Die EU-Verbraucherrechterichtlinie – Teil 5: Information zum Liefertermin wird zur Pflichtinformation
Im 5. Teil der Serie zur EU-Verbraucherrechterichtlinie der IT-Recht Kanzlei geht es um die Verpflichtung, den Verbraucher über Liefertermin bei Warenbestellungen zu informieren. Bislang wird die Informationspflicht hinsichtlich der Lieferzeit aus der Verpflichtung des Unternehmers nach Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB, Informationen über „die Einzelheiten hinsichtlich der Zahlung und der Lieferung oder Erfüllung“ zur Verfügung zu stellen, abgeleitet.
Hinweis: Am 27.9.2013 wurde das Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie und zur Änderung des Gesetzes zur Regelung der Wohnungsvermittlung im Bundesgesetzblatt verkündet. Das Gesetz wird am 13.06.2014 in Kraft treten und damit ab diesem Zeitpunkt ohne Übergangsfrist einige signifikante Änderungen für den Online-Handel mit sich bringen.
Liefertermin der Ware wird Pflichtinformation
Derzeit ergibt sich die Informationspflicht zur Information über die Lieferzeit aus der geltenden Vorschrift des Art. 246 § 1 Abs. 1 Nr. 9 EGBGB. Zudem ergibt sich nach der Rechtsprechung des BGH eine Verpflichtung zur Angabe von Lieferzeiten, da der Durchschnittsverbraucher nach Ansicht des BGH erwarten darf, dass eine auf einer Internetseite beworbene Ware unverzüglich versandt werden kann, sofern vom Verkäufer nicht eindeutig auf das Bestehen einer Lieferfrist hinsichtlich dieser Ware hingewiesen wird.
Die Angabe des Liefertermins bei Fernabsatzverträgen ist nach Art. 6 Abs. 1 g) der Verbraucherrechtrichtlinie nun ausdrücklich als Pflichtinformation vorgesehen. Das deutsche Gesetz zur Umsetzung der Verbraucherrechterichtlinie wird am 13.06.2014 in Kraft treten, so dass ab diesem Zeitpunkt Online-Händler folgende Informationspflicht treffen wird (vgl. Art. 246a § 1 Nr. 7 EGBGB n.F.)
"Der Unternehmer ist nach § 312d Absatz 1 des Bürgerlichen Gesetzbuchs verpflichtet, dem Verbraucher folgende Informationen zur Verfügung zu stellen:
(...)
die Zahlungs-, Liefer- und Leistungsbedingungen, den Termin, bis zu dem sich der Unternehmer verpflichtet, die Waren zu liefern oder die Dienstleistung zu erbringen, und gegebenenfalls das Verfahren des Unternehmers zum Umgang mit Beschwerden;“
Allgemeine Angabe der Lieferfrist oder Nennung eines konkreten Liefertermins?
Künftig hat der Unternehmer also über den Termin zu informieren, bis zu dem er die Waren liefern oder die Dienstleistung erbringen muss.
Über die genaue Tragweite dieser Verpflichtung wurde bereits im Vorfeld der anstehenden Gesetzesänderung kontrovers diskutiert. Soll der Unternehmer künftig etwa verpflichtet sein, einen konkreten Termin für die Warenlieferung an den Verbraucher zu benennen? Dies würde den Unternehmer allein schon aufgrund der nicht vorhersehbaren Reaktionszeiten der Transportunternehmen vor eine unlösbare Aufgabe stellen. Außerdem wird der Unternehmer im Falle der Vorauszahlungspflicht des Verbrauchers nicht vor dem Zahlungseingang liefern. Ob und wann der Verbraucher die Zahlung letztlich veranlasst, ist dem Unternehmer im Zeitpunkt der Angebotserstellung aber völlig unbekannt.
Gegen eine enge Auslegung des Begriffs „Termin“ spricht auch die englischsprachige Version der Verbraucherrechterichtlinie in der es hierzu wie folgt heißt:
"(…) the time by which the trader undertakes to deliver the goods or to perform the services."
Der Begriff “time” lässt anders als der Begriff „Termin“ eher auf einen Zeitraum als auf ein konkretes Datum schließen. Andererseits wird in der französischsprachigen Version der Verbraucherrechterichtlinie insoweit der Begriff „date“ verwendet, der wiederum für ein konkretes Datum sprechen könnte.
Unter Berücksichtigung aller Umstände gelangen wir zu der Auffassung, dass sich die Verpflichtung des Unternehmers nicht auf die Angabe eines konkreten Lieferdatums sondern vielmehr auf die Angabe einer maximalen Lieferfrist beschränkt, die er dann aber auch einzuhalten hat.
