die Überwachung der Unternehmen zu optimieren, das Risiko der Herstellung und des Inverkehrbringens von nicht rechtskonformen, ggf. nicht sicheren Lebensmittelbedarfsgegenständen zu minimieren und dadurch den gesundheitlichen Verbraucherschutz weiter zu verbessern. Zudem sei damit eine Gleichbehandlung aller betroffenen Unternehmen gegeben.
Neue Anzeigepflicht
In einem neu eingefügten § 2a wird eine Anzeigepflicht für Wirtschaftsakteure in Bezug auf Lebensmittelbedarfsgegenstände geregelt.
Danach haben Unternehmer, die Lebensmittelbedarfsgegenstände
- als Fertigerzeugnis herstellen (z. B. die Verpackungsindustrie)
- behandeln (z. B. die Betreiber von Lagereinrichtungen für Lebensmittelbedarfsgegenstände) oder
- in den Verkehr bringen (z. B. der gesamte Einzelhandel)
dies spätestens bei Aufnahme der Tätigkeit der für den jeweiligen Betrieb zuständigen Behörde anzuzeigen.
Als "Inverkehrbringen" gilt gemäß Art. 2 Abs. 1 lit. b der EU-Verordnung 1935/2004 über Lebensmittelbedarfsgegenstände das Bereithalten von Materialien und Gegenständen für Verkaufszwecke einschließlich des Anbietens zum Verkauf oder jeder anderen Form der Weitergabe, gleichgültig, ob unentgeltlich oder nicht, sowie der Verkauf, den Vertrieb oder andere Formen der Weitergabe selbst.
Aus diesem Grund ist auch der Handel von der neuen Anzeigepflicht grundsätzlich betroffen.
Ausnahmen
Ausgenommen von der Pflicht zur Anzeige sind
- Erzeuger, die kleine Mengen von Primärerzeugnissen direkt an den Endverbraucher oder an lokale Einzelhandelsgeschäfte abgeben, die die Erzeugnisse wiederum unmittelbar an den Endverbraucher abgeben.
- Lebensmittelunternehmer, die Lebensmittelbedarfsgegenstände herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen, sofern der jeweilige Betrieb bereits nach Artikel 6 Absatz 2 der Verordnung (EG) Nr. 852/2004 von der zuständigen Behörde registriert worden ist. Dies kann z. B. den Lebensmitteleinzelhandel sowie Imbisse und andere gastronomische Be- triebe betreffen.
Definition der Lebensmittelbedarfsgegenstände
Die Anzeigepflicht gilt für Unternehmer, die Lebensmittelbedarfsgegenstände als Fertigerzeugnis herstellen, behandeln oder in den Verkehr bringen.
Lebensmittelbedarfsgegenstände sind gemäß Art. 1 Absatz 2 der EU-Verordnung Nr. 1935/2004 Gegenstände des täglichen Bedarfs,
- die dazu bestimmt sind, mit Lebensmitteln in Berührung zu kommen,
- die bereits mit Lebensmitteln in Berührung sind und dazu bestimmt sind,
- oder die vernünftigerweise vorhersehen lassen, dass sie bei normaler oder vorhersehbarer Verwendung mit Lebensmitteln in Berührung kommen oder ihre Bestandteile an Lebensmittel abgeben.
Konkrete Beispiele hierfür sind:
- Maschinen zur Herstellung von Lebensmitteln
- Gegenstände zur Zubereitung und Behandlung von Lebensmitteln (z. B. Fleischwolf, Kaffeemühle, Gewürzmühle, Kaffee- und Teefilter)
- Verpackungen von Lebensmitteln (Frischhaltefolien, Papiertüten, Einwickelpapier, Jutesäcke, Kartonverpackungen, Tiefkühlboxen)
- Gestände zum Essen und Trinken (z. B. Geschirr, Trinkgläser, Besteck, Servietten)
Lebensmittelbedarfsgegenstände dürfen keine Inhaltsstoffe oder Bestandteile in Mengen an Lebensmittel abgeben, die die Gesundheit gefährden. Auch dürfen sie zu keiner unvertretbaren Veränderung des Lebensmittels führen und keine geruchliche oder geschmackliche Beeinträchtigung bewirken. Lebensmittelbedarfsgegenstände sind deshalb unter Einhaltung dieser Anforderungen nach guter Herstellungspraxis herzustellen.
