LG Würzburg: DSGVO-Auskunftsgesuch mit sachfremden Zielen ist rechtsmissbräuchlich
Das Auskunftsrecht nach Art. 15 DSGVO soll Betroffenen eine effektive Kontrolle ihrer Daten gewährleisten und Einsichten darüber ermöglichen, ob und - wenn ja - welche Daten über sie verarbeitet werden. Wie eine aktuelle Entscheidung des LG Würzburg zeigt, wird das Auskunftsrecht aber nicht grenzenlos gewährt.
Inhaltsverzeichnis
I. Der Sachverhalt
Der Kläger war bei der beklagten Versicherung privat krankenversichert und wehrte sich gegen angekündigte Tariferhöhungen. Im Rahmen der Klage machte er u.a. einen DSGVO-Auskunftsanspruch hinsichtlich der Prämienanpassungen geltend.
Die Beklagte verweigerte die Erteilung der Auskunft unter Verweis darauf, dass der Kläger diesen zu instrumentalisieren versuchte, um eine Auflistung der Prämienerhöhungen zu erhalten, um sie sodann auf – gerichtlich angreifbare – Formfehler überprüfen zu können. Dies sei rechtsmissbräuchlich und vom DSGVO-Auskunftsanspruch, der allein datenschutzrechtliche Ziele anerkenne, nicht umfasst.
Auf die Verweigerung der Beklagten hin erhob der Kläger Klage auf Auskunftserteilung vor dem Landgericht Würzburg.
II. Die Entscheidung
Das Landgericht Würzburg gab mit Urteil vom 20.7.2022 (Az.: 91 O 537/22) in Bezug auf den Auskunftsanspruch der beklagten Versicherung Recht und wies den mit der Klage geltend gemachte Auskunftsanspruch wegen Rechtsmissbrauchs ab.
Da mit der Klage kein primär datenschutzrechtliches Ziel verfolgt werde, sei der Auskunftsanspruch rechtsmissbräuchlich geltend gemacht worden:
Nach dem Vortrag des Klägers habe das begehrte Auskunftsbündel ausschließlich der Verfolgung von Leistungsansprüchen dienen sollen. Dabei handele es sich um einen vollkommen verordnungsfremden Zweck.
Das Auskunftsrecht aus Art. 15 DSGVO diene dem Betroffenen dazu, sich der Verarbeitung seiner personenbezogenen Daten bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können.
So solle Art. 15 DSGVO eine Rechtmäßigkeitskontrolle der Datenverarbeitungsvorgänge ermöglichen. Der Betroffene solle den Umfang und Inhalt der gespeicherten Daten beurteilen können. Die Auskünfte dienten auch dazu, der betroffenen Person die Wahrnehmung der weiteren Rechte nach der Datenschutzgrundverordnung zu ermöglichen.
Der Kläger mache vorliegend aber keines der vorgenannten Interessen geltend. Das Auskunftsbegehren solle sich nach seinem klar geäußerten Willen allein darin erschöpfen, etwaige geldwerte Ansprüche gegen die Beklagte zu prüfen.
Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsinhalt einer Rechtsgrundlage entfernt habe, sei nicht schützenswert. In diesem Zusammenhang sei zu berücksichtigen, dass der Verordnungsgeber nicht etwa ein situationsunabhängiges Auskunftsrecht von Verbrauchern gegenüber Unternehmen habe schaffen wollen, welches im allgemeinen Rechtsverkehr nicht bestehe. Vielmehr habe er die zu erteilenden Auskünfte explizit an den Zweck des Datenschutzes gebunden.
Weil die Geltendmachung der Auskunft rechtsmissbräuchlich gewesen sei, habe dem Beklagten das Recht zugestanden, diese nach § 242 BGB zu verweigern.
III. Fazit
Wird mit einem DSGVO-Auskunftsanspruch vorwiegend kein datenschutzrechtlicher, sondern ein anderweitiger Zweck verfolgt, kann das Begehren um Auskunft rechtsmissbräuchlich sein und dann berechtigt verweigert werden. Vorliegend stütze das Gericht das Verweigerungsrecht auf einen Verstoß gegen Treu und Glauben, § 242 BGB.
Damit ließ es außer Acht, dass auch die DSGVO selbst ein Verweigerungsrecht in Art. 12 Abs. 5 lit. b normiert.
Nach dieser Vorschrift können offenkündig unbegründete oder – insbesondere bei häufiger Wiederholung – exzessive Betroffenenanträge vom Verantwortlichen zurückgewiesen werden.
Nach Ansicht diverser Spruchkörper ergibt sich aus der Formulierung „insbesondere“, dass die Vorschrift nicht nur Fälle von häufiger Wiederholung, sondern auch andere Konstellationen rechtsmissbräuchlicher Anträge als „exzessiv“ erfassen und mit einem Zurückweisungsrecht belegen will.
IV. Ausblick
Mit der relevanten Rechtsfrage, ob ein Auskunftsanspruch bei Verfolgung sachfremder Ziele berechtigt zurückgewiesen werden kann, wird sich schließlich der EuGH befassen müssen. Das Landgericht Erfurt ließ mit Beschluss vom 07.07.2022 (Az.: 8 O 1280/21) erkennen, dass es ein Vorlageverfahren beim EuGH anstrebt. Über Entwicklungen in dieser Sache wird die IT-Recht Kanzlei umgehend berichten.
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Robert Kneschke / shutterstock.com
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