Verkauf von Medizinprodukten: Verbotene Zugaben und Rabatte nach § 7 HWG

Verkauf von Medizinprodukten: Verbotene Zugaben und Rabatte nach § 7 HWG
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von Fabian Karg
08.07.2011 | Lesezeit: 6 min

§ 7 des Heilmittelwerbegesetzes (HWG) reglementiert Zuwendungen und Werbegeschenke für den Bereich der Medizinprodukte. Welche Produkte sind betroffen? Was ist erlaubt? Was nicht? Das und mehr erfahren Sie in dem folgenden Beitrag der IT-Recht Kanzlei.

I. Vorab: Wortlaut des § 7 HWG

„(1) Es ist unzulässig, Zuwendungen und sonstige Werbegaben (Waren oder Leistungen) anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen, es sei denn, dass

1. es sich bei den Zuwendungen oder Werbegaben um Gegenstände von geringem Wert, die durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung des Werbenden oder des beworbenen Produktes oder beider gekennzeichnet sind, oder um geringwertige Kleinigkeiten handelt;

2. die Zuwendungen oder Werbegaben in

a) einem bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Geldbetrag oder
b) einer bestimmten oder auf bestimmte Art zu berechnenden Menge gleicher Ware gewährt werden;

Zuwendungen oder Werbegaben nach Buchstabe a sind für Arzneimittel unzulässig, soweit sie entgegen den Preisvorschriften gewährt werden, die aufgrund des Arzneimittelgesetzes gelten; Buchstabe b gilt nicht für Arzneimittel, deren Abgabe den Apotheken vorbehalten ist;

3. die Zuwendungen oder Werbegaben nur in handelsüblichem Zubehör zur Ware oder in handelsüblichen Nebenleistungen bestehen; als handelsüblich gilt insbesondere eine im Hinblick auf den Wert der Ware oder Leistung angemessene teilweise oder vollständige Erstattung oder Übernahme von Fahrtkosten für Verkehrsmittel des öffentlichen Personennahverkehrs, die im Zusammenhang mit dem Besuch des Geschäftslokals oder des Orts der Erbringung der Leistung aufgewendet werden darf;

4. die Zuwendungen oder Werbegaben in der Erteilung von Auskünften oder Ratschlägen bestehen oder

5. es sich um unentgeltlich an Verbraucherinnen und Verbraucher abzugebende Zeitschriften handelt, die nach ihrer Aufmachung und Ausgestaltung der Kundenwerbung und den Interessen der verteilenden Person dienen, durch einen entsprechenden Aufdruck auf der Titelseite diesen Zweck erkennbar machen und in ihren Herstellungskosten geringwertig sind (Kundenzeitschriften).

Werbegaben für Angehörige der Heilberufe sind unbeschadet des Satzes 1 nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind. § 47 Abs. 3 des Arzneimittelgesetzes bleibt unberührt.

(2) Absatz 1 gilt nicht für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.
(…)

Werbebanner für Apotheken

II. Fragen zu § 7 HWG

1. Für welche Produkte gilt das Verbot von Zugaben und Rabatten?

Nach § 1 Abs. 1 HWG findet das Verbot von Zugaben und Rabatten des § 7 HWG Anwendung auf die Werbung für:

  • Arzneimittel (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 HWG)
  • Medizinprodukte (§ 1 Abs. 1 Nr. 1 a HWG)
  • sonstige Mittel/Verfahren/Behandlungen/Gegenstände (§ 1 Abs. 1 Nr. 2 HWG)

Exkurs: Unterschied zwischen verschreibungspflichtigen Arzneimitteln und apothekenpflichtigen Arzneimitteln

  • Verschreibungspflichtige Arzneimittel bergen gewisse Gefahren und dürfen deshalb nur durch einen Arzt verordnet werden, welcher die Einnahme begleitet und überwacht.
  • Apothekenpflichtige Arzneimittel erhält man zwar ohne ärztliches Rezept, aber ausschließlich in  Apotheken. Grund: Auch diese Medikamente sind nicht gänzlich unbedenklich und der fachlich geschulte Apotheker kann auf Neben- oder Wechselwirkungen hinweisen.

