LG München I: Opt-In für Telefonwerbung unwirksam bei individueller Abwahl von Sponsoren
Die Zustimmung eines Verbrauchers zur Telefonwerbung (durch andere Unternehmen), die im Rahmen der Gewinnnspielteilnahme eingeholt wird, kann ungültig sein. Dies ist dann der Fall, wenn die Einwilligung für eine Vielzahl von Unternehmen gilt und der Verbraucher für jedes einzelne Unternehmen das Feld „Abmelden“ zur Abwahl anklicken muss. Lesen Sie mehr zum Thema in diesem Beitrag.
Was war passiert?
Der Kläger, ein eingetragener Verein zur Förderung gewerblicher Interessen und zur Bekämpfung unlauteren Wettbewerbs, erfuhr im Dezember 2022 von einem Vorfall, bei dem eine Verbraucherin von einem Beauftragten der Beklagten telefonisch kontaktiert wurde.
Dieser bot ihr einen Stromliefervertrag an, woraufhin die Verbraucherin ihre Zählernummer bekannt gab und ihre grundsätzliche Bereitschaft zum Vertragsabschluss erklärte. Nach dem Gespräch erkannte die Betroffene, dass die Kontaktaufnahme von der Beklagten ausging und widerrief den Vertragsabschluss telefonisch und schriftlich.
Trotz des Widerrufs erhielt sie eine Vertragsbestätigung, woraufhin sie die Polizei verständigte. Der Kläger mahnte die Beklagte im März 2023 wegen unerlaubter Telefonwerbung sowie Irreführung ab und erhob Unterlassungsklage gemäß §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG. Der Kläger argumentierte, dass die Beklagte für das Verhalten ihrer Mitarbeiter hafte und keine wirksame Einwilligung in die Telefonwerbung vorliege.
Der Kläger ist der Ansicht, ihm stehe ein Unterlassungsanspruch aus § 2 Abs. 1, Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 lit. b) UKlaG in Verbindung mit §§ 7 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG sowie aus §§ 8 Abs. 1, 3, 3, 7 Abs. 2 Nr. 1, 5 Abs. 2 Nr. 3 UWG zu. Nach § 7 Abs. 2 Nr. 1 UWG stellt Telefonwerbung gegenüber Verbrauchern ohne deren vorherige ausdrückliche Einwilligung eine unzumutbare Belästigung dar.
Eine Haftung für Handlungen von Mitarbeitern oder Beauftragten ergebe sich aus § 2 Abs. 1 Satz 2 UKlaG bzw. § 8 Abs. 2 UWG. Zudem sei die Einwilligung unwirksam, da die Kunden Sponsoren aus einer längeren Liste abwählen müssten. Der Kläger beantragt daher, die Beklagte zu verurteilen, es künftig im geschäftlichen Verkehr zu Zwecken des Wettbewerbs zu unterlassen
"a) Verbraucherinnen und Verbraucher telefonisch zur Kündigung oder Änderung ihres Stromliefervertrages aufzufordern, ohne dass diese zuvor ausdrücklich in diese Art der werblichen Kontaktaufnahme durch die Beklagte oder deren Beauftragte eingewilligt haben,
und/oder
b) in Werbeanrufen gegenüber Verbrauchern zu behaupten, dass das anrufende Unternehmen mit dem derzeitigen Energielieferanten des angerufenen Verbrauchers zusammenarbeite und beauftragt worden sei, den Kunden einen günstigeren Vertrag anzubieten, obwohl eine solche Zusammenarbeit tatsächlich nicht besteht.
Die Beklagte trägt vor, die Betroffene habe an einem Gewinnspiel teilgenommen. Nach Eingabe ihres Vor- und Nachnamens sowie ihrer E-Mail-Adresse habe sie ihr Einverständnis erklärt, dass der Veranstalter und die Sponsoren sie per E-Mail, Telefon, SMS oder Post über Angebote aus ihrem Tätigkeitsbereich kontaktieren dürften."
