Abmahnbar: Werblicher Inhalt in automatisierter E-Mail-Antwort!

Das LG Stade hat entschieden, dass eine E-Mail unzulässigen Spam darstellt, wenn in einer automatisierten Antwort-Mail zu einem kleinen Teil Werbung enthalten ist. Lesen Sie mehr zur Entscheidung des Gerichts in diesem Beitrag.
Was war passiert?
Der Kläger wandte sich per E-Mail an die Beklagte und fragte an, ob in ihrem Online-Shop ein Gutschein über 50 € erhältlich sei. Als Antwort erhielt er folgende automatisierte E-Mail, in der u. a. Versanddaten für bestimmte Produkte, Hinweise zur Produktqualität und zur kostenlosen Rückgabemöglichkeit enthalten waren:
"ACHTUNG: Aktuell gibt es aufgrund eines Materialfehlers unvorhergesehene Verzögerungen bei dem Versand des (...) und des normalen (...). Der Versand des (...) startet wieder am 27.09. Der normale (...) wird ab dem 01.10 versendet. Wir bitten um Verzeihung und ein wenig Geduld, wir möchten schließlich nur qualitativ hochwertige Produkte versenden. Wir geben alles um Ihnen möglichst schnell Ihre Bestellung zu liefern.
Guten Tag,
Bei Fragen zu Rücksendungen und Umtausch, schauen Sie gerne auf unsere Website unter: (...)
Verfolgen können Sie Ihre Bestellung jederzeit mit dem Link aus der Versandbestätigung oder unter folgendem Link: (...)
Sollten Sie ein falsches Produkt erhalten haben, können Sie dieses kostenlos über unser Portal für einen Umtausch austauschen.
Ein Umtausch ist in jedem Fall KOSTENLOS, unser System zeigt dies leider nicht eindeutig an.
Bei weiteren Anliegen antworten Sie bitte auf diese Email, wir melden uns dann umgehend. Mit freundlichen Grüßen Das (...) Team!"
Der Kläger hielt diese Antwort für unzulässige Werbung und beantragte (nach erfolgloser Abmahnung) bei Gericht, die Beklagte verurteilen zu lassen, es zu unterlassen, ihn ohne seine Einwilligung per E-Mail zu Werbezwecken zu kontaktieren.
Nach Auffassung des erstinstanzlichen Gerichts (Amtsgericht Geestland, Urteil vom 29.04.2024 - Az.: 3 C 438/23) umfasst der Begriff der Werbung nach dem allgemeinen Sprachgebrauch alle unmittelbaren oder mittelbaren Maßnahmen eines Unternehmens, die auf die Förderung des Absatzes seiner Produkte oder Dienstleistungen gerichtet sind.
Demnach könne in dem Hinweis auf Lieferschwierigkeiten bei bestimmten Produkten, auch mit dem Verweis nur Hochwertiges versenden zu wollen, verkaufsfördernde Maßnahmen nicht erblickt werden. Auch der Hinweis, ein Umtausch sei kostenlos, falls man ein falsches Produkt erhalten habe, stelle lediglich ein Verweis auf die geltende Rechtslage gemäß § 439 Abs. 2 und Abs. 6 S. 2 BGB dar, so dass auch hierin keine absatzfördernde Maßnahme der Beklagten zu sehen sei. Die Klage war nach Ansicht des Amtsgerichts somit zulässig, aber nicht begründet.
Wie hat das LG Stade den Fall entschieden?
Das Landgericht Stade (Beschluss vom 30.10.2024, Az.: 4 S 24/24) erblickte in der versandten E-Mail eine unzulässige Werbung und entschied den Fall zugunsten des Mail-Empfängers.
1. E-Mail-Werbung ohne Zustimmung = Verstoß
Die unaufgeforderte Verwendung von E-Mails zu Werbezwecken ohne Zustimmung des Empfängers greift in dessen geschützte Privatsphäre und allgemeines Persönlichkeitsrecht ein (so bereits schon der BGH mit Urteil vom 10. Juli 2018, Az: VI ZR 225/17). Werbung in E-Mails ist grundsätzlich nur bei Vorliegen einer vorherigen Einwilligung zulässig.
