Feiner Unterschied: Markennutzung oder nur Beschreibung?

Feiner Unterschied: Markennutzung oder nur Beschreibung?
Stand: 09.12.2024 6 min

Händler, die eine geschützte Bezeichnung in ihren Angeboten verwenden, sollten den Unterschied zwischen Markennutzung und beschreibender Nutzung besser kennen. Eine Entscheidung des OLG Nürnberg behandelte die Frage, ob die Slogans „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“, die Haribo zum 100-jährigen Jubiläum der Goldbären nutzte, markenrechtlich oder nur beschreibend verwendet wurden.

Die zentrale Frage: Markenmäßige Nutzung oder beschreibender Hinweis?

Eine Markenverletzung liegt nach § 14 MarkenG vor, wenn ein Zeichen im geschäftlichen Verkehr markenmäßig verwendet wird, also in erster Linie dazu dient, die Herkunft eines Produkts zu kennzeichnen. Im vorliegenden Fall des OLG Nürnberg (Urteil vom 19.06.2024, Az.: 3 U 2541/23) stellte sich die Frage, ob die Slogans „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“ von Haribo als solche Herkunftshinweise genutzt wurden oder ob sie lediglich das Jubiläum des Produkts beschreiben. #

Die Klägerin argumentierte, dass die von ihr eingetragenen Marken „HAPPY BEAR'S DAY“ und „HAPPY BEARS DAY“ durch die Verwendung dieser ähnlichen Slogans verletzt würden.

Das OLG Nürnberg stellte jedoch klar, dass die angegriffenen Wortkombinationen in diesem speziellen Fall nicht markenmäßig genutzt wurden. Vielmehr seien sie als beschreibender Hinweis auf das 100-jährige Jubiläum der Haribo Goldbären zu verstehen.

Die Bezeichnung „HAPPY BÄRSDAY“ sei demnach nicht primär ein Herkunftshinweis, sondern eine „anlassbezogene Abwandlung des Geburtstagsgrußes ‚Happy Birthday‘“, die den humorvollen Bezug zu den Goldbären herstelle.

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Sprachliche Anspielung und Wortspiele: „HAPPY BÄRSDAY“ als humorvolle Abwandlung

Ein zentrales Element der Entscheidung war das Sprachspiel, das Haribo durch die Umformulierung von „Happy Birthday“ in „HAPPY BÄRSDAY“ und „HAPPY 100th BEARSDAY“ geschaffen hat. Das Gericht hob hervor, dass diese Wortspiele für den Durchschnittsverbraucher erkennbar seien und eine klare Anspielung auf den bekannten Geburtstagsgruß „Happy Birthday“ darstellen. Dabei werde der Wortbestandteil „BIRTH“ durch „BÄRS“ bzw. „100th BEARS“ ersetzt, was einen humorvollen Bezug zu den Goldbären herstelle.

Diese Abwandlung sei für den durchschnittlichen Verbraucher verständlich, und er würde die Slogans eindeutig als Geburtstagsgruß an die Goldbären auffassen. Das Gericht führte hierzu aus:

"Der Durchschnittsverbraucher versteht sie jeweils als Geburtstagsgruß für den „Bären“, weil für ihn deutlich erkennbar der Wortbestandteil „BIRTH“ durch „BÄRS“ bzw. „100th BEARS“ ersetzt wurde. Beide Zeichen lehnen sich erkennbar an den englischen Geburtstagsgruß „HAPPY BIRTHDAY“ („Alles Gute zum Geburtstag“) an, welcher dem deutschen Verbraucher allgemein geläufig ist. Mit den Wortfolgen assoziieren die angesprochenen Verkehrskreise in den hier in Rede stehenden Fällen daher die anlassbezogene Abwandlung des Geburtstagsgrußes „Happy Birthday“ für Gummibärchen. Beim Zeichen „HAPPY 100th BEARSDAY“ verstärkt der Zeichenbestandteil „100th“ noch zusätzlich den Hinweis auf den „100.“ Geburtstag des Goldbären. (…)"

Diese kreative Wortwahl trage dazu bei, dass die Slogans als Werbesprüche und nicht als Markenkennzeichen wahrgenommen würden.

Die Platzierung der Slogans und die Gesamtgestaltung der Verpackung

Ein weiterer wichtiger Aspekt der Entscheidung war die Platzierung der Slogans auf den Verpackungen und in den Werbemaßnahmen von Haribo. Das Gericht stellte fest, dass die Zeichen „an markenuntypischen Stellen, wie der Rückseite der Verpackung“ angebracht wurden, wo Verbraucher in der Regel keine Herkunftshinweise erwarten. Diese ungewöhnliche Platzierung spreche ebenfalls gegen eine markenmäßige Verwendung. Wären die Slogans auf der Vorderseite der Verpackung oder an prominenter Stelle positioniert worden, hätte dies eher für eine Herkunftskennzeichnung sprechen können.

