Teil 1 - Einführung in die Handelsform des M-Commerce
Hinweis: Interessante weiterführende Informationen zum Thema hat die IT-Recht Kanzlei in ihrem Beitrag "Mobile Shopping – M-Commerce mit Recht? – App-etit aufs mobile Shoppen!" veröffentlicht.
Einführung
Handelsformen „E-„und „M-Commerce”und deren Abgrenzung zueinander
Bevor man sich dem Begriff „Mobile Commerce” (nachfolgend „M-Commerce”) nähert, ist es ratsam, sich zunächst dem derzeit noch ungleich bekannteren und übergeordneten Gesamtbegriff des „E-Commerce” zuzuwenden. Dieser wird gängigerweise definiert als „netzwerkgestützte Beschaffung, Verarbeitung und Bereitstellung meist multimedialer Informationen zur Abwicklung von Geschäftsvorgängen aller Art (…)” (Steimer, Maier, Spinner, S. 9). Wichtigstes Charakteristika des E-Commerce ist demnach der Zugriff auf Datennetze (mit Datennetzen ist im wesentlichen das Internet gemeint) mittels stationärer Geräte (gängigstes Beispiel ist der mit DSL ausgestatte PC). Die Handelsform E-Commerce ist damit eine ortsgebundene Form des elektronischen Handels.
An dieser Stelle wird bereits der wesentliche Unterschied zum M-Commerce erkennbar. Bedeutet doch das Kürzel M-Commerce übersetzt ins Deutsche sinngemäß nichts anderes als Mobil-Commerce, also „ortsungebundener Handel”. Es geht bei M-Commerce also darum, für jede beliebige Form der kommerziellen Aktivität ausschließlich mobile, weil drahtlose, Kommunikationsnetzwerke (z.B. Handys, PDA, Smartphones und Notebooks) einzusetzen. M-Commerce ist also eine Chiffre für die wirtschaftliche Nutzbarmachung einer Technologie, die erst in den letzten Jahren eine wirkliche Breitenwirkung erzielen konnte: die Mobilfunktechnik.
Der M-Commerce ließe sich daher, in Anlehnung zur obigen Definition des E-Commerce wie folgt definieren: M-Commerce umfasst die "ortsungebundene (mobile) Beschaffung, Verarbeitung und Bereitstellung von Informationen aller Art, zur Abwicklung von Geschäfts- und Kommunikationsvorgängen unter Einsatz mobiler Endgeräte und Nutzung geeigneter Dienste und Netzinfrastrukturen" (Steimer, Maier, Spinner, S.10).
Merkmale des M-Commerce / Vor- und Nachteile der mobilen Endgeräte
Neben der Ortsungebundenheit ist die Vielzahl der genutzten mobilen Endgerättypen ein typisches Merkmal des M-Commerce. Die Palette von Endgeräten umfasst insbesondere:
- Handys, die unter größtem technischen Einsatz immer kleiner und flacher gestaltet werden,
- Personal Digital Assistants (PDA) (englisch für persönlicher digitaler Assistent), die bereits kleine tragbare Computer darstellen,
- Smartphones, die den Leistungsumfang eines Mobiltelefones mit dem eines PDAs vereinen und
- Notebooks, die kleine tragbare Microcomputer darstellen und inzwischen vollumfänglich mit der Leistung von PCs vergleichbar sind.
All den oben aufgeführten Endgerätetypen ist gemeinsam, dass diese (mit Ausnahme der Notebooks) ausschließlich für mobile Einsatzzwecke konzipiert und daher sowohl in technischer, als auch in ergonomischer Hinsicht Kompromissen unterworfen sind. Dies zeigt sich schon bei den Displays. Während beim E-Commerce stationäre Computer und damit Bildschirmflächen von mindestens 15 Zoll eingesetzt werden, hat man sich beim M-Commerce mit deutlich kleineren Bildschirmen zu begnügen.
So beträgt die Bildschirmauflösung aktueller PDAs im Schnitt gerade einmal 320 x 240 Pixel. Dies ist noch recht großzügig bemessen angesichts der Tatsache, dass selbst große Handydisplays nur 7-zeilig sind und mit einer Auflösung von nur 176 x 208 Pixel aufwarten können. Noch spartanischer geht es bei kleinen Handydisplays zu, die nur noch 4 Zeilen und eine Auflösung von 84 x 48 Pixel vorweisen.