Die Betroffene habe sich dabei für eine Kontaktaufnahme durch die Sponsoren mittels „Kontakt per Telefon oder Post“ entschieden, und zwar konkret in Bezug auf die Beklagte. Diese selbst habe jedoch keine Telefonanrufe getätigt, sondern mit externen Dienstleistern zusammengearbeitet. Diesen sei es untersagt zu behaupten, sie würden mit dem aktuellen Energieversorger zusammenarbeiten.
Die Beklagte ist somit der Ansicht, dass ein Unterlassungsanspruch des Klägers nicht besteht. Auch für den Vorwurf der Irreführung hafte die Beklagte nicht, da sie im Vorfeld alles getan habe, um derartige Verstöße zu vermeiden.
Wie hat das LG München I entschieden?
In seinem Urteil vom 19.03.2024 (Az.: 33 O 7368/23) entschied das LG München I, dass eine Werbe-Einwilligung für Telefon-Anrufe im Rahmen eines Gewinnspiels unwirksam ist, wenn der Teilnehmer sich bei jedem Sponsoren-Eintrag einzeln abmelden muss, indem er den „Unsubscribe“-Button klickt bzw. der Veranstalter die Auswahl nach eigenem Ermessen trifft, wenn keine Auswahl getroffen wurde.
Das zuständige Gericht stufte beide Vorgehensweisen als wettbewerbswidrig ein. Die eingeholte Einwilligung der Betroffenen ist daher unwirksam.
Es führt aus, dass es an einer ausdrücklichen Einwilligung der Betroffenen fehlt. Unabhängig davon, ob die von der Beklagten vorgelegten Informationen eine wirksame Einwilligung überhaupt belegen könnten, scheitert diese im vorliegenden Fall bereits daran, dass Sponsoren aus einer Liste abgewählt werden mussten.
Die Einwilligung eines Verbrauchers in Telefonwerbung durch andere Unternehmen, die im Zusammenhang mit der Teilnahme an einem kostenlosen Gewinnspiel eingeholt wird, ist unwirksam, wenn sie sich auf eine ganze Liste von Unternehmen bezieht und der Verbraucher für jedes dieser Unternehmen durch Ankreuzen des Feldes „Abmelden“ entscheiden muss, von welchem Unternehmen er keine Telefonwerbung wünscht.
In einem solchen Fall erteilt der Verbraucher im konkreten Fall keine Einwilligung, da er mangels Kenntnis des Inhalts der Liste und mangels Ausübung seines Wahlrechts gar nicht weiß, welche Produkte oder Dienstleistungen welcher Unternehmen von der Einwilligung betroffen sind.
Darüber hinaus ergibt sich aus den in der Anlage enthaltenen Informationen, dass der Einwilligende, wenn er von einem oder mehreren Unternehmen keine Werbung erhalten möchte, auf den Link „Abmelden“ unter den jeweiligen Unternehmensdaten klicken muss und für den Fall, dass keine Auswahl getroffen wird, eine Auswahl nach freiem Ermessen erfolgt, wobei sichergestellt wird, dass der Einwilligende Werbung von nicht mehr als 15 Unternehmen erhält.
Aus diesen Angaben ergibt sich, dass seitens der einwilligenden Person aus einer längeren Liste Sponsoren abgewählt werden mussten. Hierdurch wird gerade keine Einwilligung durch den Verbraucher erteilt.
Das sollte man aus der Entscheidung als Fazit mitnehmen:
Um in diesem Zusammenhang Klagen oder Abmahnungen zu vermeiden, muss ein Online-Betreiber sicherstellen, dass die Einwilligung zur Telefonwerbung ausdrücklich und für jedes Unternehmen einzeln eingeholt wird, ohne dass der Verbraucher einzelne Unternehmen manuell abwählen muss.
Darüber hinaus muss der Verbraucher eindeutig darüber informiert werden, welche Unternehmen seine Daten verwenden und für welche Produkte oder Dienstleistungen die Einwilligung erteilt wird. Eine pauschale Einwilligung für eine Liste von Unternehmen ist rechtlich nicht zulässig.
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Luis Molinero
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