Frage des Tages: Darf ein Händler damit werben, dass er die Mehrwertsteuersenkung an den Kunden weiterreicht?
Seit dem 01.07.2020 gilt in Deutschland eine niedrigere Umsatzsteuer (umgangssprachlich Mehrwertsteuer). Der reguläre Satz wurde im Rahmen des Zweiten Gesetzes zur Umsetzung steuerlicher Hilfsmaßnahmen zur Bewältigung der Corona-Krise von 19 auf 16 Prozent, der ermäßigte von 7 auf 5 Prozent gesenkt. Die niedrigeren Umsatzsteuersätze gelten befristet bis zum 31.12.2020 und sollen der durch die Corona-Pandemie in Mitleidenschaft gezogenen deutschen Wirtschaft neuen Schub geben. In diesem Zusammenhang stellen sich viele Händler die Frage, ob sie gegenüber Verbrauchern damit werben dürfen, dass sie die Mehrwertsteuersenkung an den Kunden weiterreichen. Dieser Frage sind wir im nachfolgenden Beitrag auf den Grund gegangen.
Inhaltsverzeichnis
Werbung mit Selbstverständlichkeiten?
§ 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 10 Anhang (zu § 3 Absatz 3) stellt klar, dass die unwahre Angabe oder das Erwecken des unzutreffenden Eindrucks, gesetzlich bestehende Rechte stellten eine Besonderheit des Angebots dar, eine unzulässige geschäftliche Handlung ist. Unlauter in diesem Sinne ist daher etwa die Werbung mit den gesetzlichen Mängelrechten oder mit dem gesetzlichen Widerrufsrecht des Kunden, sofern die Leistung des Händlers nicht über das gesetzliche Maß hinausgeht.
So gesehen könnte man auch in der Werbung mit der Aussage, dass die Mehrwertsteuersenkung an den Kunden weitergereicht wird, eine Werbung mit Selbstverständlichkeiten erblicken, da die Senkung der Umsatzsteuer ja vom Gesetzgeber vorgegeben wird. Allerdings ist der Händler – anders als bei den vorgenannten gesetzlichen Rechten – nicht verpflichtet, die niedrigeren Umsatzsteuersätze an seine Kunden weiterzugeben. Er kann also den Bruttopreis für seine Artikel unverändert lassen oder sogar anheben, obwohl die Umsatzsteuer vorübergehend gesenkt wurde. Dies ergibt sich aus dem Grundsatz der Preisgestaltungsfreiheit, nach dem jeder Händler seine Preise grundsätzlich frei festlegen kann, sofern keine gesetzliche Preisbindung besteht, wie etwa nach dem Buchpreisbindungsgesetz.
Vor diesem Hintergrund verstößt die Werbung mit der Aussage, dass die Mehrwertsteuersenkung an den Kunden weitergereicht wird, nicht gegen § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 10 Anhang (zu § 3 Absatz 3).
Irreführende Werbung?
Ungeachtet dessen könnte es sich hierbei jedoch um eine irreführende Werbung im Sinne des § 5 UWG handeln, wenn die Mehrwertsteuersenkung faktisch nicht zu einer Ersparnis des Kunden führt. Im Zweifel muss der Händler nachweisen können, dass er für den betreffenden Artikel zuvor einen entsprechend höheren Bruttopreis verlangt hat. Dieser muss auch ernsthaft, also über einen längeren Zeitraum hinweg, verlangt worden sein, um eine entsprechende Werbung zu rechtfertigen. Unzulässig wäre es daher etwa, wenn der Händler den Bruttopreis kurz vor der Gesetzesänderung angehoben hätte, um ihn dann nach der Änderung direkt wieder zu senken, damit er mit der vorgenannten Aussage werben kann.
Unbeachtlich ist dagegen, in welcher Form der Händler den Vorteil an den Kunden weitergibt. So könnte er den Vorteil etwa auch im Wege eines Rabattes gewähren, den er von den unveränderten Bruttopreisen abzieht.
Fazit
Die Werbung mit der Aussage, dass die Mehrwertsteuersenkung an den Kunden weitergereicht wird verstößt nicht gegen § 3 Abs. 3 UWG i. V. m. Nr. 10 Anhang (zu § 3 Absatz 3), da es sich insoweit nicht um eine gesetzliche Verpflichtung des Händlers handelt.
Allerdings kann diese Werbung irreführend sein, wenn die Mehrwertsteuersenkung faktisch nicht zu einer Ersparnis des Kunden führt. Unbeachtlich ist dagegen, in welcher Form der Händler den Vorteil an den Kunden weitergibt. Dies muss nicht zwingend über eine Preisanpassung erfolgen sondern kann etwa auch über die Einräumung entsprechender Rabatte umgesetzt werden.
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