Das Mindesthaltbarkeitsdatum - Muss auch der Lebensmittel-Online-Shop die Haltbarkeit seiner Produkte ausweisen?
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Aktuellere Informationen zum Thema finden Sie hier: "Mindesthaltbarkeitsdatum abgelaufen: Verkauf von Lebensmittel erlaubt?"
Vor Kurzem wurde die Frage an die IT-Recht Kanzlei herangetragen, ob die Angabe des Mindesthaltbarkeitsdatums (MHD) im Online-Shop rechtlich verpflichtend sei. Der Verfasser hat sich interessiert an die Recherche gemacht und zur Beantwortung der Frage diese News verfasst.
Konkret wurde von der Fragestellerin ausgeführt, dass in Onlineshops verschiedenster Firmen solche Angaben nicht getätigt würden. Sie sehe aber ohnehin das praktische Problem, dass sich aufgrund des hohen Warenumschlags eines Lebensmittelunternehmens die Mindesthaltbarkeitsdaten fast täglich ändern, was eine Aktualisierung der Website eigentlich unmöglich mache.
(Gastbeitrag v. RA Decker, Rechtsanwälte Andrae & Simmer , Am Stiefel 2, 66111 Saarbrücken)
Antwort
Das Gesetz bietet keine eindeutige Antwort. Die Auslegung jener Regelungen, die getroffen werden, lässt indes, nach hier vertretener Auffassung, im Grunde nur eine einzige Antwort zu.
Geregelt ist die Kennzeichnungspflicht bezüglich des MHD in § 3 Abs.1 Nr.4 und § 7 LMKV (Verordnung über die Kennzeichnung von Lebensmitteln), Nach § 3 Abs.1 Nr.4 dürfen Lebensmittel in Fertigpackungen gewerbsmäßig nur in den Verkehr gebracht werden, wenn in den Fällen des § 7 LMKV das MHD gemäß den dort geregelten Maßstäben ausgewiesen wird.
Nach § 7 ist das Mindesthaltbarkeitsdatum unverschlüsselt mit den Worten "mindestens haltbar bis..." unter Angabe von Tag, Monat und Jahr in dieser Reihenfolge anzugeben, wenn nicht ein Produkt vorliegt, dass nach § 7 Abs.6 von dieser Pflicht ausgenommen ist.
Damit ist noch nicht geklärt, WO nun die entsprechenden Angaben zu machen sind.
Die Antwort hierauf gibt für alle nach der LMKV vorgesehenen Kennzeichnungselemente der § 3 LMKV. Diesmal aber in Abs.3, wo es heißt (Ergänzungen und Hervorhebungen stammen vom Verfasser):
„Die Angaben nach Absatz 1 [also auch die des MHD] sind auf der Fertigpackung oder einem mit ihr verbundenen Etikett an gut sichtbarer Stelle in deutscher Sprache, leicht verständlich, deutlich lesbar und unverwischbar anzubringen. Die Angaben nach Absatz 1 können auch in einer anderen leicht verständlichen Sprache angegeben werden, wenn dadurch die Information des Verbrauchers nicht beeinträchtigt wird. Sie dürfen nicht durch andere Angaben oder Bildzeichen verdeckt oder getrennt werden; die Angaben nach Absatz 1 Nr. 1, 4 und 5 und die Mengenkennzeichnung nach § 7 Abs. 1 des Eichgesetzes sind im gleichen Sichtfeld anzubringen.“
Zum ORT der Kennzeichnung regelt lediglich noch Abs.4 der Vorschrift, dass abweichend von Absatz 3 die Angaben nach Absatz 1 bei bestimmten Produkten auch lediglich in den Geschäftspapieren angegeben werden können.
Anderweitige Regelungen hierzu sind der LMKV nicht zu entnehmen.
Somit besteht eine Pflicht nur für die Angabe des MHD auf der Fertigpackung oder einem mit ihr verbundenen Etikett, mithin also auf der Ware selbst.
Fazit
Es existiert keine explizite gesetzliche Regelung, die eine MHD-Kennzeichnung der online verkauften Lebensmittel auf der Angebotsseite vorschreiben würde.
