So nicht! Nachträgliches Ergänzen einer Amazon-Beschreibung mit einer Marke ist wettbewerbswidrig
Das LG Frankfurt (Urteil vom 11.05.2011, Az. 3-08 O 140/10) hat entschieden, dass das nachträgliche Einfügen einer Marke in ein Amazon-Angebot wettbewerbswidrig ist, wenn der Händler damit lediglich den Zweck verfolgt Konkurrenten zu drangsalieren.
Inhaltsverzeichnis
Sachverhalt
Die Klägerin listete im März 2010 unter der Amazon-ASIN [...] ein 100 m Koaxkabel samt Artikelbeschreibung um dieses über ihren amazon.de-Account zu verkaufen. Im Zeitraum vom 05.08.2010 und dem 27.08.2010 änderte die Beklagte, die Inhaberin der Wortmarke „S...C…“ ist, die Beschreibung von „Koax-Kabel100 m" in „S…C… Koax-Kabel100m".
Mit Schreiben vom 09.09.2010 mahnte die Beklagte die Klägerin wegen Verletzung obiger Wortmarke ab, da die Beklagte keine Kabel der Marke „S...C…“ liefere, obwohl sie die entsprechende Artikelbeschreibung nutze.
Die Beklagte wiederum warb auf ihrer eBay-Seite für ihre Antennenkabel mit der Bezeichnung „Blitzversand“, was sie weiter unten bei „Sofortlieferung für unsere Kunden aus Deutschland!“ konkretisierte: So gab es den „Blitzversand“ nur für Waren mit Rechnungsbeträgen unter 300 € und auch nur bei mindestens 20 positiven Bewertungen oder der Übersendung eines Überweisungs-Screenshots.
Die Klägerin bestellte am 22.09.2010 ein solches Antennenkabel zu Testzwecken und bezahlte es am selben Tag durch Überweisung, welches erst am 29.09.2010 bei der Klägerin ankam.
Die Klägerin mahnte die Beklagte wegen obiger Verstöße deshalb mit Schreiben vom 15.09.2010 und 24.09.2010 ab und begehrte Unterlassung. Außerdem unterbreitete sie der Beklagte in einem weiteren Schreiben ein Vergleichsangebot dergestalt, dass sie auf sämtliche Ansprüche verzichten würde, wenn die Beklagte ihrerseits vollumfänglich auf die am 09.09 geltend gemachten Ansprüche verzichten würde.
Dem jetzt ergangenen Urteil ging ein einstweilige Verfügung voraus. Die IT-Recht Kanzlei berichtete.
Exkurs: Die Änderung der Angebotsbeschreibung bei Amazon
Derjenige der erstmals ein Produkt bei Amazon verkaufen möchte und deshalb Beschreibung sowie Bilder online stellt und überträgt Amazon an diesen Daten ein Nutzungsrecht. Das besondere am Amazon-Marketplace ist, dass ein und derselbe Artikel von verschiedenen Händlern angeboten werden kann, wobei immer die zuerst eingereichte Beschreibung plus Artikelbild verwendet wird, welche unter einer einmaligen sogenannten ASIN-Nummer abgelegt wird.
Ausgangspunkt der rechtlichen Streitigkeiten ist, dass manchen Händlern das Recht eingeräumt wird auch fremde Artikelbeschreibungen zu ändern. Wird auf diese Art und Weise ein No-Name-Produkt plötzlich zum Markenprodukt ist dies für den Erstanbieter ein Problem: Er liefert schließlich nach wie vor sein No-Name-Produkt.
Exkurs Ende
Aus der Entscheidung des Gerichts
1. Zunächst hat das Gericht festgestellt, dass die gegenläufige Geltendmachung der Unterlassungsansprüche nicht nach § 8 Abs. 4 UWG rechtsmissbräuchlich war. Von einem derartigen Rechtsmissbrauch sei nur dann auszugehen, wenn überwiegend sachfremde Ziele durch die Abmahnung verfolgt wurden. Dies sei aber nicht der Fall, wenn eine Partei erst durch die Abmahnung der Gegenseite auf die Idee kommt selbst eine wirtschaftlich vernünftige Abmahnung auszusprechen.