Dies macht deutlich, dass bereits die Darstellung kurzer Texte einige mobile Endgerättypen (Natürlich sind auch Notebooks dem M-Commerce zuzuordnen, da diese in der Lage sind mittels PCMCIA-Karte oder Handy über den Mobilfunk mit Datennetzen zu kommunizieren. Aufgrund ihrer großen Displays sind diese Geräte aber eher mit PCs vergleichbar und es stellt sich bei Ihnen nicht die Grundproblematik der im M-Commerce eingesetzten Endgeräte: Die geringe Displaygröße) vor große Probleme stellen kann. Zudem gestaltet sich auch die Darstellung von Informationen, die nicht speziell für mobile Geräte formatiert wurden (z.B. normale HTML Seiten) als schwierig. Der Grund liegt darin, dass die kleinen Bildschirme meist nicht die nötige Displayfläche und Farbtiefe besitzen, um ein Dokument wie vom M-Commerce Betreiber beabsichtigt darzustellen.
Andererseits heben sich die im M-Commerce genutzten Kommunikationseinrichtungen auch in vielfältiger Weise von den im Bereich des E-Commerce eingesetzten stationären Computer ab. Dabei wären insbesondere folgende Punkte zu nennen:
- Ortsungebundenheit und ständige Erreichbarkeit: Handys, PDAs und Smartphones unterscheiden sich von stationären Computern gerade dadurch, dass sie dem Nutzer eine ständige Erreichbarkeit und damit eine größtmögliche Flexibilität ermöglichen. Die entscheidende Neuerung, die der M-Commerce mit sich bringt, ist der Vorteil, dass der Handel mit Waren oder Dienstleistungen nicht mehr an bestimmte Orte gebunden (Laden, Börse, Computer), sondern vollkommen ortsungebunden ist. Nicht zuletzt sind M-Commerce Dienste auch aufgrund der drastisch kürzeren Start- bzw. Bootzeiten von mobilen Kommunikationsgeräten deutlich spontaner als z.B. ein PC nutzbar.
- M-Commerce: Basis für neue Dienstleistungen: Beim Einsatz von mobilen Endgeräten ist die jeweilige geographische Position des Teilnehmers in der Regel exakt feststellbar. Dies ermöglicht sog. Location Based Services. Dies sind über ein Netzwerk erbrachte mobile Dienste, die unter Zuhilfenahme von positions-, zeit- und personenabhängigen Daten dem Endbenutzer selektive Informationen bereitstellen oder Leistungen anderer Art erbringen.
- Sicherheit: Handys, PDAs, etc. bieten im Vergleich zu stationären Computern sehr viel weniger Funktionen. Dies muss sich jedoch nicht in jedem Fall als Nachteil erweisen, da es doch sehr viel einfacher ist, ein Handy zu bedienen, als einen Computer. Zudem ermöglicht die homogenere Software von Handys eine weitaus effektivere Verschlüsselung von Verbindungen und Authentisierungen von Benutzern.
Wirtschaftliche Rolle des M-Commerce
Gerade die mit den mobilen Endgeräten einhergehende Flexibilität und Schnelllebigkeit des M-Commerce Geschäftes trug entscheidend dazu bei, der Mobilfunk-Branche in den letzen Jahren überaus erfreuliche Umsatzzahlen zu bescheren – mit steigender Tendenz. Die Erscheinungsformen des M-Commerce sind dabei überaus vielfältig und umfassen z.B.:
- Mobile-Shopping (Beschreibt die ortsunabhängige Möglichkeit, immaterielle (z.B. Handylogos, Klingeltöne oder Musik-Download Produkte) wie auch alle denkbaren materiellen Produkte (Bücher, Lebensmittel, Reisen etc.) über das mobile Endgerät zu kaufen),
- Mobile-Ticketing (z.B. ein System zum einfachen Erwerben von Busfahrscheinen per Handy),
- Mobile-Payment (z.B. Paybox),
- Mobile-Auctions (Beschreibt die ortsunabhängige Teilnahme an Online-Auktionen über das mobile Endgerät),
- Mobile-Reservation (Beschreibt die ortsunabhängige Reservierung von Hotelzimmern, Flügen, Mietwagen etc. über das mobile Endgerät) und
- auch Location Based Services (Location Based Services liefern ortsbezogene Informationen des Handynutzers und ermöglichen somit, diesem auf seine konkrete Situation abgestimmte Dienstleistungen zur Verfügung zu stellen (vgl. auch oben). Ein Beispiel wäre das Kontaktieren des nächst gelegenen Taxiunternehmens der jeweiligen Stadt) (LBS).