Exkurs Ende

2. Für welche Art von Werbung gilt das Verbot von Zugaben und Rabatten?

Das Verbot von Zugaben und Rabatten des § 7 HWG findet nur im Rahmen von Werbung für ein konkretes Produkt Anwendung (§ 1 Abs. 1 HWG), nicht dahingegen für bloße Imagekampagnen von Unternehmen.

3. Für welche Personen gilt das Verbot von Zugaben und Rabatten?

Das Verbot von Zugaben und Rabatten des § 7 HWG ist auf jeder Vertriebsstufe – egal ob innerhalb oder außerhalb der Fachkreise – anzuwenden.

4. Was genau umfasst das Zuwendungs- und Werbeabgabenverbot des § 7 HWG?

  • § 7 Abs. 1 HWG untersagt es, „Zuwendungen [...] anzubieten, anzukündigen oder zu gewähren oder als Angehöriger der Fachkreise anzunehmen“, sofern nicht ein Ausnahmetatbestand (siehe unten) eingreift.
  • § 7 Abs. 1 HWG gilt aber nicht in folgendem Fall: „Für Zuwendungen im Rahmen ausschließlich berufsbezogener wissenschaftlicher Veranstaltungen, sofern diese einen vertretbaren Rahmen nicht überschreiten, insbesondere in bezug auf den wissenschaftlichen Zweck der Veranstaltung von untergeordneter Bedeutung sind und sich nicht auf andere als im Gesundheitswesen tätige Personen erstrecken.“ (§ 7 Abs. 2 HWG)
  • Ferner ist es „unzulässig, für die Entnahme oder sonstige Beschaffung von Blut-, Plasma- oder Gewebespenden zur Herstellung von Blut- und Gewebeprodukten und anderen Produkten zur Anwendung bei Menschen mit der Zahlung einer finanziellen Zuwendung oder Aufwandsentschädigung zu werben.“ (§ 7 Abs. 3 HWG)

5. Was sind „Zuwendungen“ oder „sonstige Werbeabgaben“?

Erfasst von § 7 HWG sind alle „geldwerten Vorteile“, die den Absatz von medizinischen Produkten fördern sollen und unentgeltlich gewährt werden.

Entscheidung: Wann ist ein Rabatt eine Zuwendung im Sinne von § 7 Abs. 1 HWG?
Grundsätzlich muss eine Zuwendung unentgeltlich sein, eine vollständige Unentgeltlichkeit muss aber nicht gegeben sein. Vielmehr ist es ausreichend, wenn die Werbegabe nur zum Schein entgeltlich gewährt wird oder gemessen am üblichen Marktpreis nur sehr geringfügiges Entgelt verlangt wird. So wurde ein Preis von 28 % des Originalpreises als unerlaubte Zuwendung eingestuft (OLG Köln, Urteil vom 23.02.2011 - 6 W 2/11).

6. Welche Ausnahmen zum grundsätzlichen Verbot von Zugaben und Werbeabgaben gibt es?

Werbeabgaben und Zuwendungen sind – entgegen § 7 Abs. 1 HWG – in folgenden Fällen erlaubt (§ 7 Abs. 1 Nr. 1 bis 5 HWG):

a. Bei Gegenständen von geringem Wert : Hier wären etwa zu nennen: Einfache Kugelschreiber, Schreibutensilien (Bleistift, Lineal), Notizblöcke, einfache Kalender, Figürchen, Luftballons, Plastikbälle, geringe Zahl Papiertaschentücher, Warenproben (z.B. einzeln abgepackte Vitaminbonbons) oder auch Schlüsselhänger (Quelle: Hans-Georg Riegger, Heilmittelwerberecht, 2009, S. 134).