Die allgemeinen Anforderungen an die Sicherheit von Lebensmittelbedarfsgegenständen sind in der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004 sowie national im Lebensmittel- und Futtermittelgesetzbuch und der Bedarfsgegenständeverordnung verankert. Allgemeine Vorgaben zur guten Herstellungspraxis finden sich in der Verordnung (EG) Nr. 2023/2006.
Umfang der Anzeigepflicht
Vorab: Anzeigepflichtig ist nicht das Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen eines jeden einzelnen Erzeugnisses, sondern nur die allgemeine Tatsache, dass ein Unternehmen Lebensmittelbedarfsgegenstände herstellt, behandelt oder in den Verkehr bringt.
Die Anzeige muss die folgenden Angaben umfassen:
1. den Namen, die Anschrift und die Rechtsform des mit dem Herstellen, Behandeln oder Inverkehrbringen befassten Unternehmens sowie des verantwortlichen Unternehmers. Der verantwortliche Unternehmer ist derjenige, der die lebensmittelrechtliche Verantwortung trägt - entweder aufgrund seiner Stellung im Unternehmen (z. B. Geschäftsführer) oder entsprechender vertraglicher Delegation.
2. die Bezeichnung und die Anschrift des jeweiligen Betriebes,
3. die Art der Tätigkeit des anzeigenden Unternehmens einschließlich der im Wege der Fernkommunikation durchgeführten Tätigkeiten, d. h. ob es sich um einen Hersteller, Importeur oder sonstigen Inverkehrbringer von Lebensmittelbedarfsgegenständen handelt, sowie
4. die Gruppe der folgenden Materialien oder Gegenstände, die den Hauptbestandteil der jeweiligen von dem betreffenden Unternehmen bzw. Betrieb hergestellten, behandelten oder in den Verkehr gebrachten Lebensmittelbedarfsgegenstände darstellt:
- Aktive und intelligente Materialien und Gegenstände
- Klebstoffe
- Keramik
- Kork
- Gummi
- Glas
- Ionenaustauscherharze
- Metalle und Legierungen
- Papier und Karton
- Kunststoffe
- Druckfarben
- Regenerierte Cellulose
- Silikone
- Textilien
- Lacke und Beschichtungen
- Wachse
- Holz
(vgl. Anhang I der Verordnung (EG) Nr. 1935/2004).
Dabei ist nur eine allgemeine Angabe zu den Materialien bzw. Gegenständen im Lebensmittelbedarfsgegenstände-Portfolio des Unternehmens verpflichtend. Eine auf den individuellen Lebensmittelbedarfsgegenstand heruntergebrochene Aufschlüsselung der darin enthaltenen einzelnen Materialarten wird nicht verlangt.
Beispiele der zu meldenden Angaben
Die zu meldenden Angaben können daher beispielsweise lauten (fiktive Namensangaben):
1) FCM-C GmbH (einschließlich Anschrift des Unternehmens und, sofern zutreffend, des Betriebs sowie Angabe des verantwortlichen Unternehmers), Hersteller von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Keramik;
oder
2) PAPACA GbR (einschließlich Anschrift des Unternehmens und, sofern zutreffend, des Betriebs sowie Angabe des verantwortlichen Unternehmers), Importeur von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Papier, Pappe und Karton;
oder
3) MeKu-FCM GmbH Co. KG (einschließlich Anschrift des Unternehmens und, sofern zutreffend, des Betriebs sowie Angabe des verantwortlichen Unternehmers), Hersteller von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Kunststoff und von Lebensmittelbedarfsgegenständen aus Metall sowie online-Vertrieb über Internetshop www.MEKU-FCM.de.
