LG Krefeld: Rechtsmissbräuchliche Geltendmachung eines DSGVO-Auskunftsanspruchs
Datenschutz spielt bekanntermaßen eine wichtige Rolle. Daher räumt Artikel 15 der DSGCObetroffenen Personen, deren personenbezogene Daten erhoben bzw. verarbeitet worden sind, ein Auskunftsrecht gegenüber dem Verantwortlichen ein. Dies soll dem Betroffenen die Möglichkeit eröffnen, die Rechtmäßigkeit einer etwaigen Datenverarbeitung zu überprüfen, um ggf. anschließend weitergehende Ansprüche geltend machen zu können – wie beispielsweise die Löschung der Daten.
Die Geltendmachung eines solchen Auskunftsanspruchs kann jedoch missbräuchlich sein – nämlich dann, wenn diese auf Erwägungen beruht, die gänzlich außerhalb der datenschutzrechtlichen Zweckbestimmung liegen. Dies hat das LG Krefeld in einer aktuellen Entscheidung klargestellt (Landgericht Krefeld, Urteil vom 06.10.2021, Az. 2 O 448/20).
Der Auskunftsanspruch nach Art. 15 DSGVO
Art. 15 DSGVO gibt jedem „Betroffenen“ das Recht darauf zu erfahren, ob personenbezogene Daten von ihm erhoben und gespeichert werden sowie – wenn dies der Fall ist – einen Anspruch auf Auskunft über diese Daten. Konkret hat der Anspruchsgegner folgende Informationen bereit zu stellen:
- Zwecke der Verarbeitung
- Kategorien personenbezogener Daten, die verarbeitet werden
- Empfänger oder Kategorien von Empfängern, die diese Daten bereits erhalten haben oder künftig erhalten werden
- geplante Speicherdauer falls möglich, andernfalls die Kriterien für die Festlegung der Speicherdauer
- Bestehen eines Rechts auf Berichtigung, Löschung oder Einschränkung der Verarbeitung oder eines Widerspruchsrecht gegen diese Verarbeitung
- Bestehen eines Beschwerderechts bei der Aufsichtsbehörde
- die Herkunft der Daten, soweit diese nicht bei der betroffenen Person selbst erhoben wurden
- das Bestehen einer automatisierten Entscheidungsfindung einschließlich Profiling mit aussagekräftigen Informationen über die dabei involvierte Logik sowie die Tragweite und die angestrebten Auswirkungen solcher Verfahren
Sinn und Zweck des DGSVO-Auskunftsanspruchs
In dem zugrundeliegenden Fall war der Kläger Kunde eines Versicherungsunternehmens, bei dem er eine private Kranken- und Pflegeversicherung abgeschlossen hatte.
Nachdem der Versicherer mehrere Beitragserhöhungen vorgenommen hatte, machte der Kläger vor dem LG Krefeld unter anderem einen DSGVO-Auskunftsanspruch geltend - mit dem Ziel, die Rechtmäßigkeit der Beitragserhöhungen überprüfen zu können.
Das Gericht sah hierin allerdings einen Rechtsmissbrauch und wies die Klage schließlich ab.
Sinn und Zweck des DSGVO-Auskunftsanspruchs liegt darin, dass sich der Betroffene einen Einblick über das Ausmaß der von ihm erhobenen Daten verschaffen kann. Die daraus gewonnenen Informationen können anschließend als Entscheidungsgrundlage für die Geltendmachung weiterer datenschutzrechtlicher Ansprüche dienen.
So kann der Betroffene im Falle einer rechtswidrigen Datenerhebung bzw. -verarbeitung beispielsweise nach Art. 16 DSGVO die Berichtigung oder nach Art. 17 DSGVO die Löschung geltend machen.