Wichtig: Diese Gegenstände von geringem Wert müssen als Werbeträger gekennzeichnet sein und zwar durch eine dauerhafte und deutlich sichtbare Bezeichnung

  • des Werbenden oder
  • des beworbenen Produktes oder
  • beider.

Hierzu Hans-Georg Riegger (aa.O.):

Beim "Werbenden" in § 7 Abs. 1 Nr. HWG kann es sich auch um jenes Unternehmen handeln, für dessen Heilmittel und auf dessen Veranlassung geworben wird. Der Apotheker kann deshalb nach zutreffender Ansicht auch geringwertige Werbegaben verteilen, die mit der Firma eines Arzneimittelherstellers gekennzeichnet sind.

b. Geldrabatte (Ausnahme: Arzneimittel für die die Arzneimittelpreisverordnung gilt) und Naturalrabatte („Buy 1 get 2“; Ausnahme: Apothekenpflichtige Arzneimittel) sind in engen Grenzen zulässig.

Wann sind Geldrabatte bzw. Naturalrabatte erlaubt?

Geldrabatte sind zulässig für:

  • Heilmittel, die nicht Arzneimittel sind
  • Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel
  • Nicht verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige Arzneimittel

Geldrabatte sind nicht zulässig für:

- Verschreibungspflichtige, apothekenpflichtige Arzneimittel

Naturalrabatte sind zulässig für:

  • Heilmittel, die nicht Arzneimittel sind
  • Nicht apothekenpflichtige Arzneimittel

Naturalrabatte sind nicht zulässig für:

- Apothekenpflichtige Arzneimittel

Ganz unabhängig von dieser Unterscheidung sind Rabatte nur zulässig, wenn sich diese unmittelbar auf das beworbene Medizinprodukt selbst beziehen und nicht, wenn diese für andere Waren eingeräumt werden (OLG Köln, Urteil vom 23.02.2011 - 6 W 2/11).

c. Handelsübliches Zubehör oder handelsübliche Nebenleistungen

d. Zuwendungen bzw. Werbeabgaben in Form von Auskünften oder Ratschlägen

e. Unentgeltliche Kundenzeitschriften an Verbraucher
Achtung Sonderfall „Heilberufe“: Unabhängig von den Ausnahmen nach § 7 Abs. 1 S. 1 HWG sind nach § 7 Abs. 1 S. 2 „Werbegaben für Angehörige der Heilberufe [...] nur dann zulässig, wenn sie zur Verwendung in der ärztlichen, tierärztlichen oder pharmazeutischen Praxis bestimmt sind.“

7. Welche Sanktionen drohen bei Verstößen?

Verstöße gegen § 7 HWG können als Ordnungswidrigkeit mit einer Geldbuße belegt werden (§ 15 Abs. 1 Nr. 4, 4 a HWG). Daneben drohen wettbewerbsrechtliche Abmahnungen durch Wettbewerbsverbände oder Mitbewerber.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .

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1 Kommentar

M
Martin 17.12.2015, 14:34 Uhr
Mehrere Preislisten = Rabatt?
guten Tag 
wenn Rabatte auf physiotherapeutische Leistungen unzulässige Zuwendungen darstellen wie verhält es sich dann wenn eine Praxis mehrere Preislisten hat?
so ist es in eigenen Praxen durchaus üblich, das  eihilfepatienten den Beihilfesatz bezahlen müssen während privat Versicherte einen anderen Satz in Rechnung gestellt bekommen.
Ist das verboten?
Und wenn ja, wie sieht es aus mit den Beträgen die man den gesetzlichen Versicherung in Rechnung gestellt? diese sind ja fast immer niedriger als die Preise der Privatversicherten.stellt dies nicht eindeutig einen Rabatt da und ist dieser nicht damit eindeutig unzulässig?

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