Notwendigkeit einer Änderungsanzeige
Wenn sich dauerhafte Änderungen im Unternehmen oder einem Betrieb ergeben, beispiels- weise wenn das Inverkehrbringen von Lebensmittelbedarfsgegenständen eingestellt wird, oder eine andere Gruppe von Materialien oder Gegenständen, als bei der ersten Anzeige angegeben, hergestellt, behandelt oder in den Verkehr gebracht wird, sind diese der zuständigen Behörde ebenfalls mitzuteilen
Eine nur vorübergehende Sortimentsänderung, z. B. aufgrund von Lieferengpässen, ist davon nicht erfasst. Entsprechend ist laut Gesetzesbegründung eine Änderungsanzeige erst sechs Monate nach Eintritt der Änderung erforderlich, falls diese dann noch besteht und insofern nicht als nur vorübergehend zu betrachten ist.
Zuständige Behörden und Formalien
Zuständig für die Entgegennahme der Tätigkeitsanzeigen sind die entsprechenden Ministerien der Bundesländer als oberste Lebensmittelüberwachungsbehörden.
Die Art und Weise der Übermittlung (z. B. mittels eines spezifischen Formblattes, Übersendung per Post oder auf elektronischem Weg etc.) richtet sich nach den in dem jeweiligen Bundesland maßgeblichen Vorgaben.
Sollten sich dem Unternehmen unterstellte Betriebe in verschiedenen Bundesländern befinden, so muss die Anzeige pro Betrieb bei der jeweils räumlich zuständigen Landesbehörde erfolgen.
Sanktionen bei Verstößen
Verstöße gegen die Anzeigepflicht können als Ordnungswidrigkeiten mit Bußgeldern bis zu EUR 50.000,00 sanktioniert werden, § 60 Abs. 5 Nr. 2 LFGB.
Zudem handelt es sich bei dem neuen § 2a BedGgstV um eine Marktverhaltensregelung im Sinne des § 3a UWG. Verstöße gegen die neue Anzeigepflicht begründen somit zugleich einen Wettbewerbsverstoß, der ggf. auch kostenpflichtig abgemahnt werden kann.
Geltung der neuen Regelung
Die Änderungen treten am 01.07.2024 in Kraft. Dann hat die Anzeige der oben genannten Tätigkeiten bereits bei Aufnahme der Tätigkeit zu erfolgen. Für vor dem 01.07.2024 begonnene Tätigkeiten läuft hingegen eine Anzeigefrist bis zum 31.10.2024.
Online-Händler, die (auch) Lebensmittelbedarfsgegenstände vertreiben, sollten dies ab dem 01.07.2024 berücksichtigen und der nach dem jeweiligen Landesrecht zuständigen Behörde anzeigen.
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27 Kommentare
Der Beitrag von euch ist den meisten unklar. Nicht mal ich weiß, ob ich nun darunterfallen, oder nicht.
Ich habe einen Onlineshop im Bereich Wein und Spirituosen. Muss ich mich registrieren oder nicht. Muss ich, weil ich Versandkartons verwende mich melden, weil potenziell die Zellulose das Glas durchdringen könnte? Was physikalisch noch chemisch möglich ist, außer das Glas bricht. Ich kenne keinen Menschen, der seinen Châteauneuf-du-Pape-Glas-Cocktail aus einem Karton schlürft.
Inwiefern ist die Nichteinhaltung der Regelung ein Verstoß gegen die UWG? Inwiefern kann ein Abmahner (Mitbewerber) Informationen erhalten, dass man nicht registriert ist? Wo ist das öffentlich einsehbar? Wo bekommt man solche Informationen, ist man Abmahnern informationspflichtig gegenüber bei Verdacht eines Verstoßes?
Hier fehlen extrem viele Informationen.
Mir stellt sich die Frage, bis zu welcher Anzahl die Ausnahme für "kleine Mengen" gilt.
Und ich habe bisher auch keine Behörde gefunden, die mir das beantworten kann.