Online-Hinweispflicht zur Altersbeschränkung beim Verkauf alkoholischer Getränke zwingend?
Der Zahlungsdienstleister Mollie fordert Online-Händler auf, eine Information zur Altersbeschränkung im Online-Angebot zu veröffentlichen. Eine sichtbare Veröffentlichung der Altersbeschränkung liege nach Ansicht von Mollie bei einer Altersüberprüfung bei Aufruf der Website vor, einer Benachrichtigung in der Fußzeile der Startseite oder einem hinzugefügten Jugendschutzhinweis. Begründet wird dies mit einer entsprechenden gesetzlichen Verpflichtung des Online-Händlers. Nur bei Erfüllung dieser Bedingung werden die Auszahlungen von Mollie für die Online-Händler aktiviert. Ob nach Einschätzung der IT-Recht Kanzlei Online-Händler tatsächlich eine solche Online-Hinweispflicht trifft lesen Sie in unserem Beitrag.
I. Hintergrund: Aufforderung des Zahlungsdienstleisters „Mollie“
Der Zahlungsdienstleister Mollie wendet sich an Online-Händler für alkoholische Getränke mit diesem Hinweis:
"Sehr geehrter Herr ABC,
während der Überprüfung Ihres Accounts (XYZ) haben wir festgestellt, dass Sie alkoholische Getränke ohne eine Altersüberprüfung verkaufen.
Es ist gesetzlich vorgeschrieben, die Konsumenten auf die Altersgrenze für Alkohol aufmerksam zu machen. Mollie möchte Sie daher freundlich bitten, dies auf Ihrer Website deutlich sichtbar zu veröffentlichen (dies ist möglich über eine Altersüberprüfung beim Aufrufen der Seite, eine Benachrichtigung in der Fußzeile der Startseite oder durch das Hinzufügen des Jugendschutzhinweises).
Wir werden die Webseite in einigen Tage erneut überprüfen und, wenn alles passt, die Auszahlungen für Sie aktivieren.
Vielen Dank im Voraus!
Mit freundlichen Grüßen,
Mollie"
Wir nehmen diesen Hinweis des Zahlungsdienstleisters einmal zum Anlass, um der Sache auf den Grund zu gehen. Steht die Aufforderung des Zahlungsdienstleisters im Einklang mit den gesetzlichen Vorgaben?
II. Rechtlicher Rahmen: § 9 JuSchG?
Seit Jahren wird darüber gestritten, ob für den Versandhandel von alkoholischen Getränken eine Beschränkung gemäß § 9 JuSchG besteht. Sollte § 9 JuSchG im Falle des Versandhandels (z.B. im E-Commerce) Anwendung finden, müssten die entsprechenden Altersabgabebeschränkungen beachtet werden.
Der Versand- und Online-Handel werden in den jugendschutzrechtlichen Vorschriften zum Verkauf von Alkohol gerade nicht explizit genannt.
§ 9 Abs. 1 JuSchG verbietet die Abgabe und das Gestatten des Verzehrs in Gaststätten, Verkaufsstellen oder sonst in der Öffentlichkeit von Bier, Wein, weinähnlichen Getränken oder Schaumwein oder Mischungen von Bier, Wein, weinähnlichen Getränken oder Schaumwein mit nichtalkoholischen Getränken an Kinder und Jugendliche unter 16 Jahren, andere alkoholische Getränke oder Lebensmittel, die andere alkoholische Getränke in nicht nur geringfügiger Menge enthalten an Kinder und Jugendliche.
Das LG Bochum hat auch entschieden (Urteil vom 23.01.2019, Az.: I-13 O 1/19), dass die Vorschrift des § 9 JuSchG auf beim Versandhandel von alkoholischen Getränken beachtet werden müsse.
Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei sprechen in der Tat die besseren Argumente dafür, den Online-Handel dem Abgabeverbot von Alkohol an Kinder und Jugendliche zu unterwerfen. So lässt sich der Jugendschutz universell wirksam durchsetzen.
Die eindeutigen Verbote der physischen Abgabe in Gast- und Verkaufsstätten könnten anderenfalls stets durch Online-Bestellungen unterlaufen werden und würden in unserer zunehmend digitalisierten Gesellschaft einen Großteil ihrer Wirksamkeit einbüßen.
