LG Hannover: Mindermengenzuschlag in Gesamtpreis einzuberechnen
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"OLG Celle: Mindermengenzuschläge sind nicht in den Gesamtpreis einzurechnen"
Gegenüber Verbrauchern sind stets Gesamtpreise anzugeben, die sowohl die Umsatzsteuer als auch alle Preisbestandteile enthalten. Wie vor diesem Hintergrund die Erhebung von Mindermengenzuschlägen bei geringem Bestellwert erst als Zusatzposition im Warenkorb, aber nicht als Teil des Gesamtpreises zu bewerten ist, entschied das LG Hannover. Mehr zum Urteil lesen Sie hier.
I. Der Sachverhalt
Der Beklagte vertrieb Staubsauger über einen Online-Shop. Auf einer dazugehörigen Unterseite gab der Beklagte für Filtertüten für einen Vorwerk-Staubsauger einen Gesamtpreis von 14,90 Euro an. Die Preisangabe war rechts mit einem Sternchen versehen.
Darunter befand sich ein Button mit der Aufschrift „In den Warenkorb“. Rechts neben diesem Button befand sich eine weitere Schaltfläche, in weiß gehalten und mit der Aufschrift „Mehr Info“.
Wenn die Maus über den Sternchenhinweis bewegt wurde, erschien folgender Text: „inkl. MwSt. zzgl. Nebenkosten“. Die dazugehörige Preisangabe von 14,90 Euro veränderte sich dabei nicht. Klickte man den Sternchenhinweis an, wurde man auf eine allgemeine Informationsseite weitergeleitet, wo wiederum folgendes zu lesen war:
Nebenkosten
Wir berechnen keine Gebühr für die Nutzung der Zahlarten Rechnung, PayPal, Lastschrift und Kreditkarte. Vom Warenwert abhängig (ab 50,-€) wird bei uns bei Nutzung der Zahlart Vorausüberweisung ein Skontoabzug von 2% gewährt. Vom Warenwert abhängig kann eine nicht erstattungsfähige Bearbeitungspauschale zwischen 3,95 € (ab 11,-€ Warenwert) und 9 € (unter 11,-€ Warenwert) anfallen. Ab einem Warenwert von 29,-€ entfällt diese Bearbeitungspauschale generell.
Im Warenkorb erschienen schließlich zwei Positionen. Zum einen das Produkt zu dem angegeben Preis von 14,90 Euro und zum anderen ein Betrag in Höhe von 3,95 Euro, vermerkt mit der Angabe „Auf-/Abschlag Kleinstmengenaufschlag (entfällt ab 29,-€ Einkaufswert)“. Damit erhöhte sich der tatsächliche Kaufpreis auf 18,85 Euro.
Der Kläger, der Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände, hielt dieses Verhalten für wettbewerbswidrig und mahnte den Beklagten mit Schreiben vom 08.06.2022 ab. Der Beklagte gab jedoch keine strafbewehrte Unterlassungserklärung ab und der Fall ging schließlich vor Gericht.
II. Die Entscheidung
Das LG Hannover stufte das Verhalten des Beklagten mit Urteil vom 10.07.2023 (Az: 13 O 164/22) als klaren Verstoß gegen die Preisangabenverordnung (PAngV) ein. Der Unternehmer habe gegenüber Verbrauchern den Gesamtpreis inklusive aller Nebenkosten anzugeben.
1.) Allgemeines zum Mindermengenzuschlag
Der Mindermengenzuschlag ist ein Preiszuschlag, der dann erhoben wird, wenn die Bestellung einen vom Verkäufer bestimmten Mindestbestellwert nicht erreicht. Es handelt sich dabei um ein Preiskorrektiv, das verhindern soll, dass sich bei geringen Bestellmengen die Fixkosten für Verpackung, Lieferschein etc. unter Umständen nicht amortisieren und der Verkäufer auf etwaigen Kosten sitzen bleibt.
Dabei ist zu beachten, dass Unternehmer, die ihr Angebot an Verbraucher richten, gem. § 3 Abs. 1 PAngV dazu verpflichtet sind, Gesamtpreise anzugeben.