2. Hinsichtlich der nachtäglichen Abänderung der Artikelbeschreibung sprach das Gericht der Klägerin einen Unterlassungsanspruch nach §§ 3, 4 Nr. 10 UWG zu, da in diesem Handeln eine gezielte Behinderung der Klägerin zu sehen ist.
Was ist überhaupt eine „gezielte Behinderung“? Dazu führt das LG aus:
„Unter Behinderung ist die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit eines Mitbewerbers zu verstehen. Da der Wettbewerb darauf angelegt ist, auf Kosten der Mitbewerber einen Wettbewerbsvorsprung zu erzielen, ist jede geschäftliche Handlung gegenüber Mitbewerbern ihrer Natur nach geeignet, Mitbewerbern in ihrer wettbewerblichen Entfaltung zu beeinträchtigen. Deshalb liegt eine gezielte Behinderung nur dann vor, wenn zur Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltungsmöglichkeit noch weitere, die Unlauterkeit begründenden Umstände hinzutreten. Dies setzt letztlich eine Würdigung der Umstände des Einzelfalls unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Lauterkeitsrechts voraus. Entscheidend ist, ob die Auswirkungen der Handlung auf das Wettbewerbsgeschehen bei objektiver Betrachtung so erheblich sind, dass sie unter Berücksichtigung des Schutzzwecks des Gesetzes von den Marktteilnehmern nicht hingenommen werden müssen [...]. Als gezielt ist danach eine Behinderung dann anzusehen, wenn bei objektiver Würdigung aller Umstände die Maßnahme in erster Linie nicht auf die Förderung der eigenen wettbewerblichen Entfaltung, sondern auf die Beeinträchtigung der wettbewerblichen Entfaltung der Mitbewerber gerichtet ist [...].“
Ausgehend von diesen Grundsätzen sei das Verhalten der Beklagten als gezielte Behinderung der Entfaltungsfreiheit der Mitbewerber einzustufen. Denn schließlich diente die einseitige Änderung der Beschreibung hauptsächlich dem Zweck, die dem Angebot beigetretene Klägerin zu beeinträchtigen, da diese durch die Abmahnung gezwungen werden sollte ihr Angebot bei Amazon zu entfernen.
3. Daneben wurde der Klägerin - wegen der Bewerbung des Kabels der Beklagten mit dem Schlagwort „Blitzversand“ - ein Unterlassungsanspruch nach § 5 Absatz 1 Sätze 1 und 2 Nr. 1 UWG zugesprochen. Dies sei irreführende Blickfangwerbung, da „ein durchschnittlich informierter und verständiger Verbraucher [...] unter Blitzversand verstehen [wird], dass die bestellte Ware ohne Ausnahme – unabhängig vom Rechnungsbetrag – umgehend nach Bestellung verschickt wird.“ Zwar hatte die Beklagte die Voraussetzungen für den Blitzversand eingeschränkt. Diese Beschränkung war jedoch aufgrund der kleineren Schrift, der räumlichen Trennung sowie mangels Zuordnung (beispielsweise durch einen Sternchenhinweis) gerade nicht Teil des Blickfangs und daher nicht geeignet die Einschätzung eines potentiellen Käufers zu relativieren.
Stellungnahme
Nach dem OLG Oldenburg (Urteil vom 06.05.2010, Az. 1 W 17/10) hat nun auch das LG Frankfurt bestätigt, dass die nachträgliche Abänderung einer Amazon-Artikelbeschreibung, welche lediglich dem Zweck dient unliebsame Konkurrenten zu ärgern, wettbewerbswidrig ist.
Markeninhabern, die einen bereits gelisteten No-Name-Artikel unter ihrem Markennamen über den Amazon-Marketplace verkaufen möchten, ist zu raten, den Artikel komplett neu zu listen.
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