Aus rechtlicher Sicht stellen sich im Zusammenhang mit der Angabe eines Liefertermins vor allem folgende Probleme:
aa) In der Praxis finden sich bei den Angeboten innerhalb eines Webshops häufig mehr oder weniger konkrete Lieferzeitangaben wie beispielsweise „sofort lieferbar“ oder „Lieferzeit ca. 2 – 3 Werktage“. Diese Lieferzeitangaben dürfen nicht im Widerspruch zu dem künftig anzugebenden Liefertermin stehen. So wäre es beispielsweise irreführend, im Angebot eine Lieferzeit von 3 Tagen anzugeben, sich bei den Informationen zum Liefertermin aber eine Lieferfrist von bis zu sieben Tagen vorzubehalten. Insoweit wird also darauf zu achten sein, dass die Angaben von Lieferzeit und Liefertermin übereinstimmen.
bb) Ferner stellt sich im Zusammenhang mit der Pflicht zur Angabe eines Liefertermins die Frage, welche Rechtsfolgen eine mögliche Überschreitung des Liefertermins hat. Dies hängt wiederum davon ab, wie man den genannten Liefertermin rechtlich einzuordnen hat.
Wäre dieser im Sinne eines absoluten oder relativen Fixgeschäfts so zu verstehen, dass die Einhaltung des Liefertermins nach dem Zweck des Vertrages und der gegebenen Interessenlage für den Verbraucher derart wesentlich ist, dass eine verspätete Leistung keine Erfüllung mehr darstellt bzw. für den Verbraucher nicht mehr von Interesse ist, so hätte eine Überschreitung des Liefertermins möglicherweise gar Unmöglichkeit, jedenfalls aber ein Rücktrittsrecht des Verbrauchers zur Folge. Hiervon wird man aber unter Berücksichtigung der einschlägigen Rechtsprechung ohne weitere Anhaltspunkte nicht ausgehen können. Denn ohne weitere Anhaltspunkte wird der Verbraucher auch noch nach Ablauf des angegebenen Liefertermins ein Interesse an der Vertragserfüllung durch den Unternehmer haben.
Allerdings kann auch nicht davon ausgegangen werden, dass eine vom Unternehmer zu vertretende Überschreitung des Liefertermins ohne Zutun des Verbrauchers für den Unternehmer völlig folgenlos bleiben soll. Denn ansonsten hätte der Gesetzgeber sich die Aufnahme dieser Informationspflicht in den Pflichtenkatalog des Unternehmers sparen können. Nach unserer Auffassung führt eine vom Unternehmer zu vertretende Überschreitung des angegebenen Liefertermins daher zum Verzug des Unternehmers gemäß § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Danach kommt der Schuldner auch ohne Mahnung in Verzug, wenn für die Leistung eine Zeit nach dem Kalender bestimmt ist. Weitere Rechtsfolgen könnten etwa Schadensersatzansprüche des Verbrauchers im Hinblick auf eventuelle Verzugsschäden sein.
cc) Wo von Fristen oder Terminen die Rede ist, stellt sich immer auch die Frage der Fristberechnung. Wann beginnt die Frist und wann läuft sie ab? Diese Frage wird gerade im Hinblick auf einen vom Unternehmer anzugebenden Liefertermin virulent. Denn der Unternehmer wird kein Interesse daran haben, dass die von ihm anzugebende Lieferfrist bereits mit Absendung der Bestellung des Verbrauchers oder mit Zustandekommen des Vertrages mit dem Verbraucher zu laufen beginnt, wenn die Parteien Vorkasse vereinbart haben, der Verbraucher aber noch nicht oder nicht vollständig bezahlt hat. In diesem Fall wird der Unternehmer ein Interesse daran haben, dass der Fristlauf erst mit dem Eingang der Zahlung auf seinem Bankkonto in Gang gesetzt wird. Auf der anderen Seite muss für den Fall, dass die Parteien Rechnungskauf oder Nachnahme als Zahlungsart vereinbart haben, das Interesse des Verbrauchers an einem möglichst frühzeitigen Beginn der Lieferfrist berücksichtigt werden. So wird man in diesem Fall wohl schon den Zeitpunkt des Vertragsschlusses als fristlaufauslösendes Ereignis berücksichtigen müssen.
