Gericht entscheidet über Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen über Luftbildaufnahmen

Gericht entscheidet über Widerrufsrecht bei Verbraucherverträgen über Luftbildaufnahmen

Das Brandenburgische Oberlandesgericht hat mit einem am 14. November 2017 verkündeten Urteil die Berufung einer Gesellschaft, die gewerblich Luftbildaufnahmen von Hausgrundstücken anbietet, gegen ein Unterlassungsurteil des Landgerichts Potsdam zurückgewiesen. Auf Antrag einer Verbraucherzentrale war die Beklagte vom Landgericht verpflichtet worden, in den von ihr geschlossenen Verträgen mit Verbrauchern ein Widerrufsrecht einzuräumen und über dieses Widerrufsrecht zutreffend zu belehren.

Nach den Feststellungen des Senats bietet die Beklagte ihren Kunden Aufnahmen der von diesen be­wohnten Hausgrund­stücken nebst Umgebung an. Dabei verwendet sie durch eine Drittfirma beim Überfliegen eines bestimmten Gebiets ohne Kenntnis und Auftragserteilung der Grund­stücksbesitzer aufgenommenes digitales Bildmaterial. Außen­­dienstmitarbeiter der Beklag­ten ermitteln nach Vorliegen der Luftbildaufnahmen Namen und Anschrift von Anwohnern des betroffenen Gebiets und suchen diese ohne vor­herige Kontaktaufnahme oder Bestellung an der Haustür auf, um ihnen die Anfertigung von Fotoabzügen anzubieten. Den Anwohnern werden Übersichtsbilder vorgelegt, auf denen unter anderem das von ihnen bewohnte Haus­grundstück abgebildet ist. Entschließt sich ein Kunde zum Erwerb eines Fotos, wird im Kundengespräch der im späteren Abzug zu vergrößernde Ausschnitt festgelegt und nach Angabe von Format, Rahmen, etwaiger Veredelung und gegebenenfalls Retuschen als Bild gefertigt. Das von der Beklagten verwendete Vertragsformular enthält den Hinweis, dass kein Widerrufsrecht für die Vertragserklärung besteht.

Die gegen das landgerichtliche Urteil gerichtete Berufung hat der Senat zurückgewiesen und im Wesentlichen ausgeführt: Das Widerrufsrecht, das Verbrauchern bei außerhalb von Geschäftsräumen geschlossenen Verträgen über Lieferung von Waren zustehe, finde auf die von der Beklagten geschlossenen Verträge Anwendung. Die Beklagte könne sich nicht darauf berufen, dass die gesetzlich vorgesehene Ausnahmeregelung für die Lieferung solcher Waren Anwendung finde, die nicht vorgefertigt sind und für deren Herstellung eine individuelle Auswahl ober Bestimmung durch den Verbraucher maßgeblich ist oder die eindeutig auf die persönlichen Bedürfnisse des Verbrauchers zugeschnitten sind. Eine Anfertigung nach Kundenspezifikation im Sinne der Vorschrift liege nicht vor, weil die Fotos unter Verwendung bereits vor der Kontaktaufnahme mit dem Kunden gefertigter digitaler Bilder hergestellt würden. Sie würden nicht nach Bestellung des Kunden verändert, sondern lediglich zum Teil reproduziert und vergrößert. Die Ware, auf die sich das Interesse des Kunden richte, sei das auf dem Foto abgebildete, bereits in der Bilddatei in seinen maßgeblichen Parametern bestimmte Motiv. Die Herstellung dieser später verkauften Ware erfolge bereits mit dem Vorgang des Fotografierens. Soweit durch den Kunden die Größe oder der Rahmen und die Qualität des Bildes bestimmt würden, stelle dies gegenüber dem Fotoausdruck nur eine Nebenleistung dar.

Da im Ausschluss des Widerrufsrechts ein Verstoß gegen die dem Verbraucherschutz dienenden gesetzlichen Pflichten des Verkäufers liege, sei die klagende Verbraucherzentrale berechtigt, die Beklagte auf Unterlassung der Verwendung von Formulierungen in Anspruch zu nehmen, die das Widerrufsrecht ausschließen oder die Information der Verbraucher über ihr Recht zum Widerruf beeinträchtigen.

Die Revision wurde nicht zugelassen.

Az.: 6 U 12/16 Brandenburgisches Oberlandesgericht

Quelle: PM des Brandenburgischen Oberlandesgerichts

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