LG Köln: Verzicht auf Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten erfordert ausdrücklichen Hinweis
Kunden, die digitale Inhalte im Google Playstore gekauft oder ausgeliehen haben, wurden nach einem aktuellen Urteil des LG Köln (Entscheidung vom 21.05.2019 – Az.: 31 O 372/17) vom nicht korrekt über den Verlust ihres Widerrufsrechts informiert.
Was haben die Kölner Richter konkret entschieden und welche Folgen hat das Urteil für den Online-Handel?
I. Das Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten
Wenn ein Kunde online digitale Inhalte, wie Software, Hörbücher oder E-Books erwirbt, steht ihm grundsätzlich ein 14-tägiges Widerrufsrecht zu. Durch das Widerrufsrecht kann der Verbraucher die bestellte Ware prüfen und dann entscheiden, ob er sie behalten oder nach Ausübung des Widerrufsrechts zurückgeben möchte.
Bei digitaler Ware besteht jedoch folgendes Problem: Das Interesse des Kunden beschränkt sich in der Regel auf einen einmaligen Zugriff auf die heruntergeladene Leistung. Der Verbraucher kann somit – innerhalb der Widerrufsfrist – auch dann noch den Widerruf erklären, wenn er die Leistung bereits vollständig konsumiert hat, also etwa das Spiel durchgespielt oder das Hörbuch bis zum Ende gehört hat.
Diese Problematik erkannte auch der Gesetzgeber. Seit der Novellierung des Widerrufsrechts im Jahr 2014 besteht nun die Möglichkeit, das Widerrufsrecht bei digitalen Inhalten unter bestimmten Voraussetzungen zum Erlöschen zu bringen. Konkret erlischt das Widerrufsrecht nach § 356 Abs. 5 BGB, wenn der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags begonnen hat, nachdem der Verbraucher
- ausdrücklich zugestimmt hat, dass der Unternehmer mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, und
- seine Kenntnis davon bestätigt hat, dass er durch seine Zustimmung mit Beginn der Ausführung des Vertrages sein Widerrufsrecht verliert.
II. Der zugrundeliegende Sachverhalt: Verbraucherzentrale vs. Google Play Store
Der Google Play Store bietet online digitale Videoinhalte, wie z.B. Spielfilme, TV-Serien und andere Fernsehsendungen zum Download oder Streaming an. Die Nutzer haben somit die Möglichkeit, die digitalen Videoinhalte entweder zu kaufen oder für einen gewissen Zeitraum im Streaming-Verfahren „auszuleihen“. Dabei ist der Erwerbsvorgang folgendermaßen ausgestaltet: Der Nutzer hat die Möglichkeit, den Erwerbsvorgang durch Betätigung des Buttons „Kaufen“ bzw. „Ausleihen“ abzuschließen. Im unmittelbaren Zusammenhang hiermit erteilt der Google Play Store folgenden mit „Kaufen“ bzw. „Ausleihen“ überschriebenen Hinweis:
"Wenn du auf Kaufen klickst, stimmst du den Google Play-Nutzungsbedingungen zu. Du stimmst außerdem zu, dass deine Bestellung sofort ausgeführt wird und du damit ein gesetzliches Widerrufsrecht verlierst (außer bei Dienstleistungen) (...)“
Ein entsprechender Hinweis erfolgt auch bei einem Ausleihen von Video-Inhalten.
Der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen war insbesondere die Verknüpfung des Hinweises auf die Nutzungsbedingungen und des Hinweises auf den Widerrufsrechtverzicht ein Dorn im Auge. Sie forderte daher den Google Play Store erfolglos zur Abgabe einer strafbewehrten Unterlassungserklärung auf.
III. Die Entscheidung des LG Köln: Gesonderter Hinweis auf Verzicht des Widerrufsrechts erforderlich
Auch das LG Köln hielt die Verknüpfung beider Hinweise für unzulässig (Urteil vom 21.05.2019, Az.: 31 O 372/17). Der im Playstore implementierte Hinweis stelle, so die Kammer, keine „ausdrückliche“ Zustimmung iSd. § 356 Abs. 5 BGB dar. Vielmehr trete der Verlust des Widerrufsrechts bei dieser Gestaltung in unzulässiger Weise in den Hintergrund.
Der Nutzer verbinde mit dem Anklicken des mit „Kaufen“ bzw. „Ausleihen“ überschriebenen Buttons nämlich in erster Linie den Abschluss des Erwerbsvorgangs. Das bedeutet: Der Fokus des Verbrauchers ist nach Auffassung der Kölner Richter darauf gerichtet, die Bestellung abzuschließen. Der Käufer nehme in diesem Moment aber nicht wahr, dass er mit dem Klick auf „Kaufen“ bzw. „Ausleihen“ gleichzeitig dem sofortigen Download und dem Erlöschen des Widerrufsrechts zustimmt.
IV. Fazit
Das Erlöschen des Widerrufsrechts bei digitalen Inhalten setzt zwingend voraus, dass der Händler vom Verbraucher die ausdrückliche Zustimmung, dass er mit der Ausführung des Vertrags vor Ablauf der Widerrufsfrist beginnt, sowie die Bestätigung einholt, dass der Verbraucher mit der entsprechenden Ausführung des Vertrags auf das Widerrufsrecht verzichtet.
Dem Erfordernis der „Ausdrücklichkeit“ ist jedoch nur Genüge getan, wenn dieser Hinweis in einer gesonderten Checkbox erfolgt. Eine Verbindung des Verzichtshinweises mit anderen Erklärungen ist unbedingt zu vermeiden.
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