LG München I: Je bekannter eine Marke, desto größer der Schutz, den sie genießt – chefkoch. de führt zu Markenlöschung
Mit einer aktuellen Entscheidung zeigte das LG München I (Urteil vom 13.12.2016, Az.: 33 O 7174/16), wie sehr eine Marke aufgrund ihrer Bekanntheit Schutz genießt und dass trotz geringer Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr angenommen werden kann. In dem zu entscheidenden Fall sahen die Richter aufgrund einer intensiven Nutzung des Koch-und Rezept-Potals „Chefkoch“ die Wort-/Bildmarke Chefkoch als unterscheidungskräftig genug an, um die Löschung einer anderen „Chefkoch“-Wort-/Bildmarke zu erwirken.
Inhaltsverzeichnis
- Zwischen den Waren, für die die Beklagtenmarke eingetragen ist, und den Dienstleistungen der Klägerin ist Ähnlichkeit abzulehnen
- Erweiterter Bekanntheitsschutz einer Marke führt trotz nur geringer Zeichenähnlichkeit zur unmittelbaren Verwechslungsgefahr
- Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Wort-/Bildmarke
Geklagt hatte die Betreiberin des Web-Portals chefkoch.de und gleichzeitige Inhaberin der Wort-/Bildmarke sowie der Wortmarke Chefkoch. Das Webportal beschäftigt sich rund um das Thema „Kochen“ und ermöglicht das Austauschen und Herunterladen von digitalen Kochrezepten. Im Jahre 2015 verzeichnete es über 2,2 Milliarden Aufrufe und durfte sich damit als Marktführer auf dem benannten Gebiet betiteln. Die Marke der Klägerin schützt insbesondere Küchengeräte- und Werkzeuge sowie Besteck und Geschirr. Da sie auf allen Seiten des Portals gut sichtbar ist, ist sie den Nutzern der Website allseits bekannt. Mit ihrer Klage wendete die Klägerin sich gegen ein chinesisches Unternehmen, welches ebenfalls die Wort-/Bildmarke „Chefkoch“ beim deutschen Patent- und Markenamt anmeldete und begehrte Löschung sowie Unterlassung der Marke.
Die Klägerin ist der Ansicht, die Nutzer der Website würden wegen der Ähnlichkeit der Marken in jedem Falle gedanklich eine Verbindung zur Marke der Beklagten herstellen, was die Beklagte sich zu ihrem Vorteil mache und dadurch von der Anziehungskraft, dem Ruf, dem Ansehen und der Wertschätzung der klägerischen Marke profitiere. Die Beklagte hingegen sieht in den Marken keine Ähnlichkeit, weswegen sie auch ein gedankliches „Ineinander in Verbindung setzen“ ablehnt. Sie vertritt die Auffassung, dass der Wortbestandteil der Marken nicht kennzeichnungskräftig sei, aufgrund dessen sei auf den Bildbestandteil abzustellen und dieser sei bei den abgebildeten Kochmützen so prägnant, dass der angesprochene Verkehrskreis dies ohne Zweifel erkenne.
Das LG München teilte die Meinung der Klägerin und bejahte einen Löschungsanspruch der Beklagtenmarke, da „diese die Unterscheidungskraft der bekannten Wort-/Bildmarke unlauter ausnutzt“.
Zwischen den Waren, für die die Beklagtenmarke eingetragen ist, und den Dienstleistungen der Klägerin ist Ähnlichkeit abzulehnen
Zwar konnten die Richter keine Ähnlichkeit feststellen zwischen der „Veröffentlichung und Herausgabe von elektronisch wiedergebbaren Text-, Grafik-, Bild- und Toninformationen, die über Datennetze abrufbar sind“ und den unter der angegriffenen Marke eingetragenen Waren, z.B. Schleifgeräte für Messer und Klingen, Bartschneidemaschinen, Essbestecke, Haushaltsgeräte, Tafelgeschirr, Küchengefäße. Mithin sei zwischen den Waren, für die die Beklagtenmarke eingetragen ist, und den Dienstleistungen der Klägerin eine Ähnlichkeit abzulehnen.
Erweiterter Bekanntheitsschutz einer Marke führt trotz nur geringer Zeichenähnlichkeit zur unmittelbaren Verwechslungsgefahr
Die Nutzer des Portals assoziieren aber dennoch eine gedankliche Verknüpfung zwischen den beiden Marken, so die Richter. Entscheidend sei, dass die Marke der Klägerin bekannt ist und das Webportal große Nutzerzahlen auf sich zieht. In diesem Zusammenhang darf von der Bekanntheit des Portals auf die Bekanntheit der Wort-/Bildmarke geschlossen werden. Konkret bedeutet dies, dass die Bekanntheit des Portals dabei der Bekanntheit der Wort-/Bildmarke deswegen gleichzusetzen ist, da diese auf der Webseite verwendet wird und von jedem wahrgenommen werde, der das Portal aufruft. Eindeutig ist die Marke auf der Website mehrfach abgebildet und wird von den angesprochenen Verkehrskreisen ohne weiteres wahrgenommen. Darüber hinaus ist der Wortbestandteil der Marke zugleich der Domain-Name und die Klägerin unstreitig Marktführerin bei Internetseiten im kulinarischen Bereich. Die Marken sind sich hochgradig ähnlich und die angesprochenen Verkehrskreise werden kaum zwischen den beiden Kochmützenformen unterscheiden.
„Der Aufbau der Zeichen entspricht sich, da beide aus dem identischen Wortbestandteil sowie der Abbildung einer Kochmütze bestehen, die graphisch zentriert über dem Wortbestandteil angeordnet wurde. Der Verkehr nimmt bei beiden Zeichen jeweils auch nur eine Kochmütze wahr: Es ist fernliegend, dass die angesprochenen Verkehrskreise eine Differenzierung zwischen den verschiedenen Formen oder der unterschiedlichen Herkunft der Kochmützen vornehmen. Dies gilt umso mehr, als dem angesprochenen Verkehr die beiden Zeichen in der Regel nicht gleichzeitig begegnen und er sich somit auf das unvollkommene Bild verlassen muss, das er von ihnen im Gedächtnis behalten hat.“
Unlautere Ausnutzung der Unterscheidungskraft der bekannten Wort-/Bildmarke
Abschließend stellte das Gericht fest, dass die Beklagte auch die Unterscheidungskraft der Wort-/Bildmarke der Klägerin in unlauterer Weise ausnutze, da sich der maßgebliche Verkehrskreis zwangsläufig aufgrund der Ähnlichkeit der Marken und des Wiedererkennungseffekts mit entsprechend gekennzeichneten Waren der Beklagten intensiver beschäftigen wird. Dadurch, dass die Beklagte ihre Marke registrierte, brachte sie ferner zum Ausdruck, dass sie sie auch für ihre Waren nutzen wolle, was zugleich eine Beeinträchtigung der Herkunftsfunktion seitens der Wort-/Bildmarke der Klägerin mit sich zieht.
Die Entscheidung macht deutlich, wie sehr die Bekanntheit einer Marke ihr gleichzeitig Schutz gewährt. Insbesondere der erweiterte Bekanntheitsschutz einer Marke kann dazu führen, dass trotz nur geringer Zeichenähnlichkeit eine unmittelbare Verwechslungsgefahr angenommen wird. Voraussetzung ist die Unähnlichkeit der zu vergleichenden Waren oder Dienstleistungen.
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