Lieferfristen im Online-Versandhandel: Keine Angabe bedeutet unverzüglich versandfertig

Lieferfristen im Online-Versandhandel: Keine Angabe bedeutet unverzüglich versandfertig
von Sebastian Segmiller
30.07.2010 | Lesezeit: 3 min

OLG Hamm greift BGH-Entscheidung auf: Ein kommentarloses Internetangebot bedeutet, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, also auf jeden Fall verfügbar ist (OLG Hamm, Urteil v. 22.04.2010, Az. 4 U 205/09).

Der Sachverhalt in Kürze

In einem Streit zwischen zwei Internethändlern, die Matratzen verschiedener Marken zum Kauf anbieten, wirft der Beklagte der Klägerin im Rahmen einer Widerklage vor, Matratzen von Markenherstellern anzubieten, ohne diese selbst oder abrufbar bei einem Dritten zum unverzüglichen Versand an den Kunden vorrätig zu haben. Gleichzeitig teile die Klägerin den tatsächlichen Liefertermin/-frist nicht unmissverständlich im Zusammenhang mit dem jeweiligen Angebot mit. Dem Beklagten zufolge sei dies ein wettbewerbswidriges Verhalten, konkret eine irreführende Werbung. Der Beklagte fordert die Unterlassung dieses Verhaltens.  Das LG Bochum hatte die Klägerin entsprechend dem Widerklageantrag des Beklagten verurteilt gestützt auf §§ 8, Anh. Ziff 5 zu § 3 Abs. 3 UWG.

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Die Entscheidung

Das OLG Hamm stellt zunächst die hinreichende Bestimmtheit (i.S.d. § 253 Abs. 2 Ziff. 2 ZPO) des Unterlassungsanspruchs fest. Insbesondere sei der Begriff des Markenherstellers durch das Markengesetz hinreichend deutlich umrissen. Hinreichend bestimmter Verbotsgegenstand ist damit die Bewerbung von Markenmatratzen, deren Lieferbarkeit nicht sichergestellt ist und worauf auch nicht hingewiesen wird.

Eine solche Werbung sei eine Irreführung nach § 3 Abs. 3 Anh. Ziff 5 UWG (Lockangebote). Das OLG beruft sich hierbei auf eine Entscheidung des BGH vom 07.04.2005, . Derzufolge bedeutet ein kommentarloses Internetangebot, dass die beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, also auf jeden Fall verfügbar ist.

Weiterhin sei eine etwaige Lieferfrist in den AGB der Klägerin unerheblich. Die Angabe einer Lieferfrist  bedeute nämlich für den Kunden, dass grundsätzlich eine Lieferungsmöglichkeit besteht, was hier gerade nicht der Fall ist.
Schließlich kann dem OLG zufolge auch eine Lieferfristangabe in der Auftragsbestätigung die Irreführung nicht beseitigen. Selbst wenn hier deutlich würde, dass die Lieferbarkeit überhaupt fraglich sei, erfolgte die Aufklärung erst nach der Bestellung und damit zu spät.

Hinsichtlich des Unterlassungsanspruchs ist die Widerklage dem OLG Hamm zufolge daher begründet.

Fazit

Das OLG Hamm greift auf, was vom BGH bereits 2005 entschieden wurde: Ein kommentarloses Internetangebot bedeutet für den Verbraucher "unverzüglich versandfertig". Ist dies tatsächlich nicht der Fall, handelt der anbietende Händler irreführend und kann von der Konkurrenz abgemahnt werden.

Das OLG präzisiert jedoch noch: Auch bei Angabe einer Lieferfrist handelt es sich um irreführende Werbung, wenn die Lieferbarkeit überhaupt fraglich ist, also grundsätzlich keine Lieferungsmöglichkeit besteht. Denn die Angabe einer solchen Frist bedeutet für den Kunden, dass grundsätzlich eine Lieferungsmöglichkeit besteht.

Schließlich stellt das OLG auch klar, dass die Lieferfristangabe in der Auftragsbestätigung zu spät erfolgt, da der Kunde dann bereits bestellt hat und damit schon irregeführt wurde.

Daher gilt: Lieferzeiten immer korrekt und vor Vertragsschluss ausweisen.

Hinweis für die praktische Umsetzung: Angaben zur Lieferzeit können nach dem genannten BGH-Urteil auch durch einen Link erreichbar sein, müssen also nicht zwangsläufig auf der Hauptangebotsseite stehen.

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1 Kommentar

S
Susanne Angeli 23.08.2010, 21:57 Uhr
Vertragsschluss
Hallo,
ist der Vertragsschluss im Onlinehandel nicht erst mit dem Versand der Ware??
Einerseits hat der Händler dadurch einen Vorteil, was mit dem obigen Entscheid aber wieder dementiert wird.

Gruß Susan

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