LG Hannover: Explizite Aufklärungspflicht bei Online-Bewertungen auf Basis finanzieller Vorteile

LG Hannover: Explizite Aufklärungspflicht bei Online-Bewertungen auf Basis finanzieller Vorteile
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von Susanna Milrath
Stand: 11.08.2023 3 min

Die Werbung mit Kundenbewertungen ist ein wichtiges Instrument der Absatzförderung, weil Rezensionen den Kaufentschluss erheblich beeinflussen können. Um Kunden zu einer Bewertung zu motivieren, belohnen Unternehmen dies teilweise mit finanziellen Vorteilen. Was es dabei jedoch zu beachten gilt, klärte das LG Hannover mit Urteil vom 22.12.2022 (Az: 21 O 20/21). Lesen Sie im Folgenden mehr zur Entscheidung.

I. Der Sachverhalt

Die Beklagte vertrieb Möbel im Online-Handel und bewarb diese mit Kundenbewertungen auf der Webseite. Dabei erhielten die Kunden unter anderem bestimmte finanzielle Vorteile für jede abgegebene Bewertung (100 X Points = 1 EUR).

Auf die Gewährung finanzieller Vorteile für die Bewertungsabgabe wies die Beklagte allerdings an keiner Stelle hin.

Daran stieß sich die Wettbewerbszentrale, die in dem fehlenden Hinweis auf eine finanzielle Gegenleistung eine Irreführung über den Anlass und die Unparteilichkeit der „erkauften“ Bewertungen im Sinne von § 5 Abs. 1 UWG sah.

Nach erfolgloser Abmahnung schritt die Wettbewerbszentrale sodann zur Klage auf Unterlassung.

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II. Die Entscheidung

Das LG Hannover stufte das Vorgehen der Beklagten mit Urteil vom 22.12.2022 (Az: 21 O 20/21) als irreführend und daher wettbewerbswidrig ein.

Soweit den Kunden für Bewertungen finanzielle Anreize gewährt würden, müsse dies durch eine entsprechende Erklärung bei Wiedergabe der Käuferaussage deutlich gemacht werden.

Für die Verbraucher seien Rezensionen anderer Kunden, die Erfahrungen von Nutzern mit einem Produkt oder einem Unternehmen wiedergeben, eine überaus wichtige Informationsquelle. Zwar begegneten sie subjektiv gefärbten positiven oder negativen Bewertungen erfahrungsgemäß mit größerer Skepsis. Jedenfalls erwarteten die Verbraucher aber, dass der Bewertemde dafür kein Entgelt bekommen habe und auch, dass es sich um keine gekauften erfundenen Bewertungen handle.

Der Verkehr würde bei Produktbewertungen grundsätzlich davon ausgehen, dass diese in der Regel ohne Gegenleistung verfasst würden. Zwar räume er den Kundenbewertungen oftmals nicht den gleichen Stellenwert ein wie redaktionellen Beiträgen, jedoch ginge er doch davon aus, dass die Bewertenden die Produkte aus eigenem Kaufentschluss heraus erworben hätten und schließlich ihre Erfahrung unbeeinflusst von Dritten mitteilten.

Im vorliegenden Fall seien die Bewertungen zumindest teilweise nicht frei und unabhängig abgegeben worden. Schließlich sei anzunehmen, dass ein erheblicher Teil der Bewertungen nur aufgrund der Belohnung mit X-Points abgegeben wurde.
Dass solche Bewertungen eher positiv ausfallen, liege auf der Hand. Es handle sich zwar hier nicht um eine bezahlte Empfehlung im Wortsinn, jedoch auch nicht um objektive Bewertungen.

Um die insofern hervorgerufene Fehlvorstellung über die Unabhängigkeit der Bewertung und die Eigenveranlassung zur Bewertungsabgabe auszuräumen, hätte die Beklagte im direkten Zusammenhang mit den betroffenen Bewertungen über die dafür gewährte Gegenleistung aufklären und mithin deren Bedeutungsgehalt und Aussagekraft relativieren müssen.

III. Fazit

Kunden durch finanzielle Anreize zu einer Kundenbewertung zu animieren, ist nach ständiger Rechtsprechung zwar nicht generell untersagt. „Erkaufte“ Bewertungen lösen bei deren werblicher Darstellung aber besondere Aufklärungspflichten über die Gewährung der Gegenleistung und deren Art aus.

Werden auf Basis einer Gegenleistung abgegebene Bewertungen ohne weitere Hinweise zu Absatzförderungszwecken veröffentlicht, ist der Tatbestand einer Irreführung über die Unabhängigkeit und den Anlass der Bewertung verwirklicht.

Wer mit Kundenbewertungen wirbt, hat seit dem 28.05.2022 erweitere Informationspflichten zu beachten. So ist seither darüber zu informieren, ob und ggf. die Echtheit von Bewertungen sichergestellt wird.

Einen hilfreichen Leitfaden zur Informationspflicht über die Echtheit von Kundenbewertungen mit Formulierungsmustern stellt die IT-Recht Kanzlei hier bereit.

Tipp: Fragen zum Beitrag? Diskutieren Sie hierzu gerne mit uns in der Unternehmergruppe der IT-Recht Kanzlei auf Facebook .


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