Im vorliegenden Fall hat der Kläger in keiner Weise in den Erhalt der E-Mail mit werbenden Inhalten eingewilligt. Seine Anfrage betraf einen Gutschein, und die automatisierte Antwort enthielt keine relevanten Informationen dazu. Das Versenden der Nachricht erfolgte daher ohne ausdrückliche Einwilligung.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG stellt Werbung per E-Mail ohne vorherige Einwilligung eine unzumutbare Belästigung dar. Zwar ist § 7 Abs. 2 UWG nicht unmittelbar anwendbar, da dem Kläger kein Unterlassungsanspruch nach § 8 Abs. 3 UWG zusteht, dennoch bleibt die Wertung dieser Vorschrift zur Vermeidung von Wertungswidersprüchen relevant.
Nach § 7 Abs. 2 Nr. 3 UWG gilt grundsätzlich jede Werbung mittels elektronischer Post ohne ausdrückliche Einwilligung des Empfängers als unzumutbare Belästigung. Eine solche Einwilligung des Klägers liegt hier nicht vor.
Auch ein Ausnahmetatbestand nach § 7 Abs. 3 UWG greift nicht ein, da es an einer bestehenden Kundenbeziehung zwischen dem Kläger und der Beklagten fehlt.
2. Auch nur geringer Werbeanteil in E-Mail genügt für Unzulässigkeit
Tatsächlich aber enthielt die streitgegenständliche E-Mail nach Ansicht des GerichtsWerbung, da konkrete Produkte genannt und deren Qualität hervorgehoben wurden. Hiernach umfasst der Begriff der Werbung nach der ständigen Rechtsprechung des BGH alle Maßnahmen, die den Absatz fördern, einschließlich Imagewerbung.
Der Hinweis auf qualitativ hochwertige Produkte und die Nennung spezifischer Artikel zielten im konkreten Fall auf eine Absatzförderung.
Die Tatsache, dass die E-Mail neben werblichen Inhalten auch auf die Anfrage des Kunden eingeht, beeinflusst die rechtliche Bewertung nicht. Bereits 2015 stellte der BGH klar, dass auch eine Nachricht, die lediglich in Teilen Werbung enthält, als unzulässige Werbung gelten kann (BGH, Urteil vom 15.12.2015, Az: VI ZR 134/15).
Zudem begünstige die einfache und kostengünstige Versendung solcher E-Mails ein potenzielles „Umsichgreifen“ dieser Praxis. Der Kläger konnte sich gegen die automatisierte E-Mail auch nicht wehren, da er keine Bestätigungsnachricht angefordert hatte.
E-Mail-Marketing - wie agiert man rechtssicher?
Das E-Mail-Marketing ist noch immer äußerst effektiv und vor allem kostengünstig für den Werbenden. Welche Vorgaben gilt es allerdings zu beachten? Was ist unter Geltung der DSGVO noch möglich und wie kann ein Online-Händler seinem Pflichtenprogramm bestmöglich nachkommen? Wir haben einen Leitfaden erstellt und sowohl die aktuelle Rechtsprechung, als auch die besonderen gesetzlichen Anforderungen einmal kompakt für Sie zusammengefasst
Fazit
Die Nennung einzelner Produkte in Kombination mit dem Hinweis, man würde „nur qualitativ hochwertige Produkte versenden“, ist nach Ansicht des LG Stade als Werbung einzuordnen. Auch wenn eine E-Mail lediglich nur zu einem kleinen Teil aus Werbung und zu einem überwiegenden Teil aus zulässigem (informatorischen) Inhalt besteht, stellt diese Mail unzulässigen (und abmahnbaren) Spam dar, wenn keine Einwilligung des Empfängers für den Versand von Werbemails vorliegt.
Um auf Nummer sicher zu gehen und rechtliche Konflikte zu vermeiden, sollten Online-Händler in E-Mails, die sie auf Kundenanfragen hin versenden, strikt auf werbliche Inhalte verzichten. Automatisierte Nachrichten sollten sich ausschließlich auf die angeforderten Informationen beschränken.
Hinweis: Sie möchten sorgenfrei rechtssicher im Internet auftreten und wünschen sich bei den rechtlichen Dingen professionelle, anwaltliche Unterstützung? Werfen Sie einen Blick auf die Schutzpakete der IT-Recht Kanzlei.
Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .
Link kopieren
Als PDF exportieren
Per E-Mail verschicken
Zum Facebook-Account der Kanzlei
Zum Instagram-Account der Kanzlei
Beiträge zum Thema






0 Kommentare