Als Motor des M-Commerce Aufschwungs ist dabei immer noch der Vertrieb von Handy-Klingeltönen und Handy-Logos hervorzuheben. Während etwa die Musikübertragung auf das Mobiltelefon in Deutschland noch in den Anfängen steckt, bescheren Handyklingeltöne den jeweiligen Anbietern bereits heute nennenswerte Erträge (Vgl. auch Birghan, Musikwoche 2005, Heft 21, S. 8 ff. Zum „Verteilungskampf” um diese Einnahmen.
International werden die Umsätze auf 3 Mrd Euro geschätzt (Vgl. die FAZ v. 23.05.2005, S. 21. Einer Studie des Marktforschungsinstitutes GfK zufolge waren Klingeltöne im Januar 2004 die mit Abstand meist verkaufen Inhalte (abrufbar unter www.gfk.de)), europaweit wird mit beachtlichen Zuwachsraten gerechnet (2008 soll der gesamteuropäische Klingeltonmarkt bereits 3 Mrd. Euro betragen, vgl. BT-Drucks. 15/4092,2).
So wurden allein in Deutschland im Jahr 2003 ca. 164 Millionen Euro und im Jahr 2004 bereits rund 247 Mio. Euro umgesetzt. Deutschland ist damit in Europa der Hauptabsatzmarkt für Klingeltöne (Nach dem „Media Mobile Music Report 2004” erfolgten 17 % der europäischen Ringtone-Verkäufe in Deutschland). Diese Entwicklung wird zudem durch seit längerem praktizierte Klingelton-Shows und publizierten Ringeltone-Charts vorangetrieben, die übrigens auch bereits in Großbritannien sehr erfolgreich sind (Vgl. Klees, CR 9/2005 S. 627).
Anwendung der Regeln des Verbraucherschutzes auf den M-Commerce
So erfolgreich sich der M-Commerce in wirtschaftlicher Hinsicht auch entwickeln mag: Auch diese Form des Handels hat sich den gesetzlichen Verbraucherschutzvorschriften zu unterwerfen. Der M-Commerce stellt eben alles andere als einen rechtsfreien Raum dar, ist doch hier die Schutzbedürftigkeit des Verbrauchers mitnichten geringer als beim E-Commerce. Hier wie dort geht es um Geschäfte, bei denen sich Anbieter und Verbraucher nicht physisch begegnen und der Verbraucher die Ware oder Dienstleistung in der Regel nicht vor Vertragsschluss in Augenschein nehmen kann.
Im nachfolgenden Teil 2 dieser Serie wird aufgezeigt, welche rechtlichen Vorgaben M-Commerce Anbieter im Rahmen sogenannter B2C-Geschäfte (Business-to-Customer) zu erfüllen haben. Dabei geht es ausschließlich um Handelsbeziehungen zwischen Unternehmen und Privatpersonen (als Konsumenten) wobei im Einzelnen untersucht wird, welche spezifischen Probleme mit der Anwendung von verbraucherschutzrechtlichen Transparenz- und Informationspflichten auf diese mobile Handelsform verbunden sind. Im Vordergrund meiner Ausführungen steht hierbei der in der Praxis wichtige „Vertrieb von Waren”. Der Dienstleistungsbereich wird nur am Rande abgehandelt.
Der dritte und letzte Teil dieser Serie wird sodann Möglichkeiten aufzeigen, wie die im zweiten Teil herausgearbeiteten spezifischen Probleme des M-Commerce gelöst werden könnten.
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