LG Düsseldorf: Markenänderung auf Amazon kann unzulässig sein

LG Düsseldorf: Markenänderung auf Amazon kann unzulässig sein
Stand: 03.01.2023 6 min

Das LG Düsseldorf hat entschieden, dass die nachträgliche Änderung einer Amazon-ASIN ihrerseits wettbewerbswidrig sein kann. Dies ist dann dann der Fall, wenn die hinterlegte Marke durch die eigene Marke des Ändernden ersetzt wird, um im Nachgang die angehängten Amazon-Händler anschließend abzumahnen, weil diese weiterhin Produkte der ursprünglichen Marke liefern.

Hintergrund - die ASIN auf der Verkaufsplattform Amazon

Auf der Online-Plattform Amazon werden Produkte der gleichen Art unter einer einheitlichen sog. "Amazon Standard Identification Nummer (ASIN)" geführt. Dies dient dazu, die Produkte im Amazon-Katalog schneller finden zu können.

Händler, die sich mit ihren Produkten einer bestehenden ASIN anhängt, müssen grundsätzlich auf Änderungen derselben achten und können sich sogar unterlassungspflichtig machen, wenn sie dies versäumen.

Abmahnfalle: Ersetzung der hinterlegten Marke durch die eigene

In dem zu entscheidenden Fall hatte ein Amazon Händler, der über eine ASIN verfügte, versucht, seine Wettbewerber von dieser ASIN zu verdrängen. Hierzu veranlasste dieser auf der Plattform, dass die seit mehreren Jahren bestehende Eintragung in der Kategorie „Marke“ in dessen eigene Marke geändert wurde.

Als die angehängten Händler weiterhin die bisherigen Markenwaren lieferten, weil sie die ASIN-Änderung nicht bemerkt hatten, wurden sie schließlich wegen vermeintlicher Irreführung gem. § 4 Nr. 4 UWG abgemahnt.

Dabei berief sich der abmahnende Händler auf die bisherige Rechtsprechung des BGH, wonach Händler, welche die Änderung einer ASIN übersehen und weiterhin die ursprüngliche Waren liefern, eine Markenverletzung begehen und zur Unterlassung verpflichtet sind.

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LG Düsseldorf: Nachträgliche Änderung einer ASIN kann ebenfalls unlauter sein

Ob die nachträgliche Änderung einer ASIN ihrerseits wettbewerbswidrig sei, wurde in dem vorgenannten Fall durch den BGH allerdings nicht beurteilt.

Das LG Düsseldorf stellt in seiner Entscheidung (Az. 38 O 2/21) hinsichtlich einer solchen Fallgestaltung fest, dass ein Händler, der nachträglich die bestehende Marke in einer ASIN durch seine eigene ersetzt, seinerseits einen Wettbewerbsverstoß begeht und zur Unterlassung verpflichtet ist.

Denn der Händler würde durch ein solches Verhalten die Wettbewerber gezielt behindern (§ 4 Nr. 4 UWG) .

Das Gericht führt hierzu das Nachstehende aus:

"Die von dem Beklagten veranlasste Änderung der Produktdetailseite war zu einer Behinderung der Klägerin bei ihrer Geschäftstätigkeit geeignet. Die Einfügung der Produktmarke in die Produktdetailseite hatte zur Folge, dass das dieser Seite zugeordnete Angebot der Klägerin mit der Änderung der Seite im Katalog irreführend im Sinne von § 5 Abs. 1 und Abs. 2 Nr. 1 UWG wurde, da die Klägerin keine mit dieser Marke gekennzeichneten Produkte führt und ihre Tätigkeit nicht darauf ausgerichtet hat, solche Ware auf eingehende Bestellungen auszuliefern. Da Änderungen von Produktdetailseiten erfahrungsgemäß von Händlern, deren Angeboten der Seite zugeordnet sind, nicht sofort bemerkt werden, ist damit zu rechnen, dass – wie auf die von dem Beklagten veranlasste Testbestellung hin tatsächlich geschehen – die Klägerin auf eingehende Bestellungen weiterhin ihre (nun nicht mehr den Beschreibungen auf der Produktdetailseite entsprechenden) Waren ausliefert, dadurch mit ihr über die Plattform abgeschlossene Kaufverträge verletzt und sich Sachmängel­ansprüchen wegen Falschlieferung (§ 434 Abs. 5 BGB) aussetzt."