Der Gesamtpreis ist nach § 2 Nr. 3 PangV der Preis einschließlich Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile.
Dass Mindermengenzuschläge sonstige Preisbestandteile im Sinne des § 2 Nr. 3 PAngV sind, gilt als gerichtlich gefestigte Ansicht. Bereits mit Urteil vom 28.06.2012 (Az: I-4 U 69/12) hatte das OLG Hamm deren verpflichtende Einbeziehung in den Gesamtpreis beschieden.
2.) Konkretes Ergebnis im Fall
Da der Beklagte bei dem streitgegenständlichen Artikel „Filtertüten FP200“ für das Vorwerk Kobold VK 200 nicht den Gesamtpreis von 18,85 Euro angegeben habe, habe er beim Bewerben seiner Artikel im Internet gegen § 3 Abs. 1 PAngV verstoßen.
§ 2 Nr. 3 PAngV regele, dass der „Gesamtpreis“ der Preis ist, der einschließlich der Umsatzsteuer und sonstiger Preisbestandteile für eine Ware oder Leistung zu zahlen sei und die Gegenleistung in Geld für den Erwerb eines Produkts darstelle. Somit handle es sich um das tatsächlich zu zahlende Gesamtentgelt.
Die „sonstigen Preisbestandteile“ meinten alle unvermeidbaren, vorhersehbaren obligatorisch vom Verbraucher zu tragenden Preisbestandteile, welche eine Gegenleistung in Geld für den Erwerb des betreffenden Erzeugnisses bildeten. Diese seien in den anzugebenden „Gesamtpreis“ miteinzubeziehen.
Die erhobene Bearbeitungsgebühr des Beklagten in Höhe von 3,95 Euro, welche zusätzlich zum angegebenen Kaufpreis von 14,90 Euro anfalle, stelle nach diesen Grundsätzen einen unvermeidbaren, vorhersehbaren und zwingend zu zahlenden Preisbestandteil dar und sei somit in den Gesamtpreis miteinzurechnen.
Die Tatsache, dass der Kleinstmengenaufschlag entfalle, wenn mehrere kleine Produkte erworben würden und der Einkaufswert 50 Euro überschreite, ändere daran nichts. Denn das Entfallen der Pauschale stelle keine „Wahlmöglichkeit“ des Kunden dar. Vielmehr gleiche es faktisch einem „Mengenrabatt“.
Für den konkret betroffenen Artikel aber stelle die Bearbeitungspauschale des Beklagten ein zwingend zu zahlendes Entgelt als Gegenleistung für den Erwerb dar. Dies ergebe sich auch schon aus der Bezeichnung „Kleinstmengenaufschlag“ im Warenkorb. Der damit verfolgte Zweck sei die Anregung zum Kauf weiterer Produkte, um den Preisaufschlag entfallen zu lassen.
Für ein solches Verständnis spreche auch der Sinn und Zweck der Vorschrift, die Verbraucher bestmöglich zu informieren und ihnen einen Preisvergleich zu erleichtern. Für einen Preisvergleich des Artikels mit vergleichbaren Artikeln sei schließlich der zu zahlende Gesamtpreis (inkl. Bearbeitungspauschale) entscheidend.
Durch das Verhalten des Beklagten werde Verbrauchern der Preisvergleich deutlich erschwert.
Dabei sei zu beachten, dass der durchschnittliche Verbraucher bei einem Preisvergleich regelmäßig den Preis eines einzelnen Produkts vergleiche und nicht den Preis einer Vielzahl von Produkten mit dem einer Vielzahl von Artikeln bei anderen Anbietern abgleiche.
III. Fazit
Mindermengenzuschläge, die bei Unterschreitung eines vom Verkäufer definierten Mindestbestellwertes erhoben werden, sind „sonstige Preisbestandteile“ im Sinne des § 2 Nr. PangV und müssen zwingend in den Gesamtpreis mit einberechnet werden Deren separate Ausweisung ist unzulässig.
Wie die rechtskonforme Preisausweisung für Mindermengenzuschläge gelingt, zeigen wir mit hilfreichen Formulierungsmustern in diesem Beitrag.
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