Darüber hinaus spielte die Gesamtgestaltung der Verpackungen und Werbemaßnahmen eine zentrale Rolle in der Beurteilung des Gerichts. Die Verwendung von grafischen Elementen wie einer Goldbären-Figur mit Partyhut, Luftschlangen und weiteren Hinweisen wie „Die Ikone wird 100“ unterstrichen für das Gericht eindeutig den Jubiläumscharakter der Slogans. In den streitgegenständlichen Anzeigen und auf den Verpackungen gehe es darum, das 100-jährige Bestehen der Goldbären zu feiern, nicht aber, den Verbraucher über die Herkunft des Produkts zu informieren

Jubiläumscharakter der Slogans und Verbraucherwahrnehmung

Entscheidend für das Urteil war auch, wie der durchschnittliche Verbraucher die Slogans wahrnehmen würde. Das Gericht betonte, dass die Verwendung der Zeichen im Zusammenhang mit dem Jubiläum „deutlich beschreibende Anklänge“ aufweise und vom Verbraucher nicht als Herkunftshinweis interpretiert werde. Das Slogan-Element „100th“ in „HAPPY 100th BEARSDAY“ verstärke den Hinweis auf das 100-jährige Jubiläum noch zusätzlich.

Diese Interpretation werde durch die gesamte Werbekampagne unterstützt, die den Geburtstag der Goldbären feiere. In einem TV-Werbespot trage der Goldbär beispielsweise einen Partyhut, und der Spot trage den Titel „100 Jahre Goldbären“. Der Slogan „HAPPY BÄRSDAY“ werde im Kontext weiterer Hinweise auf das Jubiläum verwendet, wie etwa „Die Goldbären werden 100“ oder „Ganz Deutschland feiert mit“. Auch die URL des Gewinnspiels der Beklagten, die die Bezeichnung „Geburtstag“ enthielt, sowie weitere Hinweise wie „Ein Jahr lang feiern wir alle zwei Monate eine andere Goldbären-Farbe“ machten den besonderen Anlass deutlich.

Das OLG Nürnberg führte nochmal in seiner Gesamtheit die Gründe wie folgt aus:

"Die erforderliche Gesamtwürdigung der maßgeblichen Einzelumstände ergibt im vorliegenden Fall jedoch, dass die angegriffenen Zeichen vom angesprochenen Durchschnittsverbraucher überwiegend als – auf einen beschreibenden Kern zurückführbarer – Jubiläumshinweis in der Art eines Werbeslogans verstanden werden, welche die Beklagte ersichtlich wegen dem – auch mit dem Sprachwitz verbundenen – Wiedererkennungswert für die Jubiläumsedition der „... Goldbären“, aber nicht als Hinweis auf die Herkunft des Produkts verwendet."

Wie eine solche Nutzung von Marken im Textilbereich aufgefasst werden kann, sehen Sie in diesem Beitrag. Und in diesem Beitrag haben wir uns allgemein mit den Anforderungen bei Nutzung fremder Marken auseinandergesetzt.

Fazit: Beschreibender Hinweis statt Markenverletzung

Das Urteil des OLG Nürnberg zeigt, dass es bei der Frage, ob eine Markenverletzung vorliegt, sehr darauf ankommt, wie ein Zeichen benutzt wird. Das Gericht entschied, dass die Slogans "HAPPY BÄRSDAY" und "HAPPY 100th BEARSDAY" nicht markenmäßig benutzt werden. Sie seien lediglich Hinweise auf den 100. Geburtstag der Haribo-Goldbären. Die Kombination aus einem witzigen Wortspiel, der Platzierung der Slogans auf der Verpackung und der Gestaltung der Werbemaßnahmen führte dazu, dass die Verbraucher die Zeichen nicht als Herkunftshinweis, sondern als Jubiläumsslogans auffassten.

Zum Schluß noch ein Praxistipp zur markenrechtlichen Nutzung von Slogans:

Bei der Gestaltung von Werbeslogans und Angeboten sollten Händler stets darauf achten, dass ihre verwendeten Begriffe und Phrasen klar als beschreibende Elemente und nicht als Herkunftshinweise wahrgenommen werden. Dabei kommt es auf die Gesamtdarstellung an: Slogans sollten so formuliert und platziert werden, dass sie eindeutig auf die Eigenschaften des Produkts oder den Anlass hinweisen, ohne den Eindruck zu erwecken, dass sie als Marke fungieren.

Um das Risiko einer Markenverletzung zu minimieren, empfiehlt es sich, Slogans an markenuntypischen Stellen zu positionieren, wie etwa auf der Rückseite von Verpackungen oder in weniger hervorgehobenen Bereichen von Werbematerialien. Unterstützende grafische oder textliche Elemente, die den beschreibenden Charakter unterstreichen, können ebenfalls hilfreich sein.

Händler sollten besonders darauf achten, dass der Slogan nicht zu markenähnlich ist. Wenn Verbraucher den Slogan als Hinweis auf die Herkunft des Produkts interpretieren könnten, könnte dies als Markenverletzung gewertet werden. Daher ist eine sorgfältige Prüfung und gegebenenfalls eine Anpassung der verwendeten Begriffe ratsam, um rechtlichen Problemen vorzubeugen. Im Zweifelsfall gilt unserer Erfahrung nach: Bei unberechtigter Nutzung fremder Marken ist eine Markenverletzung nicht auszuschließen.

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Bildquelle: Mathias Ulrich/shutterstock.com

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