Ziel des Jugendschutzes muss es daher sein, die Abgabe von jugendgefährdender Ware an Minderjährige insgesamt und vollständig zu unterbinden und gerade nicht nach unterschiedlichen Bezugsquellen zu differenzieren.
Dass der Versandhandel in § 9 JuSchG keine explizite Erwähnung fand, kann daher nur so verstanden werden, dass der Gesetzgeber diesen als unstreitige Ausprägung der „sonstigen Öffentlichkeit“ einstufte und deswegen auf eine gesonderte Nennung verzichtete.
Jedenfalls im Interesse der Rechtssicherheit und des Rechtsfriedens ist zu empfehlen, im Online-Handel mit Alkoholika die altersspezifischen Abgabeverbote zu beachten.
Schlussendlich kann an dieser Stelle die Frage offen bleiben, ob § 9 Abs. 1 JuSchG für alkoholische Getränke im Online-Handel gilt, denn unstreitig enthält § 9 JuSchG selbst keine Hinweispflicht in Bezug auf die Altersbeschränkung für den Online-Händler.
III. Besteht also eine Online-Hinweispflicht auf die Altersbeschränkung?
Antwort: Nein.
Die Abgabeverbote des § 9 JuSchG gelten von Gesetzes wegen allgemeinverbindlich und müssen von Online-Händlern in ihren Produktangeboten nicht in Form eines Hinweises zusammengefasst werden.
Vielmehr wird davon ausgegangen, dass es dem allgemeinen Kenntnisstand entspricht, dass für den Konsum und die Entgegennahme von Alkoholika die maßgeblichen Altersgrenzen von 18 bzw. 16 Jahren gelten.
Eine freiwillige Kennzeichnung der maßgeblichen Altersgrenze im Online-Shop ist aber möglich.
Um im Online-Handel über die Abgabe von Alkohol gemäß Jugendschutzgesetz (freiwillig) zu informieren sind zwei Methoden geläufig. Online-Anbieter können auf der Produktseite oder in ihren AGB darauf hinweisen.
- Hinweis auf Altersbeschränkung auf der Produktseite: Der entsprechende Hinweis auf das gesetzliche Mindestabgabealter kann direkt auf der Produktseite erfolgen. Dies geschieht durch einen Hinweistext neben der Produktbeschreibung, die Abfrage des Alters bei Aufrufen der Produktseite oder während des Kaufprozesses.
- Hinweis in den Allgemeinen Geschäftsbedingungen: Online-Händler können außerdem in den AGB aufführen, dass nur derjenige berechtigt ist alkoholische Getränke zu erwerben, der das gesetzliche Mindestalter erreicht hat. Zusätzlich ist darauf hinzuweisen, dass die Bestellung nur an Volljährige ausgeliefert wird und der Käufer dafür verantwortlich ist, dass das Paket nicht an Minderjährige gelangt.
IV. Fazit/Handlungsempfehlung
Es sind zwei wichtige Sachfragen zu unterscheiden. Zum einen die Frage, ob im Falle des Verkaufs alkoholischer Getränke im Online-Handel die gesetzliche Altersbeschränkung beim Erwerber zu prüfen ist. Nach Ansicht der IT-Recht Kanzlei sprechen die besseren Argumente dafür, den Online-Handel dem Abgabeverbot von Alkohol an Kinder und Jugendliche zu unterwerfen. Nur so lässt sich der Jugendschutz universell wirksam durchsetzen.
Die andere Sachefrage betrifft allerdings die Notwendigkeit einer Online-Hinweispflicht in Bezug auf die altersbeschränkte Abgabe von alkoholischen Getränken. Eine solche (gesetzliche) Hinweispflicht existiert nicht. Die Abgabeverbote des § 9 JuSchG gelten von Gesetzes wegen allgemeinverbindlich und müssen von Online-Händlern in ihren Produktangeboten nicht in Form eines Hinweises zusammengefasst werden.
Gleichwohl kann der Online-Händler auf die gesetzlichen Altersbeschränkungen bei Abgabe der alkoholischen Getränke freiwillig hinweisen. Hierfür bietet sich sowohl die Artikelbeschreibung, als auch ein Hinweis in AGB an.
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