Massenabmahnungen sind nicht zwangsweise unzulässig

Massenabmahnungen sind nicht zwangsweise unzulässig
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von Verena Eckert
24.09.2008 | Lesezeit: 4 min

In letzter Zeit wenden sich immer öfter Betroffene, die Opfer einer „Massenabmahnung“ geworden sind, an die IT Recht Kanzlei. Aus diesem Anlass möchten wir die Leser unserer News über die rechtlichen Hintergründe und die aktuelle Rechtsprechung zu diesem Thema informieren.

1. Was ist eine Massenabmahnung?

Von einer Massenabmahnung oder auch Serienabmahnung spricht man bei einer Vielzahl gleich gelagerter Fälle mit identischen Abmahnschreiben. Der wohl am häufigsten zu einer Serienabmahnung führende Fall ist das Herunterladen von urheberrechtlich geschützten Werken aus Tauschbörsen wie „Edonkey“ oder „Kazaa“. Häufige Abmahnopfer sind aber auch Ebay Händler, wenn ihre Angebote gegen gesetzliche Vorschriften verstoßen.

Ist die Abmahnung erst einmal in dem eigenen Briefkasten gelandet, suchen viele der Abgemahnten in einschlägigen Internetseiten und Foren nach anderen Betroffenen, die von demselben Rechteinhaber abgemahnt wurden. Anlass hierfür ist der verbreitete Irrtum, dass Massenabmahnungen unzulässig seien.

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2. Massenabmahnungen sind grundsätzlich zulässig?

Grundsätzlich sind Massenabmahnungen zulässig. Denn wenn viele Personen die Rechte anderer auf die selbe Weise verletzten, sind halt auch viele Abmahnungen notwendig. Andernfalls wird das Recht des Einzelnen wertlos. Daher hat auch jeder Verletzte das Recht, einen Anwalt mit der Rechtsverfolgung zu beauftragen. Die Rechtsanwaltskosten hierfür kann er jedoch nur dann von dem Abgemahnten nach § 670 BGB verlangen, wenn er die Hinzuziehung des Anwalts für erforderlich halten durfte.

Der BGH (Urteil vom 17.07.08, Az. I ZR 219/05) hatte sich nun jüngst mit der Erforderlichkeit der Hinzuziehung eines Rechtsanwalts bei einer Vielzahl von Verletzungen bei gleichartigen Verstößen zu befassen. In diesem Fall war der Abgemahnte der Ansicht, dass es sich bei einer Serienabmahnung um eine mit Hilfe von Textbausteinen einfach zu bewältigende Routineangelegenheit der Geschädigten handle, zu der die Hinzuziehung eines Anwalts nicht erforderlich sei.

Nach den Ausführungen des BGH durfte die Geschädigte jedoch gerade im Hinblick auf die große Zahl der zu verfolgenden Rechtsverletzungen die Einschaltung eines Rechtsanwaltes für erforderlich halten. Dies gelte umso mehr, wenn die Verfolgung von (Urheber-) Rechtsverstößen nicht zu den originären Aufgaben eines Unternehmens gehöre, gleichwohl es eine eigene Rechtsabteilung unterhalte. Ihm sei es nicht zuzumuten, eigene Mitarbeiter mit den besonders zeitaufwändigen Abmahnungen zu betrauen, nur um den Verletzern die Kosten der Inanspruchnahme eines Rechtsanwaltes zu ersparen.

Auf das „Argument“ der Massenabmahnung ging das Gericht hier überhaupt nicht ein, so dass daraus zu schließen ist, dass insbesondere im Bereich des Urheberrechts der Grundsatz gilt: „Viele Rechtsverletzungen erfordern eben auch viele Abmahnungen.“

Und auch im Markenrecht, wo der Markeninhaber sogar gehalten ist, seine Marke zu verteidigen, lässt sich aus einer Vielzahl von Abmahnungen gerade nicht schließen, dass es sich um eine rechtsmissbräuchliche Serienabmahnung handelt.

3. Wann ist eine Massenabmahnung unzulässig?

Der Anspruch auf Abgabe einer Unterlassungserklärung bzw. der Erstattung der Rechtsanwaltsgebühren oder sonstiger Abmahnkosten besteht jedoch dann nicht, wenn sich die Massenabmahnung als rechtsmissbräuchlich darstellt. Dies folgt aus § 8 Abs. 4 UWG bei wettbewerbsrechtlichen Verstößen bzw. in Ausnahmefällen auch aus § 242 BGB bei Verletzungen des Urheber- oder Markenrechts.

Nach der Entscheidung des LG Bückenburg zum Wettbewerbsrecht (Urteil vom 22.04.08, Az. 2 O 62/08) ist die umfangreiche Abmahntätigkeit allein noch kein Indiz für einen Missbrauch. Ein solcher sei aber dann anzunehmen, wenn die Abmahntätigkeit in keinem vernünftigen Verhältnis zur eigentlichen Geschäftstätigkeit stehe und bei objektiver Betrachtung an der Verfolgung bestimmter Wettbewerbsverstöße kein nennenswertes wirtschaftliches Interesse außer dem Gebührenerzielungsinteresse bestehe. Das LG Bückenburg sah dies für einen in einer Einzelkanzlei tätigen Rechtsanwalt, der pro Monat mehr als 500 wettbewerbsrechtliche Abmahnungen versendet hat, als erwiesen an.

4. Fazit

Die Suche nach weiteren Betroffenen einer Massenabmahnung stellt sich daher nur dann als lohnend dar, wenn daneben auch weitere Indizien für einen Missbrauch gegeben sind. Die Beweislast hierfür liegt jedoch bei dem Abgemahnten.

Die größten Chancen, um diesen Beweis zu erbringen, liegen dabei noch im Wettbewerbsrecht. Im Urheber- und Markenrecht dürfte es sich um absolute Ausnahmefälle handeln. Die Suche nach anderen Betroffenen hat dann eher den Zweck, zu erfahren, welche Erfahrungen andere in der konkreten Situation gemacht haben.

Dieser Beitrag wurde unter Mitwirkung von Herrn Rechtsanwalt Michael D. Inhof erstellt.

Tipp: Sie haben Fragen zu dem Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook.

Bildquelle:
S. Hofschlaeger / PIXELIO

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