Diese Zweckbestimmung ergibt sich aus dem Erwägungsgrund 63 der DSGVO. Darin heißt es unter anderem:
"Eine betroffene Person sollte ein Auskunftsrecht hinsichtlich der sie betreffenden personenbezogenen Daten, die erhoben worden sind, besitzen und dieses Recht problemlos und in angemessenen Abständen wahrnehmen können, um sich der Verarbeitung bewusst zu sein und deren Rechtmäßigkeit überprüfen zu können. Dies schließt das Recht betroffene Personen auf Auskunft über ihre eigenen gesundheitsbezogenen Daten ein, etwa Daten in ihren Patientenakten, die Informationen wie beispielsweise Diagnosen, Untersuchungsergebnisse, Befunde der behandelnden Ärzte und Angaben zu Behandlungen oder Eingriffen enthalten. Jede betroffene Person sollte daher ein Anrecht darauf haben zu wissen und zu erfahren, insbesondere zu welchen Zwecken die personenbezogenen Daten verarbeitet werden und, wenn möglich, wie lange sie gespeichert werden, wer die Empfänger der personenbezogenen Daten sind, nach welcher Logik die automatische Verarbeitung personenbezogener Daten erfolgt und welche Folgen eine solche Verarbeitung haben kann, zumindest in Fällen, in denen die Verarbeitung auf Profiling beruht."
Hinweis: Sie fragen sich, welche Konsequenzen eine unzureichende oder unterlassene Auskunftserteilung hat? Dann lesen Sie gerne unseren Beitrag zu genau diesem Thema!
Der Auskunftsanspruch als prozesstaktisches Mittel?
Auch wenn der Auskunftsanspruch also dazu genutzt werden kann, um weiterfolgende Ansprüche geltend zu machen, bedeutet dies nicht, dass er als bloßes prozesstaktisches Mittel missbraucht werden darf.
Insbesondere stellt dessen Geltendmachung nach Auffassung des Gerichts einen Rechtsmissbrauch dar, wenn damit keinerlei datenschutzrechtlichen Ziele verfolgt werden und lediglich sachfremde Erwägungen herangezogen werden.
Das LG Krefeld führt hierzu aus:
"Keine der in dem Erwägungsgrund 63 DSGVO genannten Interessen verfolgt die Klagepartei vorliegend, nicht einmal als Reflex. Aus dem Vortrag und dem prozessualen Vorgehen der Klagepartei ergibt sich, dass der Auskunftsanspruch letztlich nur dazu dienen soll, nach Überprüfung der Rechtmäßigkeit der Beitragsüberprüfung einen etwaig bestehenden Bereicherungsanspruch gegen die Beklagte zu verfolgen. Ein Begehren, das sich derart weit von dem Regelungsgehalt einer Rechtsgrundlage entfernt, ist nicht schutzwürdig und stellt sich als treuwidrig dar."
Schon gewusst? Der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch umfasst sowohl nach Ansicht des LG München I als auch nach Ansicht des OLG Köln sogar Telefonnotizen und Gesprächsvermerke!
Zumindest teilweise anderer Ansicht ist das LG Berlin (Urteil vom 21.12.2021, Az. 4 O 381/20) - das LG Berlin entschied in seinem Fall, dass der Auskunftsanspruch aus Art. 15 Abs. 1 DSGVO nur personenbezogene Daten, nicht aber Vertragsunterlagen und Vertragserklärungen umfasse.
Fazit
Die Entscheidung des LG Krefeld zeigt (wie bereits die Entscheidungen des LG München I und des OLG Köln), dass die Reichweite datenschutzrechtlichen Auskunftsanspruchs von der Rechtsprechung weit ausgelegt wird.
Als prozesstaktisches Mittel darf der datenschutzrechtliche Auskunftsanspruch allerdings nicht missbraucht werden. Ein solcher Rechtsmissbrauch liegt nach Ansicht des LG Krefeld vor, wenn keinerlei datenschutzrechtlichen Ziele verfolgt werden, sondern lediglich sachfremde Erwägungen motivleitend sind.
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