LG Frankfurt am Main: Biozid-Warnhinweis auch dann Pflicht auf einer Website, wenn Online-Bestellung nicht möglich ist

LG Frankfurt am Main: Biozid-Warnhinweis auch dann Pflicht auf einer Website, wenn Online-Bestellung nicht möglich ist
Stand: 30.08.2024 3 min

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Die Werbung für Biozidprodukte, wie etwa Desinfektionsmittel, ist gesetzlich streng reguliert. U. a. muss bei der Werbung für Biozidprodukte ein gesetzlich vorgeschriebener Warnhinweis erfolgen. Das LG Frankfurt am Main hat mit Urteil vom 05.12.2023 (Az.: 3-06 O 22/23) entschieden, dass der gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweis auch dann auf einer Website zu erfolgen hat, wenn das Produkt hierüber lediglich präsentiert wird, nicht aber bestellt werden kann.

I. Rechtlicher Hintergrund

Die Bereitstellung auf dem Markt und die Verwendung von Biozidprodukten wird in der EU durch die EU-Biozidverordnung Nr. 528/2012 geregelt.

Zweck dieser Verordnung ist es, den freien Verkehr von Biozidprodukten innerhalb der EU zu verbessern und gleichzeitig ein hohes Schutzniveau für die Gesundheit von Mensch und Tier und für die Umwelt zu gewährleisten.

Biozidprodukt im Sinne der vorgenannten Verordnung meint

- jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch in der Form, in der er/es zum Verwender gelangt, und der/das aus einem oder mehreren Wirkstoffen besteht, diese enthält oder erzeugt, der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen;

- jeglichen Stoff oder jegliches Gemisch, der/das aus Stoffen oder Gemischen erzeugt wird, die selbst nicht unter den ersten Gedankenstrich fallen und der/das dazu bestimmt ist, auf andere Art als durch bloße physikalische oder mechanische Einwirkung Schadorganismen zu zerstören, abzuschrecken, unschädlich zu machen, ihre Wirkung zu verhindern oder sie in anderer Weise zu bekämpfen.

Gemäß Art. 72 Abs. 1 der EU-Biozidverordnung Nr. 528/2012 ist jeder Werbung für Biozidprodukte zusätzlich zur Einhaltung der Verordnung (EG) Nr. 1272/2008 folgender Hinweis hinzuzufügen:

Biozidprodukte vorsichtig verwenden. Vor Gebrauch stets Etikett und Produktinformationen lesen.

Diese Sätze müssen sich von der eigentlichen Werbung deutlich abheben und gut lesbar sein.

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II. Sachverhalt

In dem vom LG Frankfurt am Main zu entscheidenden Fall hatte die Beklagte auf Ihrer Website für ein Reinigungsmittel geworben, welches gemäß der vorgenannten Definition als Biozidprodukt zu qualifizieren war. Dabei diente die Website lediglich der Produktpräsentation und die Ware konnte hierüber nicht bestellt werden. Der gesetzlich vorgeschriebene Warnhinweis nach Art. 72 Abs. 1 der EU-Biozidverordnung Nr. 528/2012 erfolgte nicht.

Die Klägerin sah hierin einen Wettbewerbsverstoß und nahm die Beklagte nach erfolgloser Abmahnung vor dem LG Frankfurt am Main auf Unterlassung in Anspruch.

III. Entscheidung des LG Frankfurt am Main

Das Gericht schloss sich der Rechtsauffassung der Klägerin an und verurteilte die Beklagte, die streitgegenständliche Werbung unter Androhung der gesetzlichen Ordnungsmittel zu unterlassen.

Die Werbung der Beklagten sei gemäß § 5a, 5b Abs. 4 UWG i. V. m. Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO unlauter gewesen, da dem Verbraucher eine wesentliche Information vorenthalten wurde.

Der in Art. 72 Abs. 1 Biozid-VO vorgeschriebene Warnhinweis hätte von der Beklagten erteilt werden müssen, da es sich bei den Darstellungen auf der Website der Beklagten um Werbung für Biozidprodukte handelte.

Dabei reiche es für die Anwendung der Biozid-VO aus, wenn das entsprechende Produkt beworben wird. Eine Bestellmöglichkeit sei nicht erforderlich. Maßgeblich sei vielmehr, ob eine kommerzielle Kommunikation vorliegt. Dies sei hier der Fall gewesen, da die Website der Beklagten zumindest mittelbar der Förderung des Absatzes von Waren bzw. des Erscheinungsbildes ihres Unternehmens diente.

IV. Fazit

Die Werbung für Biozidprodukte ist innerhalb der EU streng reguliert. Art. 72 Abs. 1 der EU-Biozidverordnung Nr. 528/2012 schreibt hierzu einen konkreten Warnhinweis vor, welcher der Werbung hinzuzufügen ist. Dies gilt für die Werbung auf geschäftlichen Webseiten nach Auffassung des LG Frankfurt am Main auch dann, wenn das Produkt hierüber nicht bestellt werden kann, die Website aber zumindest im Rahmen einer kommerziellen Kommunikation mit dem Ziel betrieben wird, den Absatz des werbenden Unternehmens zu fördern.

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