Vorsicht Markeninhaber: Abmahnung von anhängenden Mitbewerbern auf Amazon kann rechtsmissbräuchlich sein
Der Markenschutz ist immer noch das Mittel der Wahl, wenn es darum geht, Mitbewerber auf Amazon abzuschütteln – Marke anmelden – Mitbewerber abmahnen - Einzelanbieter sein – so weit, so gut. Aber Vorsicht: Eine Markenabmahnung ist dann rechtsmissbräuchlich, wenn die Marke nachträglich in eine Amazon-Produktbeschreibung eingefügt wird, die zuvor gemeinschaftlich mit und von anderen Mitbewerbern genutzt wird (OLG Frankfurt a.M., Urteil vom 27.10.2011, Az. 6 U 179/10).
Objektiver Tatbestand einer Markenrechtsverletzung zwar erfüllt
Der Kläger ist Inhaber der Wortmarke „ALPLAND“, die unter anderem für Sonnenbrillen geschützt ist.
Er hatte für längere Zeit unter einer bestimmten ASIN-Nummer im Warenkatalog vom Amazon Sonnenbrillen unter der Gattungsbezeichnung „Piloten-Sonnenbrille – auch mit schwarzen Gläsern! Inkl. Etui“ angeboten. So auch der Beklagte. Auch dieser hatte Sonnenbrillen unter gleicher Produktbeschreibung auf der Handelsplattform Amazon angeboten, so dass beide Parteien über einen Zeitraum von etwa 1 ½ Jahre parallel die gleichen Brillen vertrieben. So dann fügte der Kläger jedoch später – ohne Wissen seiner Mitbewerber – seine Marke „ALPLAND“ in die Produktbeschreibung mit ein, was dazu führte, dass der Beklagte Waren unter fremden Zeichen anbot.
Die Änderung der Sonnenbrillen-Beschreibung wirkte sich folglich auf die Internetangebote sämtlicher unter dieser ASIN-Nummer auftretenden Anbieter aus.
Hierin liegt zweifelsfrei eine Markenrechtsverletzung im Sinne des § 14 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 2 Markengesetz durch den Beklagten. Eine solche besteht verschuldensunabhängig und damit auch unabhängig davon, ob dem Beklagten das verletzte Kennzeichenrecht bekannt war oder nicht.
Markenabmahnung ist jedoch rechtsmissbräuchlich
Jedoch sah das Gericht darin ein rechtsmissbräuchliches Verhalten (§ 242 BGB) seitens des Klägers, weil dieser durch die Änderung seiner Produktbeschreibung im Warenkatalog von „Amazon“ die Markenrechtsverletzung durch den Beklagten bewusst provoziert habe, um ihn im Folgenden dann abzumahnen.
Der Beklagte habe zwar ein mit der Marke identisches Zeichen für identische Ware benutzt, er hafte aber nicht als Täter oder Störer für die vom Kläger geltend gemachte Markenverletzung, weil der Kläger selbst seine Marke in die Artikelbeschreibung der unter der von beiden Parteien gemeinsam genutzten Artikelnummer im Amazon-Katalog eingeführt habe.
Wenn es dem Kläger allein darauf angekommen wäre, seine Produkte über die Amazon-Plattform unter seiner Marke „ALPLAND“ zu vertreiben, so hätte es ihm offen gestanden, sich eine neue ASIN zu wählen und sich damit einfach und zuverlässig gegen künftige Markenverletzungen zu schützen.
Keine Pflicht zur Überprüfung einer Änderung durch den Beklagten
Das Gericht entschied ferner, dass den Beklagten keine Pflicht zur Überprüfung einer Änderung der Produktbeschreibung treffe.
Es spricht gegen den Kläger, dass er seine Mitbewerber zuvor nicht über eine beabsichtigte Produktänderung informiert habe, so die Richter. Es sei nämlich nicht davon auszugehen, dass diese regelmäßig die Angebote des Klägers überprüfen und somit einer Markenrechtsverletzung entgegen wirken könnten. Etwas anderes ergebe sich auch nicht daraus, dass es dem Beklagten vorher theoretisch möglich gewesen wäre, die Produktänderung den Verkaufsberichten des Klägers zu entnehmen.
Pflicht trifft Kläger
Redlicherweise wäre es dem Kläger angezeigt gewesen, seine Mitbewerber über die Änderung der Produktbeschreibung zu informieren. Das Angebot war nämlich schon seit geraumer Zeit unter der Gattungsbezeichnung geführt worden und der Kläger durfte nicht ohne weiteres davon ausgehen, dass dem Beklagten eine geänderte Produktbeschreibung aufgefallen wäre.
Aufgrund dieses rechtsmissbräuchlichen Verhaltens konnte der Kläger seine beabsichtigen Ansprüche auf Schadenersatz, Auskunft sowie Erstattung der Abmahnkosten auch nicht in der Berufungsinstanz durchsetzen. Zuvor hatte bereits das LG Frankfurt die Klage abgewiesen.
Auch wenn zwar der objektive Tatbestand einer Markenrechtsverletzung erfüllt ist, kann dem erfolgreich der Einwand des Rechtsmissbrauchs entgegen gehalten werden. Dies gilt nicht nur dann, wenn eine Marke in rechtsmissbräuchlicher Weise angemeldet wird, sondern auch dann, wenn in ebenso missbräuchlicher Art Ansprüche aus einem zunächst mangelfrei erworbenen Kennzeichenrecht, wie im hier benannten Fall, erhoben werden.
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