Grundsätzlich können zwar Rechtsvorschriften auch analog auf andere, als die konkret beschriebenen Situationen angewandt werden. Dies ist aber nur dann der Fall, wenn eine sog. „vergleichbare Interessenlage“ besteht. Dies ist aber vorliegend, nach Ansicht des Verfassers nicht der Fall. Das Interesse eines „Online-Lebensmittelkäufers“ geht dahin, billig und bequem Lebensmittel zu erwerben. Er wird dabei nach Kategorien bzw. Produktarten aussuchen und erwarten, dass ein noch nicht „abgelaufenes“ Produkt bei ihm ankommt. Dagegen rechnet der Käufer im Ladengeschäft damit, dass die Waren ein MHD tragen und wird, wenn er darauf achtet, jenes Produkt aussuchen, welches noch „länger haltbar“ ist bzw. ein haltbares dem „abgelaufenen“ Produkt vorziehen.
Allein deswegen sowie auch aufgrund des sehr klaren Wortlautes der Vorschriften und aufgrund Sinn- und Zweck der Kennzeichnungspflichten, nämlich das konkret „vor mir liegende“ Produkt als haltbar oder abgelaufen zu kennzeichnen und eben keine generelle Aussage über eine Produktkategorie zu treffen, scheidet eine analoge Anwendung der Kennzeichnungsvorschriften aus.
Es kann daher aus dem Gesetz weder direkt noch analog eine Pflicht im Sinne der oben gestellten Frage entnommen werden.
Online-Shops müssen somit das MHD von Produkten nicht bei der jeweiligen Angebotsseite aufführen.
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© Mikhail Mishchenko - Fotolia.com
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5 Kommentare
Konkret hat der Kunde mehrere Exemplare einer preisreduzierten Lebensmittels (Kategorie "Angebote") gekauft & extra vorab geschaut, ob ein etwaiger MHD-Vermerk existiert - keine Angabe. Daher ging der Kunde von einem simplen Angebot oder einer Auslistung aus, was dieser Händler des Öfteren macht.
Auf eine MHD-Angabe geachtet hat der Kunde eben gerade weil der betreffende Händler bei nur noch kurze Zeit haltbarer Ware explizit darauf hinweist.
Angekommen sind dann die bestellten x Exemplare Ware mit seit mehreren Wochen abgelaufenem MHD. Selbst wenn die Ware nicht von heute auf morgen umkippt, kaum aufbrauchbar, bis mindestens den Geschmack geworden oder ggf. dann doch irgendwann umgekippt.
Der Händler gab auf Anfrage des Kunden an, dass das Shopsystem das MHD angäbe, bis es abläuft & dann automatisch herausnimmt & das man bei reduzierter Ware ohne MHD-Vermerk dementsprechend von Ware mit abgelaufenem MHD ausgehen könne, wenn nicht explizit "Auslistung" vermerkt sei.
Demzufolge soll dem Kunden klar sein, dass Produkte einer Rubrik "Angebote" ein abgelaufenes MHD haben?
Ihren Ausführungen zu den spezialgesetzlichen Regelungen des LMKV schließe ich mich an.
Allerdings gehört nach meiner Auffassung das Mindesthaltbarkeitsdatum zu den Angaben, welche für die Entscheidung, ob er ein Verbraucher sich für oder gegen ein Produkt entscheidet, wesentlich sind.
Entsprechend bestimmt § 5a Abs. 2 UWG:
"Unlauter handelt, wer die Entscheidungsfähigkeit von Verbrauchern im Sinne des § 3 Abs. 2 dadurch beeinflusst, dass er eine Information vorenthält, die im konkreten Fall unter Berücksichtigung aller Umstände einschließlich der Beschränkungen des Kommunikationsmittels wesentlich ist."
Es ist daher aus meiner Sicht aus wettbewerbsrechtlichen Gründen dringend zu empfehlen, diese Angabe auch in der Produktbeschreibung des Fernabsatzangebotes mit aufzunehmen, auch wenn dies in der praktischen Umsetzung sicherlich nicht ohne Schwierigkeiten möglich sein dürfte.
Solche praktischen Schwierigkeiten bei der Umsetzung wettbewerbsrechtlich erforderlicher Angaben haben nach unserer Erfahrung die damit befassten Gerichte nur selten beeindruckt, wie z.B. die Entscheidung des OLG Hamburg zu den Versandkostenangaben bei eBay (vom 15.02.2007, Az: 3 O 253/06)anschaulich belegt.
Natürlich ist derartiges mit einer einigemassen "intelligenten" Software machbar. Gerade im Zeitalter der Mengenrabatte ist es auch für Endverbraucher interessant zu wissen, wie lange die Ware noch genießbar ist. Logistisch dürfte das kein Problem darstellen - Flexibilität in der OrgaAnpassung ist angesagt.
Aber bestimmt kommt so eine Regelung früher oder später. Faustregel: je bekloppter und wirklichkeitsfremder, desto wahrscheinlicher ist das ;-)