Nach allem dürfte es zur Erfüllung dieser gesetzlichen Informationspflicht nicht genügen, dem Verbraucher einfach nur eine Lieferfrist mitzuteilen, innerhalb der er auf jeden Fall mit dem Zugang der Ware bzw. mit der Erbringung der geschuldeten Leistung rechnen kann. Vielmehr wird diese Pflicht nur dadurch zu erfüllen sein, dass der Verbraucher zusätzlich über den Beginn der angegebenen Lieferfrist informiert wird, damit er sich den spätesten Liefertermin genau errechnen kann. Soll die Lieferfrist – etwa bei Zahlung per Vorkasse – erst mit dem Zahlungseingang auf dem Bankkonto des Unternehmers zu laufen beginnen, ist dabei zu berücksichtigen, dass der Verbraucher den genauen Zeitpunkt des Zahlungseingangs nicht kennt und sich somit auch nicht den genauen Liefertermin ausrechnen kann. Daher wird man hier für den Fristbeginn richtigerweise auf den Zeitpunkt des Zahlungsauftrags abstellen müssen, da der Verbraucher diesen Zeitpunkt kennt. Der Unternehmer kann dabei die üblichen Banklaufzeiten von ca. 2 – 3 Werktagen in seiner Fristenkalkulation berücksichtigen und die Lieferfrist entsprechend erhöhen.
Ein weiteres Problem stellt sich insoweit beim Fristablauf. Denn an Samstagen, Sonn- oder Feiertagen erfolgt in der Regel keine Zustellung durch die Transportunternehmen. Würde der Unternehmer die Lieferfrist pauschal ohne Einschränkung angeben, so könnte das Ende seiner Lieferfrist theoretisch auf einen Samstag, Sonn- oder Feiertag fallen mit der Folge, dass er seinen angegebenen Liefertermin nicht einhalten könnte. Daher muss auch dieser Umstand bei der Information über den Liefertermin berücksichtigt werden.
Praxistipp
Eine Information über den Liefertermin im Rahmen eines Online-Angebots könnte danach etwa wie folgt lauten:
Beispiel
"Die Lieferung erfolgt spätestens innerhalb von 5 Arbeitstagen (Montag bis Freitag, Feiertage ausgenommen) nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut (bei Vorkasse) bzw. nach Vertragsschluss (bei Nachnahme oder Rechnungskauf)."
Alternativ:
"Die Lieferung erfolgt innerhalb von 5 Tagen. Die Frist für die Lieferung beginnt bei Zahlung per Vorkasse am Tag nach Erteilung des Zahlungsauftrags an das überweisende Kreditinstitut bzw. bei Nachnahme oder Rechnungskauf am Tag nach Vertragsschluss zu laufen und endet am darauf folgenden fünften Tag. Fällt der letzte Tag der Frist auf einen Samstag, Sonntag oder einen am Lieferort staatlich anerkannten allgemeinen Feiertag, so tritt an die Stelle eines solchen Tages der nächste Werktag."
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2 Kommentare
1. ich kaufe mir Ware im Wert von 1000 € und erteile meinem Kreditinstitut einen Überweisungsauftrag in Höhe von 1 EURO -> Frist beginnt zu laufen. Unternehmer ist schnell in Verzug....
2. ich überweise den Betrag einfach in YEN dann sind 1000 YEN ja nur ca. 7 EURO -> Frist beginnt zu laufen. Unternehmer ist auch schnell in Verzug....
3. ich habe 300 EURO auf Konto und gebe meinem Kreditinstitut per beleghafter Überweisung den Auftrag 1000 EURO zu überweisen. Die Bank wird das nicht buchen wenn ich keinen DISPO habe, egal ich habs ja beauftragt -> Frist beginnt zu laufen. Unternehmer ist schnell in Verzug....
ich verstehe auf jeden Fall, dass die Lieferzeiten so genau wie möglich angegeben werden sollen - aber in meinem Bereich gestaltet sich das teilw. sehr schwierig. Ich ordere viele Artikel (Spezialartikel für einen eingeschränkten Kundenkreis - Produkte wie Einsatzkleidung für Hilfskräfte von Feuerwehr...) auftragsbezogen. Was gestern noch lieferbar war - braucht plötzlich 8 Wochen - da der Großhändler es erst neu herstellen muss. (Oftmals bekomme ich gar keine Info und nach Bauchgefühl fragt man mal nach 1 Woche wo der Artikel bleibt...) Das der Artikel nicht lieferbar ist - weiß ich aber nicht zum Zeitpunkt der Bestellung... Gerne würde ich dem Kunden ja mitteilen, dass er erst Anfragen soll - aber auch das birgt ja wieder Gefahr einer Abmahnung. Ich bin da ratlos wie ich es dem Gesetzgeber recht machen kann und eine Lieferzeit womöglich noch taggenau angeben soll - wenn die Ware durch meinen Lieferanten versendet wird bzw. zum Kaufzeitpunkt plötzlich nicht mehr beim Lieferanten auf Lager ist. Ich denke diese Form des Handelns mit "nicht eigenem Lager" ist heute nichts ungewöhnliches mehr. Ich teile aber sofern es mir bekannt wird natürlich gleich dem Kunden per Mail mit wenn es länger dauert..... alles sehr schwierig.