Das Gericht geht aufgrund der Einfügung der Produktmarke davon aus, dass die schutzwürdigen Interessen der Mitbewerber verletzt werden. Darüber hinaus ist das Gericht der Ansicht, dass die Änderung mit den vom Marktplatzbetreiber vorgesehenen (und von den Parteien vorgelegten) Regularien, deren Befolgung für alle teilnehmenden Händler verpflichtend ist, die sie für ihre Zulassung auf dem Marktplatz zur Kenntnis nehmen müssen und auf deren Beachtung durch andere Händler sie im Grundsatz vertrauen dürfen, nicht in Einklang stehe.

Das Gericht fuhr weiter aus:

"Nach den „Richtlinien für Produktdetailseiten“ ist zwischen Produktdetailseiten (oder ASINs) für Markenware und solchen für generische Produkte zu unterschieden, wobei unter letzteren Produkte verstanden werden, die oder deren Verpackung nicht dauerhaft mit einer Markenkennzeichnung versehen sind. Keine Marke im Sinne der Amazon-Richtlinien ist der Name des Verkäuferkontos, es sei denn, dass mit diesem Namen zugleich die Produkte selbst oder ihre Verpackung dauerhaft gekennzeichnet sind (vgl. Amazon-Richtlinie für Markennamen, Abschnitt „Was gilt bei Amazon als Marke?“).
Wer ein mit einer Marke gekennzeichnetes Produkt anbieten möchte, zu dem bereits eine Produktdetailseite (oder ASIN) existiert, die aber entweder keinen oder einen anderen Markennamen nennt, darf diese ASIN nicht ändern, sondern muss für sein Produkt eine neue Produktdetailseite erstellen (vgl. Richtlinien für Produktdetailseiten, neunter Aufzählungspunkt im ersten Abschnitt sowie zweiter und dritter Aufzählungspunkt im Unterabschnitt „Richtlinien für die Bearbeitung von Detailseiten“)."

Das LG Düsseldorf führte sodann aus, dass der im Jahr 2015 zur ASIN (...) erstellten Produktdetailseite die Marke CleanU nicht zugeordnet werden dürfen, weil es sich bei dieser ASIN um eine markenfreie Detailseite für generische Produkte handelte.

Weiterhin stellt das LG Düsseldorf fest, dass es dem beklagten Händler um eine gezielte Behinderung seiner Wettbewerber gegangen war:

"Der Beklagte hat sich mit seinem Verhalten außerhalb der für die Nutzung der Handelsplattform vorgegebenen Regularien gestellt. Die von ihm veranlasste, von dem Regelwerk des Marketplace nicht gedeckte Änderung stellt sich bei der gebotenen objektiven Betrachtung als Versuch dar, die seit längerem existierende, allen Händlern von in 25ml-Beuteln abgepacktem künstlichem Urin offenstehende Produktdetailseite für sich zu monopolisieren und auf dieses Weise andere Händler (wie die Klägerin) „bewusst in die Falle laufen“ lassen […] Ein solches, den für den gemeinsam genutzten Marktplatz als verbindlich anerkannten Regeln zuwiderlaufendes Verhalten widerspricht dem Wesen des Wettbewerbs und ist gegenüber den Belangen der dadurch als Mitbewerberin beeinträchtigten Klägerin nicht schutzwürdig."

Auch gut zu wissen: Das OLG Frankfurt am Main ging in seiner Entscheidung (Urteil vom 27.10.2011) davon aus, dass die nachträgliche Änderung der Produktbeschreibung (ohne den Mitbewerber hierüber in Kenntnis zu setzen) zum Zwecke der Verfolgung markenrechtlicher Ansprüche, rechtsmissbräuchlich ist.

Fazit

Wie die Entscheidung des LG Düsseldorf zeigt, sollten Amazon-Händler vorsichtig sein, wenn in einem bestehenden Amazon-Angebot nachträglich eine Marke geändert werden soll.

In solch einem Fall kann durch die nachträglich Änderung einer Marke eine unlautere gezielte Behinderung der Mitbewerber vorliegen, welche Unterlassungsansprüche begründet und wettbewerbsrechtlich abgemahnt werden kann.

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Bildquelle: Thaspol Sangsee / shutterstock.com

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